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Wer sich nicht fügen will

Wer sich nicht fügen will

Titel: Wer sich nicht fügen will
Autoren: Leena Letholainen
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Polizistin sein, die einem Mörder einen geblasen hat. Jeder Verbrecher, mit dem du es zu tun hast, wird sich daran erinnern. Ich freue mich schon auf die Gerichtsverhandlung! Da werde ich jede Einzelheit beschreiben: Wie sich deine Lippen anfühlen, wie du deine Zunge bewegst, auch das, wie du jetzt würgst. Lass dir ja nicht einfallen, mich zu beißen. Denk dran, für mein Urteil spielt es keine Rolle, wie viele ich umbringe. Aber dich will ich nicht töten. Du sollst dein Leben lang an mich denken.«
    Länsimies schien sich an seinen eigenen Worten aufzugeilen, sein Penis stieß immer tiefer in meinen Mund, berührte die Luftröhre und löste Brechreiz aus. Um seine Oberschenkel, die Schamhaare, die Haut unter dem Nabel nicht sehen zu müssen, hatte ich instinktiv die Augen geschlossen. Nun zwang ich mich, sie zu öffnen, obwohl sie voller Tränen standen. Ich hatte das Gefühl zu ersticken. Länsimies hatte die linke Hand in den Haaren an meinem Hinterkopf vergraben, die rechte drückte die Spritze an meinen Hals.
    Es war ganz egal, ob jemand kam oder nicht. Länsimies hätte den Akt nicht abgebrochen, im Gegenteil, er hätte Augenzeugen als zusätzliche Demütigung für mich empfunden. Ich stöhnte unwillkürlich. Der Schnee unter meinen Knien war hart und feucht, es war schwierig, das Gleichgewicht zu halten.
    »Und im Gefängnis werde ich jedem erzählen, wie es war. Mit der Zunge könntest du ein bisschen flinker sein …« Ich hörte ihm nicht mehr zu, sondern konzentrierte mich auf seine Reaktionen: Wann war er dem Orgasmus so nah, dass ich zuschlagen konnte? Als sein Atem sich beschleunigte und seine Hoden zuckten, riss ich mit der linken Hand an seinem rechten Handgelenk, so fest ich nur konnte. Die Spritze entfernte sich von meinem Hals.
    Blitzschnell biss ich zu.

ZWANZIG
     
    Nachdem ich mich losgerissen hatte, rannte ich auf den Hof vor unserem Haus, hielt einen Nachbarn an und alarmierte mit seinem Handy die Polizei. Länsimies war für eine Weile außer Gefecht gesetzt, auch wenn ich seinem Glied keinen bleibenden Schaden zugefügt hatte. Als ich mit dem Nachbarn in das Wäldchen zurückkehrte, lag Länsimies stöhnend am Boden. Ich suchte die Zyanidspritze, die ihm aus der Hand gefallen war, und stellte sie sicher. Allerdings lief das Ganze wie in Zeitlupe ab, ich hatte das Gefühl, neben mir zu stehen und mir zuzuschauen: Da geht Maria Kallio, die gerade vergewaltigt worden und knapp dem Tod entronnen ist.
    Der Streifenwagen war in weniger als zehn Minuten zur Stelle. Die Kollegen Liskomäki und Himanen waren neu, ich kannte sie kaum. Bei ihrem Eintreffen rappelte Länsimies sich auf und versuchte zu fliehen. Himanen stoppte ihn mit einem gekonnten Tackling und ließ die Handschellen zuschnappen.
    »Ich bin misshandelt worden, verdammt, bringt mich zum Arzt«, rief Länsimies. »Lasst mich los, ihr Idioten, ohne meinen Anwalt sag ich kein Wort!«
    Liskomäki sah mich an und fragte, ob sie Länsimies zur Poliklinik fahren sollten. Ich überließ ihm die Entscheidung. Mira Saastamoinen erzählte mir später, dass die beiden Streifenbeamten Länsimies ausgesprochen hart angefasst hatten – er hatte schließlich eine Kollegin angegriffen. Für mich war das kein Trost.
    Liskomäki rief mir ein Taxi. Ich fuhr nach Tapiola in eine Privatpraxis, deren Labor auch sonntags arbeitete. Auf der ganzen Fahrt plagte mich der Drang, zu trinken, den Mund auszuspülen, Länsimies’ Geschmack loszuwerden.
    Ich ließ einen Zellabstrich von der Mundschleimhaut machen. Bis ins Labor schaffte es die Polizistin in mir, sich gegen die Frau zu behaupten. Erst als alle Proben genommen waren, brach ich zusammen. Eine Zeit lang war ich nicht einmal fähig zu sprechen, ich saß stumm auf einem Stuhl und wiegte mich hin und her.
    Es war nicht deine Schuld. Wie oft hatte ich das zu vergewaltigten oder misshandelten Menschen gesagt. Der Täter ist für sein Verbrechen verantwortlich, nicht das Opfer. Und nun glaubte ich selbst nicht daran. Warum hatte ich Länsimies eine derart stümperhafte Falle gestellt? Warum war ich zum Joggen gegangen, statt zu Hause bei Antti und den Kindern zu bleiben oder im Präsidium auf die Nachricht zu warten, dass man Länsimies verhaftet hatte?
    Ich war nicht in der Lage, die Voruntersuchung zu Ende zu führen, ein Kommissar der Zentralkripo sprang für mich ein. Ich wurde sechs Wochen krankgeschrieben, bekam Beruhigungsmittel und Krisenhilfe. Durch die Krankschreibung blieb ich von dem
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