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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen?
Autoren: Evelyn Sanders
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Geist Bundeswehr-Interna erzählte, wobei es sich keineswegs um militärische Geheimnisse handelte, die Sascha ohnehin nicht interessierten, sondern um pikante Einzelheiten aus dem Privatleben höherer Chargen. Und die wiederum interessierten ihn brennend.
    Es kam, wie es kommen mußte. Der wieder nüchtern gewordene Hauptmann entsann sich des peinlichen Plauderstündchens und strebte die möglichst umgehende Entfernung seines neuen Duzbruders an. Ihm fehlte nur noch ein plausibler Grund, und den fand er nicht. Also wurde Sascha zunächst einmal beurlaubt, denn er hatte ja diverse, bei der Bundeswehr nicht vorgesehene Überstunden abzubummeln.
    Die beste Methode, eine unbequem gewordene Person loszuwerden, besteht darin, sie wegzuloben. Folglich erklärte der Herr Hauptmann dem Herrn Oberst, daß der Gefreite Sanders aufgrund seiner beruflichen Qualifikationen in dieser kleinen Garnison am völlig falschen Platz sei, er gehöre vielmehr an einen namhaften Truppenstandort, wo man seine Fähigkeiten sicher mehr zu schätzen wisse.
    Dem Herrn Oberst war das egal. Er ließ sich ohnehin nur sehr selten im Kasino blicken, denn es gab zu Hause eine Frau Oberst sowie zwei überreife Töchter, die der Papa zu den gesellschaftlich höherstehenden Veranstaltungen begleiten mußte, damit sie vielleicht doch noch passende Ehemänner finden würden. Und damit war, nach Ansicht der Frau Oberst jedenfalls, im unmittelbaren Kasernenbereich wohl kaum zu rechnen.
    Als sich Sascha nach einer zehntägigen Ruhepause wieder zum Dienstantritt meldete, wurde ihm ein Marschbefehl ausgehändigt. Ihm blieb gerade noch Zeit genug, sich von einigen Kameraden zu verabschieden, insbesondere jedoch von jenem Schreibstubengefreiten, der ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit alle Einzelheiten mitteilte, die zu der plötzlichen Versetzung geführt hatten, einschließlich der Lobeshymne, die jener vertrauensselige Hauptmann gesungen hatte.
    Etliche Stunden später stand Sascha in einer anderen Schreibstube, wo man auf sein Kommen zwar vorbereitet war, aber nicht wußte, was man mit ihm anfangen sollte.
    Man brauchte keine Kasino-Ordonnanz, weil das Offizierskasino wegen mangelnder Inanspruchnahme schon vor längerer Zeit aufgelöst worden war; die nahe gelegenen Bars und Kneipen boten mehr Unterhaltung.
    Was man brauchte, waren Leute, die etwas von Panzern verstanden, doch genaugenommen brauchte man die auch nicht mehr, man hatte schon übergenug.
    »Dann kann ich ja nach Hause gehen«, sagte Sascha.
    »Könntste, aber kannste nich.« Der Schreibstubenmensch blätterte in den Papieren. »Wie lange haste noch?
    Elf Monate? Bißchen zu lange für ’ne Zwischenlösung.
    Was haste denn gelernt?«
    »Restaurantfachmann.«
    »Restaurants ha’m wir nich, und in der Kantine ist Selbstbedienung. Ich will ja auch bloß wissen, als was du ausgebildet bist.«
    »Hab’ ich doch schon gesagt, als Restaurantfachmann.«
    »Beim Bund, du Pfeife!!!«
    »Ach so«, sagte Sascha gedehnt, während er krampfhaft überlegte, was er außer Strammstehen, Scheibenschießen und Gepäckmärschen gelernt hatte. »Ein paarmal bin ich mit einem Motorrad durch die Botanik gefräst.«
    »Also Kradmelder«, meinte sein Gegenüber befriedigt.
    Dann kratzte er sich am Kopf. »Die ha’m wir hier aber gar nicht. Möchte wissen, welcher Trottel dich hierhergeschickt hat.«
    Das hätte ihm Sascha ganz genau sagen können, aber diesmal hielt er doch lieber den Mund.
    »Geh erst mal in deine Stube und richte dich häuslich ein. Nachher kommste wieder, vielleicht ist mir bis dahin etwas eingefallen.«
    Wenn Einfalt und Pedanterie zusammentreffen, entsteht Verwaltung. In den folgenden Wochen wurde Sascha regelrecht verwaltet, was in der Praxis bedeutete, daß er hin und her geschoben wurde. Ein paar Tage lang putzte er Antennen, und als sie glänzten, kamen sie wieder ins Materiallager, wo sie erneut vor sich hin rosteten. Dann hatte man ein Motorrad aufgetrieben, und statt Antennen wienerte Sascha Kolbenringe und Auspuffanlage. Fahren durfte er aber nicht, weil dieses Motorrad offiziell gar nicht existierte und niemand wußte, wie der Spritverbrauch hätte verbucht werden sollen.
    Auch im Manöver wußte man mit Sascha nichts Rechtes anzufangen. Es fand irgendwo an der Küste statt, doch weil er weder ein Geschütz bedienen konnte noch jemals einen Panzer von innen gesehen hatte, wurde er zum Wacheschieben abkommandiert. Man setzte ihn in eine Holzhütte Marke Bauarbeiter-Klosett mitten
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