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Wer sich nicht wehrt...

Wer sich nicht wehrt...

Titel: Wer sich nicht wehrt...
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zu der windschiefen Tür.
    »Was … was willst du tun, Mike?« stotterte sie.
    »Das, was ein Indianer auch tun würde: Wir treten dem Feind gegenüber.«
    »Schreibt das auch Karl May?«
    »Davon weiß ich's doch.«
    »Und dann, Mike?«
    »Entweder verhaut er uns, oder wir können mit ihm verhandeln. Los, Wiga, es geht nicht anders.«
    Er behielt den Arm um Wigas Schulter, drückte sie nur noch enger an sich, wie es sich für einen Beschützer gehört, atmete tief, überwand seine Angst und trat die Tür auf. Sie schlug scheppernd außen gegen die Wand, und dann trat er mit Wiga hinaus ins Freie.
    Verblüfft blieb Kabelmann stehen, als er die beiden Kinder sah. Mit einem wilden Ruck aber reagierte Pumpi. Er riß die Leine aus Kabelmanns Hand, stieß einen seltsamen Laut aus, der wie ein bellender Aufschrei klang, und wetzte durch den aufstiebenden Schnee auf Mike zu. Micky folgte ihm mit langen Sätzen und stürzte auf Wiga zu.
    Wiga kniete im Schnee, die Tränen liefen ihr über das Gesicht, sie breitete weit die Arme aus und konnte kaum noch sprechen. »Micky«, rief sie. »Micky …« und dann, immer leiser, weil ihr die Kehle zu eng wurde: »Micky, meine Micky … komm her … komm her zu mir … Micky …«
    Mit einem mächtigen Satz sprang die Katze auf sie zu, prallte gegen sie, warf sie rücklings in den Schnee und drückte ihren Kopf gegen Wigas tränennasses Gesicht. Auch Pumpi hatte nun Mike erreicht, sprang winselnd an ihm hoch, und als Mike sich niederkniete und die Arme um Pumpi schlang, begann der Hund richtig zu heulen, sein ganzer kleiner schwarz-weiß-roter Körper war ein einziges Wedeln, eine einzige Bewegung aus Freude und Liebe, Begrüßung und Befreiung.
    Sie wälzten sich im Schnee, eng aneinandergedrückt, und immer wieder riefen sie: »Pumpi. Mein Pumpi! Mein kleiner Pumpi! Jetzt bin ich ja wieder da!« und: »Micky, Micky … mein Kleines … Ich hab' dich wieder … ich hab' dich wieder!« Der Schnee stob um sie herum, sie spürten keinen Frost mehr, keine Nässe, keine Angst vor dem Mann mit dem wilden Bart … für sie gab es in diesen Augenblicken nichts mehr auf der Welt als diese grenzenlose Wiedersehensfreude.
    Laurenz Kabelmann war stehengeblieben und griff nicht ein. Er hatte sehr schnell begriffen, welch ein Wiedersehen sich da vor seinen Augen abspielte, und er überließ Tiere und Kinder völlig den glücklichen, herrlichen Minuten. Erst, als Mike und Wiga atemlos und mit kältegeröteten Backen im Schnee saßen, Pumpi und Micky auf dem Schoß, kam er näher. Mike starrte ihn aus großen Augen an und schluckte mehrmals. Pumpi begann warnend zu knurren. So sehr er Kabelmann mochte … hier war er jetzt bei seinem richtigen Herrn.
    »Und wenn Sie mich totschlagen«, sagte Mike heiser vor Angst, »ich gebe Pumpi nicht wieder her.«
    »Und ich Micky nicht!« rief Wiga.
    »Wer will euch denn totschlagen?« fragte Kabelmann und blieb vor ihnen stehen. Erstaunt sah er auf die Tiere: Micky fauchte gefährlich, und Pumpi fletschte die Zähne.
    »Sie! Sie … Sie sehen aus wie ein Mörder!«
    »Das täuscht.« Kabelmann lächelte. Sein bärtiges Gesicht wurde dadurch nicht sympathischer, eher drohender. »Erzählt mir mal, was mit den Tieren los ist. Keine Angst, ich tu' euch nichts. Ich bin euer Freund.«
    »So sehen Sie aber nicht aus! Sie haben Pumpi und Micky geklaut!« sagte Mike mutig. »Jawohl, geklaut, mit einem weißen VW-Kastenwagen, der im Boden eine Klappe hatte. Da rein haben Sie Pumpi und Micky gelockt, in der Großen Heide! Und Sie wollen unser Freund sein?!«
    »Ich bin's. Glaubt es mir. Nicht ich habe eure Tiere gestohlen, sondern ein anderer. Ich war damals noch gar nicht hier.«
    »Der Sohn von dem hinkenden Boß …«
    »Sicherlich.« Kabelmann steckte seine Stahlrute ein. »Aber jetzt steht aus dem Schnee auf. Was haben Pumpi und Micky von euch, wenn ihr mit einer Grippe im Bett liegt?!« Er wartete, bis Mike und Wiga sich erhoben hatten, beide ihre Tiere auf den Armen und fest an sich gedrückt. »Kommt rein ins Backhaus, da sieht uns niemand. Ihr müßt mir alles erzählen. Ihr braucht wirklich keine Angst vor mir zu haben. Wenn ich so böse aussehe – das ist auch bloß eine Maske. Ich bin voll auf eurer Seite.«
    Fast eine halbe Stunde blieben sie im Backhaus. Dann hatte Kabelmann Mike und Wiga davon überzeugt, daß Pumpi und Micky noch bei Wulpert bleiben müßten als eindeutiger Beweis, daß die Wulperts mit gestohlenen Tieren handelten. Was bisher gestohlen
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