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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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hätte, weil es auch komplett sinnlos gewesen wäre. Darum warteten alle nur ab, starrten weiter in den Brennsterz hinein, stumm, nichtssagend außerdem. Hollodero, der Leitenbauer, gib ihm!, hat er wieder ausgerufen. Ist nicht gut genug, der Brennsterz!, hat er gesagt und dabei dem älteren Sohn mit seinen Griffeln auf den Hinterkopf geschlagen, dass dieser mit seiner jungen, ebenso runden, bamstigen Bauernfresse in den Sterz eintunkte. Nicht gut genug, nicht gut genug, nicht gut genug, dem Leitenbauer sein Brennsterz für die Herrschaften!, hat er ausgerufen. Schlug bei jedem gesprochenen nicht gut genug abwechselnd dem jungen und dem älteren Leitenbauerbub auf den Hinterkopf und tunkte ihre Bauernfressen, auf denen schön langsam die stummen, nichtssagenden Tränen herunterliefen, in den Sterz ein. Herausrannen aus den kleinen Augen, hinein in den Brennsterz, der immer salziger wurde deswegen. Dabei hatte ihn die Leitenbauerin sowieso schon versalzen. Immer haben wir ihn gehabt, den Sterz, nicht nur am Sonntag, jeden Tag haben wir ihn gekriegt, hat er weiter erklärt, der Leitenbauer, was natürlich überhaupt nicht stimmte. Es erstunken und erlogen war in Wirklichkeit, weil die Leitenbauerischen keine Armen waren, selbst nach dem Krieg nicht. Hatten immer genug zu essen, im Gegensatz zu den Dorfleuten, die tatsächlich jeden Tag nur saure Suppe soffen. Da könnt ihr ja wenigstens einmal die Woche einen Sterz fressen!, fuhr er fort. Auf dem Leitenbauerhof ist keiner undankbar, nicht solange der Leitenbauer das Sagen hat!, sagte er. Die Undankbarkeit werde ich euch austreiben, flüsterte er jetzt schon fast. Fauchte es, wie es eine in die Enge getriebene Katze tut. Bei dem Wort austreiben stand er auf, mit dem Vorhaben, die Austreibung der Undankbarkeit seiner Kinder ihm gegenüber sofort zu vollziehen. Der Pflicht der Erziehung seiner Kinder umgehend nachzukommen, auf die gute, traditionelle Art und Weise. Wie auch ihm die Undankbarkeit immer ausgetrieben worden war als Kind. Was ihm nie geschadet hat, wenn es nach ihm ging. Wenn es nach ihm ging, hat die traditionelle Art und Weise der Erziehung noch keinem geschadet. Zu diesem Zweck nahm er seinen Rindsledertrachtengürtel von seiner Hüfte, der ebenso ein Erbstück war wie das Schnapsstamperl, und schlug ihn den Leitenbauerbuben abwechselnd über den Rücken. Während diese den Brennsterz in sich hineinstopften, versuchten, ihn hastig hinunterzuwürgen, was durch das Schluchzen schwierig war natürlich. Schlug sie so lange, bis sie den Brennsterz aufgegessen hatten. Und das, obwohl sie den Sterz sowieso aufgegessen hätten, weil er ihre Leibspeise war, der Brennsterz. Die Leitenbauerin füllte dann sogar ihre Teller wieder auf, weil sie wusste, dass der Sterz die Leibspeise der Buben war, und diese die frisch aufgefüllten Teller auch tatsächlich erneut aufessen würden. Beim zweiten Teller ist der Leitenbauer des Schlagens seiner Kinder aber schon wieder überdrüssig geworden, hat den Rindsledertrachtengürtel in die Ecke geschmissen und sich wieder seinem Zwetschgernen gewidmet, bis er mit dem Gesicht auf der Tischplatte einschlief. Bis zum nächsten Tag in der Früh üblicherweise und bis ihn die Leitenbauerin aufweckte und aus der Küche scheuchte. Als der Leitenbauer anfing, seinen Buben auf den Rücken zu schlagen, schnappte die Mutter den Norbert zumeist an einem Handgelenk und bugsierte ihn aus der Küche raus. » GEMMA, GEMMA, KALT IST ES NICHT , hat die Mutter immer zu mir gesagt, Kreisky. Hat mich in unser gemeinsames Zimmer gebracht, das ein an das Bauernhaus anschließender Verschlag, eine Keusche eigentlich, war. Mit zwei Einzelbetten, einem Kasten, einem Beistelltisch und einem Zimmerofen. Dort habe ich noch das minutenlange Klatschen des Rindsledertrachtengürtels auf den Leitenbauerbubenrücken hören können, Kreisky, wirklich wahr«, sagt der Herr Norbert.
    Die darauffolgenden Tage redete er nicht viel, der Leitenbauer. Womöglich aus Scham oder aus schlechtem Gewissen. Wahrscheinlicher ist, dass er sich aufgrund des übermäßigen Konsums seines Zwetschgernen einfach nicht mehr daran erinnern konnte, dass seine Kinder am Vortag von ihm zusammengeschlagen worden sind. Um von sich selbst abzulenken, wurde vom Leitenbauer über alles und jeden geschimpft. Alle, die er kannte, näher oder auch nur vom Sehen, wurden ausgerichtet von ihm. Der Pfarrer, der plötzlich ein Verhältnis mit der Pfarrersköchin hatte, die von diesem geschwängert
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