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Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe

Titel: Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe
Autoren: Peta Mathias
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war eine riesige, schmucklose Halle, deren Dekoration sich auf eine Hand voll Fotos von irischen Politikern, IRA -Helden und Heiligen, grünen Bändern an den Wänden und einer regelmäßig frequentierten Bühne beschränkte. Die drei goldenen Regeln einer irischen Veranstaltung der Fünfzigerjahre lauteten:
    1. Die Jungs sitzen alle in einer Reihe an einer Wand, die Mädchen an der anderen.
    2. Umfassende geologische und taktische Prüfung der Lage an der Tanzflächenfront, einschließlich Kritik der Kleider, Analyse der Pickelfront und allgemeiner Stimmungscheck.
    3. Konsequentes Ignorieren von jedem Jungen, der auch nur den Hauch von Interesse zeigte.
    Es grenzt an ein Wunder, dass es unserer Rasse überhaupt gelungen ist, sich fortzupflanzen. Doch wenn die Fiedelspieler einen Reel anstimmten, fiel schlagartig jede Zurückhaltung von uns ab, und es ging so richtig zur Sache. Die wahre Hölle brach los. Mit einem ohrenbetäubenden Heulen packten die Jungs ihre Mädels bei der Taille und führten sie errötend zu einem der herrlichsten Volkstänze, der je erfunden wurde. Reel besteht aus jeder Menge raffinierter Tanzschritte und ständigen Partnerwechseln, die unter anderem deshalb herbeigeführt wurden, um häufiger mit dem Wunschpartner tanzen zu dürfen, als eigentlich vorgesehen war. Das Tollste daran war die Vorfreude, bis der Traumpartner zu einem zurückkehrte. Ich liebte das Ritual dieser traditionellen Tänze, die auf ihre Weise sehr erotisch waren. Zu den Klängen einer Liveband, die üblicherweise aus ein paar Fiedeln, einem Akkordeon, einem Klavier, manchmal einer Gitarre oder auch einem Kontrabass bestand, tanzten wir, stampften mit den Füßen, hüpften und tappten auf den hölzernen Boden.
    Die Band, Priester und Eltern waren alle sternhagelvoll und vergaßen prompt, ihre Sprösslinge im Auge zu behalten. Allerdings passierte das meinen Eltern, die sich mit dem Trinken zurückhielten, leider nie. Die Jungs drückten sich im hinteren Teil der Halle herum und quatschten über die Mädchen:
    »Sie will nicht mit dir tanzen.«
    »Natürlich will sie. Sie bettelt regelrecht darum. Ich schwöre bei Gott, die würde sich sogar von mir küssen lassen, wenn ich nur häufiger an sie rankäme.«
    »Dafür ist sie nicht der Typ. Die frisst dich zum Frühstück, bevor du auch nur merkst, dass deine Krawatte fehlt.«
    »Jesus, Maria und Josef, Neid ist schon eine üble Sache. Du kannst mich mal, Freundchen!«
    Tatsache war, weiter als Händchenhalten ging das Ganze nie, was mir völlig genügte, da ich schließlich damals noch keine Ahnung hatte, was sonst zwischen zwei Menschen laufen sollte. Ich wusste nur eins: Niemals zulassen, dass ein Junge seine Hände anderswo hinlegt als in die Taille. Wir trugen damals Faltenröcke, Twinsets und Plastikkleeblätter an unseren Strickjacken. Zum Thema Fleischeslust hatten die Sisters of Mercy eine klare Meinung: »Heb dir das für die Ehe auf!« Und genau das tat ich auch. Ich wollte einen Ehemann und keinen Sex.
EMMA
    Emma ist 21 und studiert an der Universität. Sie ist attraktiv, witzig, klug, fleißig, gut erzogen und beliebt. Sie studiert Marketingwissenschaften, lässt es mächtig krachen und ist schrecklich unordentlich. Ihre erste richtige Beziehung hatte sie mit 16, sie hielt drei Jahre. Im Augenblick »sondiert« sie. Im Gegensatz zu all den deprimierenden Ergebnissen wissenschaftlicher Untersuchungen hat Emma bestätigt, was ich jedes Mal ahne, wenn ich Studien über die tristen Zustände in der Männerwelt lese:
    »Heutzutage erlauben die meisten Eltern ihren Kindern, einen Freund zu haben, noch während sie zur Schule gehen. Mein Freund und ich durften bei mir oder bei ihm übernachten. Niemand hat großes Aufheben darum gemacht; es war völlig normal. Wir sind beide weiter zur Schule gegangen und haben unseren Abschluss gemacht. Ich bin sicher, das ist der richtige Weg, um aus Kindern zufriedenere Erwachsene zu machen, die sich problemlos in die Gesellschaft einfügen. Meine Freundinnen, deren Eltern sehr streng waren und jeden ihrer Schritte überwacht und kontrolliert haben, taten sich viel schwerer mit Beziehungen als ich. Wenn solche Mädchen von zu Hause ausziehen, flippen sie entweder völlig aus, schlafen mit jedem, der nicht bei drei auf dem Baum sitzt, und sind zu keiner normalen Bindung in der Lage, oder aber sie suchen sich einen Freund und klammern so sehr, dass der arme Kerl beinahe keine Luft mehr bekommt.«
    »Was suchen Mädchen und Jungs Ihrer
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