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Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
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lauter Gier. »Die Leitenbauerbuben waren sogar gewalttätige Esser. Der Anblick der roten, fettig glänzenden Fressen war zum Speiben. Diese runden roten Gesichter, der zu kleine Kopf, der halslos auf ihren Körpern angewachsen war. So grauslich wie sie innen drin waren, haben sie auch von außen ausgeschaut. Durch ihre gemein schauenden und ausschauenden Augen hast du dir die ganze innerliche Grauslichkeit schön anschauen können, Kreisky, sag ich, wirklich wahr!«
    Die aus den runden Gesichtern hervorstehenden Marillenkompottaugen würden sich einmal mit dem allergrößten Hass gegenseitig anschauen in ein paar Jahren. Ihr ganzer Hass würde sich gegen einander und gegen sie selbst richten. Nämlich dann, wenn der Leitenbauer einem von den Gesichtern den Hof überschreiben würde. Damals haben sie noch zusammengehalten, die Tierquäler. Hat einer dem anderen quasi die Stange gehalten. Haben zusammengehalten gegen den Leitenbauer. Der Hass auf das unnütze Leben und den Leitenbauer hat sie zusammengehalten, sonst nichts. Dadurch unzertrennlich geworden, würden sie durch den Verlust dieses Hasses auseinandergerissen werden einmal. Habedehre, ist er wieder da, der gnädige Herr, hat der Leitenbauer zum Norbert gesagt, als dieser von seiner Mutter wieder auf seinen Platz gesetzt wurde. Vor den leeren Teller, dessen Inhalt schon von den Leitenbauerbuben in den Sautrog geschmissen worden war. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben, fuhr er fort mit dem Spruch, den er gerne angebracht hat. Überhaupt war er ein wandelnder Sprücheklopfer. Hat er einen neuen Spruch aufgeschnappt irgendwo, schon wurde er hineingeschrieben in sein Notizbuch. In seine Witzfibel, wie er es nannte. Die schlechtesten Witze und Bauernweisheiten waren die, die er sich selbst ausdachte, weil er überhaupt kein Gespür für Humor, für das Witzige hatte. Hast keinen Hunger, Bub, hat er zum Norbert gesagt. Schau dich an wie du ausschaust, zaundürr als wie. So wird nix werden aus dir. Musst schauen, dass was wird aus ihm, hat er zur Dirn gesagt, nix ist eh schon, und lachte gleich laut über den witzigen Spruch. FRÜHSTÜCKE WIE EIN KAISER, ISS ZU MITTAG WIE EIN KÖNIG et cetera, hat die Mutter dem Leitenbauer kopfnickend beigepflichtet. Überhaupt beteiligte sich der Leitenbauer nur an Gesprächen, wenn er einen seiner Sprüche anbringen konnte. Alles andere war ihm quasi wurscht. Der berühmteste Leitenbauerspruch, der ihm am liebsten war von allen Sprüchen, die er sich selbst ausgedacht hatte, war: Da kannst du ja gleich einen Neger in einen Steireranzug stecken. Das war der vom Norbert am häufigsten gehörte Spruch. Dieser Spruch wurde vom Leitenbauer immer im Zusammenhang mit einer für ihn total unglaubwürdig erscheinenden Äußerung eines anderen angebracht oder als einen den anderen lächerlich machenden Vergleich. Die Vorstellung von einem Neger in einem Steireranzug war nämlich nicht möglich für den Leitenbauer. War der Neger für den Leitenbauer schon etwas Unglaubliches, ist ihm die Vorstellung von so einem Neger in einem Steireranzug steckend unmöglich, ja sogar pervers vorgekommen. Schon von dem Gedanken, einmal einen Neger in echt, wie er gesagt hat, zu begegnen, stellte es ihm quasi die Grausbirne auf. Der Neger war für den Leitenbauer ein abstraktes Lebewesen. Lebend schon, ein Mensch vielleicht, aber sicher kein Steirer, ein Steirer niemals. Auf unserem Hof ist Gott sei Dank noch nie ein Neger gewesen, hat der Leitenbauer gesagt und diesen Satz insgeheim als Stoßgebet abgeschickt, wie man so schön sagt. Quasi vorbeugend gegen einen dieser Bilderverkäufer, wie die Pichlberger die Neger nannten, die von Dorf zu Dorf zogen, an den Häusern läuteten und ihre, zugegeben, schrecklich kitschigen Bilder verkauften. Oder versuchten sie zu verkaufen, weil nie auch nur ein einziges Bild gekauft wurde von den Pichlbergern. Weil sie nicht einmal die Tür aufmachten, aus Panik, nachdem sie durch den Türspion geschaut und auf einmal einen Neger gesehen haben. Vor nichts hatten die Pichlberger mehr Angst als vor so einem kohlteufelschwarzen, wie sie sagten, bilderverkaufenden Neger. Vor allem die alten Weiber versetzte so ein bilderverkaufender Neger in Angst und Schrecken. Kaum haben sie einen gesehen, haben sie sofort an Raub, Totschlag und Vergewaltigung gedacht. Vor allem der Vergewaltigungsgedanke war der abartigste für sie. Lieber tot als von einem Neger vergewaltigt, haben sie sich gedacht. Dabei wurden diese alten
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