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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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lesen und schreiben gelernt. Auf diese Weise hat auch der Norbert das Wort Sauschädelschmaus zerdenkt. Hat es sich jeden Abend im Bett immer wieder vorgesagt, was auch eine praktische Einschlafhilfe war. Auch, weil seine Mutter unglaublich laut geschnarcht hat jede Nacht. Nichts anderes hat genutzt gegen dieses mütterliche Schnarchen. Die aus ausgelassenem Schweinefett hergestellten Grammeln hat er sich in die Ohren gestopft, den Polster auf seinen Kopf gepresst, dass er keine Luft mehr gekriegt hat, fast. Ihn eingewickelt hat in die Daunendecke im Sommer, dass er geschwitzt hat als wie, durch das Kopfeinwickeln. Da hat ihm das Wortzerdenken gut geholfen. Irgendwann ist ihm das Wort Sauschädelschmaus total sinnlos vorgekommen, ohne jede Bedeutung, wie eine beliebige Zahl. Vierundachtzigtausendvierhundertachtzig, zum Beispiel.
    »Leider muss ich Dich über ein tragisches Unglück Deine Mutter betreffend unterrichten, welches in ihrem Tod resultierte, hat der Pfarrer Probodnig geschrieben, Kreisky. Durch das Lautvorlesen wiegt die Gemeinheit des Satzes noch viel schwerer. Erst durch das Lautvorlesen erkennst du die Hinterfotzigkeit, die im Geschriebenen versteckt ist, Kreisky, sag ich zu ihm. Ein scheinbar freundlicher Brief wird durch das Lautvorlesen zu einer Beschimpfung, ein Liebesbrief zur eigentlichen Morddrohung, wirklich wahr.« Diesen Brief erhielt der Herr Norbert, als er noch ein Bub war und trotzdem wusste, dass sein Inhalt gelogen war. Der Pfarrer Probodnig hat gelogen, weil er die Wahrheit verheimlichte, die ihm bewusst war zu dem Zeitpunkt. Hat ihm mit Vorsatz, quasi zu Fleiß, die Hintergründe des tragischen Unglücks verheimlicht. Der Pfarrer hat immer alles gewusst, über jeden. Und das hatte er der heiligen Beichte zu verdanken. Für den krankhaft Neugierigen ist Pfarrer der ideale Beruf. Von der Außenwelt abgeschirmt und in einer finsteren Kiste sitzend, dem Beichtstuhl, wie diese Kiste heißt, ist ihm der Delinquent, der Gläubige quasi, von der Gottesfurcht eingeschüchtert, wehrlos ausgeliefert. Im Beichtstuhl kann er seiner Leidenschaft uneingeschränkt frönen. Zur Beichte zu gehen, sich in diesen Beichtstuhl hineinzusetzen und vom Pfarrer Probodnig die Beichte abnehmen zu lassen, wurden die Leitenbauerkinder und der Norbert jeden Sonntag gezwungen. Der Norbert war gezwungen, sich jeden Sonntag neue Sünden auszudenken, um die Neugier des Pfarrers befriedigen zu können. Oft war er in der Schule und bei der Arbeit abwesend, mit den Gedanken ganz woanders, nämlich beim Ausdenken neuer Sünden, die er dem Pfarrer am Sonntag würde beichten können. Erlogene Sünden hat er gebeichtet, was wiederum eine echte Sünde war, die er aber nicht hat beichten können natürlich, weil sich der Pfarrer sonst gefrotzelt vorgekommen wäre. Da die Frotzelei des Pfarrers zu einer Beschwerde beim Leitenbauer und in weiterer Folge zu einer Bestrafung des Norbert geführt hätte, beichtete dieser immer nur erlogene, niemals echte Sünden. Die Leitenbauerbuben haben sich da leichter getan. Die haben einfach immer das Gleiche gebeichtet, das war dem Pfarrer egal, weil der immer ein schönes Geselchtes und den guten Zwetschgernen vom Leitenbauer bekommen hat. Und diese kostenlosen Zuwendungen wollte er sich wegen einer Beschwerde über die Leitenbauerischen Kinder nicht verderben verständlicherweise. Obwohl die gebeichteten Sünden der Leitenbauerbuben oft grausig und abstoßend waren. Der Norbert wusste, dass das Tierquälen ihre große Leidenschaft war. Außer die Nutztiere, die wurden nie von ihnen gequält. Um diese kümmerten sie sich gewissenhaft, und, zugegeben, liebevoll auch. Zumindest hatte es einen liebevollen Anschein, wenn sie sich um die Nutztiere kümmerten. Die Hühner haben sie gestreichelt beim Eierholen. Haben sie freundschaftlich bei ihren Namen genannt. Jedem Huhn haben sie einen Namen gegeben. So wie auch den Schweinen und den Rindern. Den Schweinen haben sie sogar immer was von ihrem Essen übriggelassen, von ihrer Schuljause auch. Die Reste vom Essen des Tages haben sie dann immer in den Sautrog gegeben, der zwischen der Keusche vom Norbert und seiner Mutter und dem Saustall stand. Dieser Sautrog war nie leer. Oft haben sie den Norbert wegen einem fadenscheinigen Grund vom Abendessen weggelockt, nur um sein Essen in diesen Sautrog zu leeren. Schickten ihn raus in die Garage, wo er kontrollieren musste, ob beim Traktor auch ja das Licht ausgeschaltet war, zum Beispiel. Natürlich glaubten
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