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Werden sie denn nie erwachsen?

Werden sie denn nie erwachsen?

Titel: Werden sie denn nie erwachsen?
Autoren: Evelyn Sanders
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schmuggle keine mehr. Uns haben sie einmal erwischt, als ich mit Horst am Bodensee war und wir einen Abstecher auf die andere Seite gemacht haben.«
    »Ist ja auch kein Wunder, im Pkw gibt es längst nicht so viele Verstecke wie in diesem rollenden Wohnzimmer. Wie wäre es neben dem Abwassertank? Da suchen sie bestimmt nicht.«
    »Und wenn doch? Dann nehmen sie uns den ganzen Wagen auseinander, und wir stehen noch um Mitternacht an der Grenze. Da muß die Karre aber schon in Heppenheim sein, vergiß das nicht.«
    Also keine Zigaretten.
    Lausanne, Fribourg, Bern. Kurz vor Solothurn Mittagessen mit Zürcher Geschnetzeltem und Rösti. Die letzten Franken gingen für Diesel drauf.
    »Könnten Sie bitte mal die Reifen nachsehen?« bat Steffi den Tankwart, ein pfiffiges Bürschlein von höchstens achtzehn Jahren. Er nickte zustimmend und umrundete den Wagen. »Eins, zwei, drei, vier – alle da.«
    »Wievielmal pro Tag bringst du diesen ollen Kalauer denn an?« Sie schaffte tatsächlich ein klägliches Grinsen.
    Der Tankwart grinste zurück. »Wer läßt denn hier schon den Reifendruck prüfen?« Er tat es trotzdem, fand ihn in Ordnung und kassierte das erhoffte Trinkgeld. »Merci vielmals, gute Fahrt.«
    »Noch eine knappe Stunde bis Basel, und von da noch zweieinhalb bis nach Hause. Zum Kaffeetrinken müßten wir dort sein«, rechnete Steffi, »dann zwanzig Minuten ausräumen, anschließend saubermachen – zu viert könnten wir das in längstens einer Stunde hinkriegen –, danach noch einmal sechzig Minuten bis Heppenheim … also spätestens um Mitternacht kann ich den Wagen abliefern. Bis dahin ist er ja bezahlt.«
    Steffis Milchmädchenrechnungen kannte ich, die stimmten nie. »Erstens weißt du nicht, ob wir nicht in einen Stau kommen, zweitens können nicht vier Leute gleichzeitig den Wagen schrubben, da tritt einer dem anderen in den Scheuerlappen …«
    »Wieso denn? Einer putzt draußen die Fenster, der andere drinnen, und wer hinten die Spüle poliert, kommt dem vorne in der Fahrerkabine auch nicht ins Gehege.«
    »… drittens wissen wir noch gar nicht, ob die Zwillinge schon da sind, und viertens laß uns erst mal zu Hause sein, dann sehen wir weiter.«
    Sie gab sich zufrieden. »Ich rufe nachher in Heppenheim an und frage, ob ich Papiere und Zündschlüssel eventuell in den Briefkasten schmeißen kann, falls es zu spät wird.«
    Über einen kleinen Umweg, der uns auf direktem Weg zum Gotthard-Paß geführt hätte, erreichten wir die deutsche Grenze und wurden gleich durchgewinkt.
    »Siehste, wir hätten doch Zigaretten …«
    »Wer sagt denn, daß wir keine haben?« Triumphierend zog Steffi drei Stangen ihrer Lieblingsmarke unter dem Sitz hervor. »Habe ich vorhin gekauft, als du noch das Essen bezahlt hast.«
    »Weshalb hast du nichts davon gesagt?«
    »Weil man dir sofort ansieht, wenn du ein schlechtes Gewissen hast.«
    Ein paar Kilometer kamen wir zügig voran, dann nahm Steffi den Fuß vom Gas. »Wir sind wieder im Land der zwei Jahreszeiten: Winter und Baustellensaison.«
    Den ersten Stau hatten wir nach zwanzig Minuten überwunden, der zweite dauerte schon wesentlich länger, und im letzten hingen wir bis zur Abfahrt Bad Randersau.
    Da war es kurz vor sieben und Zeit zum Abendessen.
    Kaum war die stürmische Begrüßung etwas abgeflaut, da stürzte Steffi ans Telefon. »Wie ist die Vorwahl von Heppenheim?«
    Katja blätterte schon – »06252«.
    Ich mußte inzwischen den aufgeblühten Flieder im Garten bewundern, der bei unserer Abfahrt noch nicht mal Knospen gehabt hatte, und Vickys selbstgestrickten Pullover, den sie irgendwann im vergangenen Sommer angefangen und nun endlich fertig gekriegt hatte, mußte Sascha erläutern, weshalb wir nicht die Lavendelfelder von Grasse besucht hatten, mußte Otto beruhigen, der vor lauter Freude über sein wiedergefundenes Zuhause quiekend durch die Gegend tobte, mußte Kaffee trinken und Marmorkuchen essen und bekam gar nicht mit, daß Steffi in der Küche auf dem Boden saß und lachte, bis ihr die Tränen aus den Augen liefen.
    »Määm, komm doch mal!« Nickis Stimme klang richtig besorgt. »Ich weiß nicht, was sie hat. Dreht sie jetzt durch?«
    Unmöglich war das nicht. Immerhin hatte sie in den letzten drei Wochen fast viertausend Kilometer lang hinter dem Steuer gesessen, einen nicht geringen Teil davon gestern und heute. Wahrscheinlich löste sich jetzt die Anspannung. »Nun beruhige dich erst einmal, und steh vor allen Dingen auf. Komm, ich helf
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