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Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)

Titel: Wer stiehlt schon Unterschenkel: und andere unglaubliche Kriminalgeschichten (German Edition)
Autoren: Gert Prokop
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ist nur eine vage Chance, und ob sie uns weiterführt, läßt sich nur an Ort und Stelle prüfen. Beantrage also, daß ich nach UNTEN darf, um mit dem Ooverall zu plaudern.«
    »Glaubst du wirklich, daß die NSA dich frei herumlaufen läßt? Sag mir, was du wissen willst; es gibt nichts, was du nicht auch über mich klären könntest.«
    »Aber wie umständlich, wie zeitraubend! Zwischen Frage und Antwort und Rückfrage vergehen Tage. Hier geht es vielleicht um Stunden.«
    »Es geht um deine Sicherheit. Wie willst du erklären, wo du gewesen bist? Dein Platz ist OBEN, wir brauchen dich da.«
    »Wenigstens einen Tag.«
    »Sei nicht bockig, Tiny. Sag mir, was du weißt.«
    »Nichts. Ich habe nur eine Idee, und ich würde höchstens Verwirrung und Unruhe stiften, wenn ich sie so in die Welt setze. Ich muß es mit dem Ooverall durchsprechen.«
    »Es geht nicht. Es gibt nun einmal kein Double für einen Timothy Truckle.«
    »Ich werde mein eigenes Double sein. Paddington kann helfen. Ich werde krank, und er muß mich für ein paar Tage in eine Untersuchungskammer sperren; die Werte nehmen wir vorher hier ab und bauen dazu ein Videodouble, falls jemand in die Kammer gucken will.«
    »Tiny«, sagte Anne mit Nachdruck. »Da steckt doch noch was anderes dahinter!«
    »Nun gut, ich geb’s zu, ich habe Heimweh. Vielleicht war ich zu lange allein und ohne Arbeit. Dazu die Devlin-Kur. – Bitte, Anne, du mußt es möglich machen.«
    Anne gab schon am nächsten Morgen Bescheid, daß sein Antrag gebilligt worden war, auch der Plan mit dem Videodouble, allerdings nicht Paddingtons Hilfe; man würde einen Bruder aus der Psychiatrischen Klinik der PUBLIC HEALTHFARE schicken.
    Am Nachmittag bekam Timothy den ersten Nervenzusammenbruch. Der Arzt blieb lange. Er gab Timothy präzise Verhaltensregeln und richtete das Schlafzimmer so her, daß es mit Hilfe der Videowand wie eine »Gummizelle« aussah; als er mit der Probeaufzeichnung zufrieden war, verabschiedete er sich mit einem vergnügten »Auf Wiedersehen in der Klapsmühle«.
    Vom nächsten Tag an wurde Timothy gleich nach dem Frühstück zur Probe verrückt. Stundenweise, weil er es sonst nicht durchgehalten hätte. Er fuhr jetzt jeden Abend in die Bar, kam eine halbe Stunde früher als sonst und blieb, bis der letzte Lichtschimmer über der Stadt versunken war. Danach arbeitete er noch ein paar Stunden im Arbeitsraum, ließ aber Napoleon in Ruhe, sah dafür den Inhalt aller Schränke und Geheimfächer durch, packte zwei Container voll Papiere und Kristalle und sicherte jeden Schrank einzeln mit einer Selbstzerstörungsanlage. Vor dem Schlafengehen spielte er noch eine Viertelstunde mit Napoleon Schach oder Trickmühle, und bevor er ins Bett ging, wünschte er ihm eine gute Nacht, und Napoleon antwortete jedesmal: »Ich wünsche auch Ihnen angenehme Ruhe und einen schönen Traum – was immer das ist.«
    Es dauerte über eine Woche, bis Timothy genug Material für einen zweitägigen Ausflug zusammen hatte. Dann lud er Joe Trevers zum Essen ein. Schließlich brauchte er einen Zeugen für seinen Tobsuchtsanfall und einen hilfreichen Freund, der den Psychiater benachrichtigen konnte. Und die NSA.
    5.
    Die IK-Tagung fand in der »Katakombe des Schwarzen Berges« statt, wie sie nach der darüberliegenden »Blackhill Avenue« genannt wurde, doch es war nicht der Name, der ihr etwas Unheimliches gab, auch nicht der abgedunkelte Raum, sondern die Stille. Als Timothys Augen sich an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, erkannte er, daß er sich in einem kahlen, mit Plasttafeln ausgekleideten Raum befand, dessen einziger Komfort die bequemen Sessel waren, die im Halbrund vor einem Videoschirm standen. Timothy und Patrick waren als letzte gekommen. Der Ooverall hatte Timothy zu dem Sessel an der äußersten Linken geführt und war noch einmal zur Tür gegangen.
    Timothy kannte nur drei der zwölf IK-Mitglieder, Jerome P. Jerome, dessen dichtes weißes Haar wie eine silberne Kappe über der schwarzen Stirn lag, wahrscheinlich der meistgesuchte Mann der Staaten, er zählte seit über vier Jahrzehnten zur Führung des UNDERGROUNDS, dann Betty Wiltshire, einst eine der Hoffnungen der Chemieindustrie, die nach UNTEN gegangen war, um eine Erfindung, über die man noch heute die sensationellsten Vermutungen hören konnte, nicht den Konzernen und den Staatsorganen ausliefern zu müssen, und den nicht weniger legendären Sidney Stuart, genannt Ironsides 12 , der vor Jahren den Streik der Minenarbeiter von
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