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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will
Autoren: Leena Letholainen
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gigantischen Medienrummel verschont, den die Verhaftung von Länsimies auslöste. Dass die Prostituiertenmorde, wie die Verbrechen in den Medien genannt wurden, Folge eines politischen Ränkespiels waren, ließ Kolumnisten und Kommentatoren keine Ruhe.
    »Länsimies hatte sich offenbar gewaltig überschätzt«, berichtete Koivu, als er mich eines Abends besuchte. Er war der engste Mitarbeiter des Leihkommissars. »Seine Anhängerschaft hat sich merklich gelichtet. Ich habe Jaakko Aarnivuori vernommen, nach dessen Worten war Länsimies fest davon überzeugt, Präsident zu werden. Auch Aarnivuori stand voll und ganz hinter ihm, bis ihm Lulu von dem gefälschten Foto erzählte. Länsimies war der Ansicht, außenpolitische Argumente allein würden nicht ausreichen, um die Wiederwahl der amtierenden Präsidentin zu verhindern; man müsse etwas finden, das auch den weiblichen Teil ihrer Wählerschaft von ihr abbringt. Letzten Endes würde es keine Rolle spielen, ob die Leute das Foto für echt hielten, Schmutzkampagnen beruhten nicht auf Fakten, sondern auf Gerüchten.«
    Der Schnee war bereits geschmolzen, der Asphalt auf dem Parkplatz glänzte schwarz, und die Birken mit ihren strotzenden Knospen sahen aus, als wären sie schwanger. Die Lerchen waren zurückgekehrt. Die Veränderungen in der Natur interessierten mich mehr als die Nachrichten über die Ermittlungen, die ich natürlich dennoch verfolgte. Der Verteidiger erklärte das Geständnis, das Länsimies mir gegenüber gemacht hatte, für nichtig – es gab ja keinen Zeugen –, aber die übrigen Beweise waren unwiderlegbar. Ein Golffreund sagte aus, er sei dabei gewesen, als Länsimies auf einer Italienreise die illegale Jagdschleuder erworben hatte. Bei der Haussuchung war keine Schleuder gefunden worden; Länsimies behauptete, er habe sie vernichtet, sobald er erfuhr, dass sie in Finnland nicht zulässig war. In den Kerben am Griff der Schleuder aus dem Big Apple waren jedoch winzige Hautreste zurückgeblieben, aus früheren Zeiten, als Länsimies die Waffe ohne Handschuhe angefasst hatte. Die DNA-Analyse ergab, dass sie tatsächlich von ihm stammten.
    »Sowohl Pamela Lahtela als auch ein Teil der Augenzeugen aus dem Big Apple haben Länsimies auf Fotos identifiziert«, fuhr Koivu fort. »Außerdem wurden der schwarze Mantel und der Schlapphut auf einem Flohmarkt in Kuopio gefunden, wohin sie die Sekretärin eines Kollegen von Länsimies während der Konferenz gebracht hatte. Sie hatte sich gewundert, warum er sich von den teuren und gut erhaltenen Kleidungsstücken trennen wollte. An der Plastiktüte vom K-Market befanden sich Fingerabdrücke von Frau Kaarina Länsimies. Die Vergleichsabdrücke waren ihr bei der Haussuchung abgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft hat also genügend Material beieinander«, schloss Koivu zufrieden. »Wie geht es dir?«
    »Ich versuche, einen Schritt nach dem anderen zu machen.«
    Ich rührte Milch in meinen Kaffee und schob Koivu die Kuchenplatte hin. Backen war meine Beschäftigungstherapie, der Geruch und die weiche Festigkeit des Hefeteigs wirkten irgendwie beruhigend.
    Offenbar hatte Länsimies sein Leben lang nach einer Gelegenheit gesucht, eine führende Position in der Politik zu übernehmen; die Präsidentschaft war sein heimlicher Traum geblieben, obwohl die Machtbefugnisse des Präsidenten in den letzten Jahren stark beschränkt worden waren. Anstelle der guten Beziehungen zum Kreml, die in seiner Jugend ein Pluspunkt für finnische Politiker gewesen waren, hatte er seine guten Kontakte zum Weißen Haus ausspielen wollen.
    Die Äußerungen seiner Freunde und Geschäftspartner in den Medien und bei den Vernehmungen gaben über all das Aufschluss. Für die Ermittlungen war es von Vorteil, dass so viele sich bemüßigt fühlten, öffentlich über die negativen Eigenschaften des Angeklagten zu sprechen. Ein Kommilitone erinnerte sich, dass Länsimies als Student Schmetterlinge gesammelt hatte; das Zyanid konnte durchaus aus dieser Zeit stammen. Ein Nachbar berichtete, im gut ausgestatteten Barschrank des Ehepaars Länsimies habe sich immer eine Flasche Fernet Branca befunden, das Lieblingsgetränk seiner Frau. Ein gewitzter Reporter hatte herausgefunden, dass sich die Polizei in den Alkoholgeschäften nach Fernet-Branca-Käufern erkundigt hatte, und daraus seine Schlüsse gezogen. Frau Länsimies verweigerte jeden Kommentar und ließ sich auch in ihrem Schuhgeschäft nicht mehr blicken. Im Fernsehen debattierten
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