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Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Titel: Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
Autoren: Jobst Schlennstedt
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berührte fast das Blech des schwarzen Mini, den er voller Hingabe polierte. Viktor war ein Autonarr, deshalb hatte er sich den Aushilfsjob am Autopoliermittelstand gesucht. Das war sein Sommerurlaub. Dass Viktor arbeitsam war, hatten ihre Eltern immer an ihm gelobt. Und arbeiten musste er hier. Sein Chef schmierte klebrigen Schmutz auf das Blech, das Viktor mit viel Liebe und dem angepriesenen Poliermittel immer wieder zum Funkeln brachte. Abends durfte er das schwarze Kraftpaket zur Garage fahren, was ihm fast mehr bedeutete als sein magerer Lohn.
    »Hi, Viktor«, sagte Lioba, als sie den Stand erreichte.
    Viktor richtete sich auf. Vom Gel glänzten seine Haare wie das polierte Blech. »Lioba? Was machst du denn auf Libori?« Er wies auf das Lebkuchenherz, das Tobias ihr gekauft hatte. »Goldschatz« stand in gelben Zuckergussbuchstaben darauf, umgeben von roten Herzchen. Sie musste es unter dem Kleid ins Haus schmuggeln, denn aufessen würde sie das kostbare Geschenk bestimmt nicht.
    »Hast du dir das gekauft?«, fragte Viktor. »Oder hat dir das einer geschenkt?« Geschänkt sagte er, dabei versuchte Lioba schon jahrelang, ihm die richtige Aussprache anzutrainieren. Er schaute vom Herz in ihr Gesicht und zurück.
    Lioba lachte. »Erzähl das bloß nicht deinen Eltern, dann wissen es meine sofort.«
    »Sag schon – von wem hast du das Herz?« Mit starrem Blick sah er sie an. Seine Augen waren grau wie ihre, bloß die Wimpern waren kürzer. Und nicht getuscht. Das musste sie noch mit Spucke wegwischen, bevor sie ins Haus ging.
    Viktor war wohl doch eifersüchtig, denn er lächelte kein bisschen. »Ganz harmlos«, sagte sie deshalb nur. »Ein Kollege. Der Chef hat uns alle in die Almhütte beordert, und danach waren wir bummeln.«
    »Du lügst«, sagte Viktor. »Ich hab dich gesehen, im Autoskooter.«
    Das hätte er auch gleich sagen können. Sie spürte, dass ihr Gesicht glühte.
    »Bist du in den Kerl verliebt?«, fragte er.
    Lioba lachte, obwohl er Tobias Kerl nannte und dann noch mit Ä aussprach. »Na und? Bin ich nicht alt genug?«
    Mit dem Lappen polierte Viktor am Auto herum. Den Kopf schräg gelegt, suchte er das Blech nach blinden Stellen ab. »Ich hab mich auch in eine verschossen«, sagte er, ohne sie anzusehen. »Wir gehen morgen Abend, wenn ich hier fertig bin, zusammen auf den Berg.«
    »Echt?« Lioba beschloss, es zu glauben. »Wer ist es denn? Kenne ich sie?«
    »Mmh«, machte Viktor. »Du kennst sie. Schon lange.« Wieder zwei Ä.
    Manuela hatte ihr nichts davon erzählt. Doch sie war seit Langem in Viktor verliebt. Er hatte nie etwas von einer Beziehung wissen wollen. »Es ist Manuela, oder?«, fragte sie.
    Viktor nickte das Blech an.
    »Nun komm schon, Viki«, sagte Lioba. »Mir kannst du es doch erzählen. Wie kam denn das so plötzlich?«
    »Sag nicht immer Viki zu mir!«
    »Okay. Aber wie kam es denn nun?«
    Er sah sie von unten herauf an. Sein Gesicht spiegelte sich im Blech. »Sie hat mich gefragt, ganz einfach. Und eigentlich ist sie ja ganz nett. Sie will jetzt auch abnehmen, deshalb geht sie morgens wieder schwimmen.« Er sah an Lioba vorbei auf den Stand gegenüber. Seine Finger spielten mit dem goldenen Kreuz an seinem Hals.
    Deshalb also. Sie hatte sich schon über den Eifer der Freundin gewundert. Früher war sie regelmäßig geschwommen, im letzten Jahr aber faul geworden.
    »Und du hast ja sowieso ‘nen andern«, sagte er und sah wieder auf das Herz. »Deinen Goldschatz«, fügte er in sarkastischem Ton hinzu. Er grapschte nach dem Herz und zog daran. Das schmale Plastikband schnitt in ihren Nacken ein, doch viel mehr schmerzte sie, dass er seine harten Finger in den weichen Lebkuchen bohrte.
    Sie riss ihm das Herz aus der Hand. »Lass das, du Grobian!«
    »Tut mir leid, Lioba«, sagte er sofort. Streit mit ihr hatte er noch nie ertragen können. »Sei nicht böse. Aber manchmal …«
    Er brach ab, doch Lioba wusste, was er sagen wollte. Sein Blick ging wieder über ihre Schulter hinweg. Er dachte eben immer noch an ihre Jugendliebe. Ihr schien sie so weit entrückt wie eine Sandkastenliebe …
    Sie nickte. »Schon gut, Viki. Lass uns ein andermal reden, ich muss zum Bus.«
    Viktor legte ihr die Hand auf den Arm. »Soll ich heute Abend vorbeikommen?«
    Lioba schüttelte den Kopf. »Ich bin verabredet. Wir wollen noch mal auf den Berg.«
    »So, so«, sagte Viktor. »Und wie kommst du nach Hause?«
    »Zu Fuß. Ein Kollege begleitet mich.«
    Mehr als auf den Liboriabend freute sie
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