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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
Autoren: Ann Granger
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wäre nichts geschehen. »… eine beliebige andere junge Frau.«
    Ich war sicher, dass sie etwas anderes hatte sagen wollen, und ich fragte mich, was es wohl war, das Besonnenheit ihr verboten hatte zu erwähnen, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Doch ich erkannte auch, dass dies der Augenblick war, sie meiner aufrichtigen Dankbarkeit dafür zu versichern, dass sie mir, als meine Situation verzweifelt geworden war, ein Heim angeboten hatte.
    »Nun aber wirklich, meine Liebe!«, sagte Mrs Parry und tätschelte meine Hand. »Das war doch wirklich das Mindeste. Mr Parry hat stets in den höchsten Tönen über deinen verstorbenen Vater gesprochen – auch wenn er immer seinen mangelnden Sinn für das Finanzielle bedauert hat. Es tat ihm leid, weißt du, dass sich dein Vater als Arzt in einer so abgelegenen Gegend niedergelassen hatte, dass er ihn nicht einmal mehr besuchen konnte.«
    Ich war nicht ganz sicher, ob sie mir damit sagen wollte, dass mein Vater Mr Parry oder dass der verstorbene Mr Parry meinen Vater hätte besuchen sollen. Wie dem auch sei, meiner Meinung nach lag Derbyshire nicht ganz so abgelegen; doch Mr Parrys Beruf hatte ihm nicht die Zeit zum Reisen gelassen, und der Beruf meines Vaters hatte meinem Vater überhaupt keine Zeit gelassen. Mr Parry – so viel wusste ich, weil mein Vater es mir erzählt hatte – hatte viel Geld mit dem Import von exotischen Tüchern und Stoffen aus allen Ecken der Welt verdient sowie mit einer Reihe von scharfsinnigen, nicht näher spezifizierten Investitionen. Er hatte seine Witwe jedenfalls begütert zurückgelassen.
    »Ich habe darüber nachgedacht«, sagte Mrs Parry nun, »wie wir uns anreden sollen. Unter den gegebenen Umständen habe ich beschlossen, dass du mich Tante Parry nennen darfst. Unter vier Augen darfst du mich selbstverständlich auch duzen. Nur in Gesellschaft erwarte ich ein wenig mehr Formalität.« Sie strahlte mich an. Ich war verlegen, doch ich dankte ihr.
    »Du wirst selbstverständlich als Mitglied der Familie hier leben. Aber weil du zugleich den Schein wirst wahren wollen, ist mir durchaus bewusst, dass du ein Taschengeld benötigst; außerdem bekleidest du die Stellung meiner Gesellschafterin. Du hast kein eigenes Geld, oder, meine Liebe?«, fragte sie mitfühlend.
    Ich konnte nur elend den Kopf schütteln.
    »Dann, was würdest du sagen zu …«, sie musterte mich mit erfahrenem Blick, »… vierzig Pfund im Jahr?«
    Das war kein Vermögen, doch ich musste nichts für mein Essen und meine Unterkunft bezahlen, und so sollte es möglich sein zurechtzukommen, wenn ich mich ein wenig in Sparsamkeit übte. Obwohl, wenn ich ›den Schein wahren‹ sollte, dann bedeutete das wahrscheinlich eine Menge Sparsamkeit.
    Ich dankte ihr erneut und fragte sie ein wenig nervös, worin denn meine Pflichten bestanden.
    »Nun, meine Liebe«, antwortete Tante Parry vage, »du musst mir vorlesen und als Partnerin Whist mit mir spielen. Du spielst doch Whist, oder?« Sie beugte sich in Erwartung meiner Antwort vor.
    »Ich weiß, wie das Spiel geht«, antwortete ich vorsichtig.
    »Gut, gut! Aus deinen Briefen entnehme ich, dass du eine geschickte Hand besitzt. Ich brauche jemanden, der mir meine Briefe schreibt, eine Sekretärin. Ich finde es sehr ermüdend, mit meiner Korrespondenz auf dem Laufenden zu bleiben. Du wirst mich begleiten, wohin auch immer nötig, und in diesem Haus sein, wenn ich Besuch empfange, und vielleicht die ein oder andere Besorgung erledigen. Dergleichen Dinge eben.«
    Mrs Parry hielt inne, betrachtete die Überreste des Biskuitkuchens und schien einen inneren Kampf auszufechten.
    In mir reifte allmählich die Überzeugung heran, dass ich meine vierzig Pfund im Jahr verdienen würde. Es klang, als würde ich wenig Zeit für mich selbst haben.
    »Und du wirst mich unterhalten«, sagte Mrs Parry unvermittelt. »Ich hoffe doch, du bist eine gute Gesellschafterin.«
    Ich war sprachlos, doch ich nickte – überzeugend, wie ich hoffte.
    »Und nun denke ich, willst du dich sicher erst einmal ein wenig ausruhen. Sind deine Kleider in den Koffern arg zerdrückt? Gibt es eins, das Nugent vor dem Abendessen für dich bügeln kann? Ich werde Nugent sagen, dass sie zu deinem Zimmer gehen und es abholen soll.«
    »Kommt Besuch zum Abendessen, Mrs – äh, Tante Parry?« Ich fing an, mich ernstlich ob des mageren Inhalts meiner Reisetasche zu sorgen.
    »Heute ist Dienstag«, antwortete Mrs Parry. »Also wird Dr. Tibbett zum Essen kommen.
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