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Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe

Titel: Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe
Autoren: Peta Mathias
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Heutzutage sind strikte Regeln der Anarchie des Frohsinns und der Lässigkeit gewichen. Allerdings erfüllt mich dieser Trend mit Sorge, weil ich fürchte, dass das Ganze tränenreich enden könnte. Wie kann man erwarten, dass jemand, der mit der Vogue aufgewachsen ist und unerschütterlich einem unerreichbaren Idol huldigt, das sich außerhalb jeder Reichweite befindet und ohnehin niemals den Weg in unsere heimischen Gefilde schaffen wird, sich nun auf einmal auf eine am Kunden orientierte Modeindustrie einlässt? Die jungen Pariserinnen tragen Plateauschuhe mit schwindelerregenden Absätzen, und die Jungs, die scheinbar immer weiter in die Höhe schießen, kommen in engen schwarzen Jeans und T-Shirts daher. Obwohl sie eisern Sport treiben und scheinbar jede Menge essen, bleiben sie doch stets dünn und sexy.
    Bei einem meiner Besuche in Paris steckte eine berühmte französische Modezeitschrift ein Model in ein Outfit von Christian Lacroix, schickte es auf die Straße und bat Passanten, vier Fragen zu beantworten:
    1. Gefallen Ihnen diese Sachen?
    2. Würden Sie so etwas auch tragen, und wenn ja, zu welcher Gelegenheit?
    3. Wie viel kosten Sie Ihrer Meinung nach?
    4. Von welchem Designer stammen sie?
    Das Model trug ein limonengrünes Transparenttop, blaue Spitzenhandschuhe, rot-schwarz bedruckte Schlaghosen und einen langen Mantel mit Blümchenmuster. Die meisten Passanten fanden die Sachen sehr schön und gaben an, sie auch durchaus anzuziehen (wenn auch nur in den eigenen vier Wänden), verschätzten sich geradezu lächerlich im Preis (sie gingen davon aus, die Sachen seien wesentlich billiger), und nur ein Drittel der Befragten erriet den Designer. Männern gefiel die Vorstellung, ihre Frauen in den Sachen zu sehen, Frauen hingegen hatten eine realistischere Einschätzung des Outfits und wussten, dass sie es sich entweder nicht leisten oder nicht in einer Million Jahren gut darin aussehen würden. Das Interessanteste an der Umfrage war, dass die Sachen aussahen, als stammten sie aus dem Fundus der Heilsarmee, und vorzugsweise Jean Paul Gaultier zugeschrieben wurden.
    Ein modisches Statement, das ist alles, was ich verlange, selbst wenn es nicht meinem Geschmack entspricht. Wann immer ich der typischen Intellektuellen begegne, verfalle ich angesichts ihres Kleidungsstils und des eklatanten Fehlens jeglichen Lippenstifts spontan in einen anaphylaktischen Schock. Sagen Sie nichts. San Francisco 1968? Hier kommt der Look: selbst gestrickter Pulli, löchrige Strümpfe, halbblinde Glasbroschen, lila Seidenschals, graue Haare, keinerlei Make-up und Riesentaschen. So sehen sie aus, die naturbelassenen, Bloß-kein-lächerlicher-Schnickschnack, ich-bin-wer-ich-bin-Frauen. Ich hingegen stehe auf unnützen Schnickschnack: Lippenstift (allerdings nicht rosa!), nachgezogene Augenbrauen und ein Hauch Rouge verwandeln jede graue Maus im Handumdrehen in eine strahlende Schönheit. Keine Frau über dreißig sollte das Haus ohne eine Schicht Lippenstift verlassen, nicht einmal, um den Müll rauszubringen. Weshalb sollte man so gemein sein und den Hund zu Tode erschrecken? Gehen Sie zur Maniküre, legen Sie sich eine anständige Frisur zu, und tragen Sie Ihr Äußeres mit Stolz. Und noch etwas: Es ist nicht gut, sich schon morgens im Spiegel anzusehen. Kriechen Sie auf allen vieren vom Schlafzimmer ins Bad, und montieren Sie sämtliche Spiegel und Lampen auf dem Weg bis dorthin ab. Treten Sie erst vor den Spiegel oder ins Licht, wenn Sie Ihr Make-up aufgelegt haben und angezogen sind.
    Und dann gibt es da noch dieses Thema: »Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur verkehrte Kleidung.« Meine Cousinen, die außerhalb von Melbourne auf dem Land wohnen, gehen bei miesem Wetter raus, heißen die Elemente willkommen, sprechen mit Gott und treten in Kontakt mit ihren inneren Schwachköpfen. Hallo? Das ist eine dieser angelsächsischen Albernheiten, die in dieselbe Kategorie fällt wie Monopoly und Murder Mystery. Nur dass es hierbei am Ende keine Gewinner und keine Belohnung gibt. Beim »Lass uns im strömenden Regen einen Spaziergang machen«-Spiel frisiert man sich, zielt uralte Sachen an, wirft sich eine handbestickte Stola um die Schultern und latscht mit Leuten durch die Gegend, die gerade aus der Fremdenlegion entlassen worden sind. Man kommt mit völlig ruinierter Frisur und einem festgefrorenen Grinsen zurück, wo ein einfaches Lächeln völlig genügen würde. Wenn Sie ein absoluter Schlechtwetterfreak sind, ziehen Sie
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