Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wer mit Hunden schläft - Roman

Wer mit Hunden schläft - Roman

Titel: Wer mit Hunden schläft - Roman
Autoren: Picus-Verlag
Vom Netzwerk:
bitte, aber wirklich! Was sage ich! Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe? Jetzt haben Sie sich bewegt! Ich sage doch gerade nicht bewegen, und in dem Moment bewegen Sie sich … Natürlich, aber jetzt müssen Sie die Zähne zusammenbeißen … gleich haben Sie es geschafft. Nur dumm, dass Sie sich bewegt haben … nein, Sie hätten sich nicht bewegen dürfen. Jetzt haben sie mir mit ihrem Geruckel die Häkelnadel aus dem Fötus herausgerissen. Jetzt kann ich ihn nicht mehr als Ganzes rausfischen. Aber nein … kein Grund zur Beunruhigung, meine Liebe. Das passiert ja nicht zum ersten Mal. Mir nichts dir nichts sind wir fertig … muss den Fötus heraußen einfach zusammensetzen, um sicherzugehen, dass nichts drinnen geblieben ist. Einfach wie ein Puzzle zusammensetzen und schauen, ob was fehlt, und wenn was fehlt, die Gebärmutter und den Gebärmutterhals mit dem Babylöffel schön auskratzen, dann kann nichts passieren … Versprochen, meine Liebe, keine Angst … ich habe schon viele unglückliche Mütter auf diese Weise ausgelöffelt damit sie wieder glücklich sind und sich keinen Kopf mehr machen müssen wegen der Leute und so weiter. Dauert halt ein bisschen länger jetzt, weil ich mehr auskratzen muss … Ablenkung ist gut, was glauben Sie, warum ich die ganze Zeit so viel rede? Ist mir auch lieber, wenn ich nicht so viel reden muss … Musik? Natürlich! Was hören Sie denn gerne? Klassik? Aber ja, das ist passend, finden Sie nicht auch?
    »Hundert Mal habe ich es ihnen gesagt und bestätigt und zugegeben, dass ich nicht bei der Sache war. Sie geben also zu, nicht bei Sache gewesen zu sein, haben sie immer wieder gesagt und ich habe es immer wieder bestätigt und erklärt, warum ich nicht bei der Sache war. Wie es überhaupt dazu hat kommen können, dass ich so was von überhaupt nicht bei der Sache war. Aber das hat ihnen nicht gereicht. Es musste einen anderen Grund gehabt haben ihrer Meinung nach. Einen triftigen Grund, wie sie gesagt haben, Kreisky. Sie wollten partout nicht in ihr Protokoll hineinschreiben: Der Fahrer war nicht bei der Sache, weil er zwei Löcher im Kopf (im Gedanken) hatte . Das wäre die einzig richtige Erklärung gewesen, weil es die Wahrheit war. Aber die Wahrheit hat bekanntlich noch nie jemanden interessiert, Kreisky, nicht wahr? Drum ist zum Schluss auch ein tragisches Unglück daraus geworden. Ich kann mich ja überhaupt gar nicht mehr so genau erinnern, sondern muss das glauben, was sie mir nachher erzählt haben und was in den Zeitungen gestanden ist. Erinnern tu ich mich nur daran, dass der D-Wagen auf einmal gestanden ist, ohne dass ich gebremst hätte und dass Leute mich an meinem Arm gerüttelt und mir Sachen wie wahnsinnig! und verrückt! ins Gesicht geschrien haben. Das ist doch ein Wahnsinn!, Stehen Sie auf!, Machen Sie die Türen auf!, Hilfe!, hat einer geschrien und mich von meinem Sessel herunter und aus dem D-Wagen herausgezogen, wirklich wahr, Kreisky, sag ich zu ihm. Dabei bin ich über ein Wäscheknäuel gestolpert, was aber in Wahrheit gar keines war, sondern ein unter dem D-Wagen eingeklemmter Japanerkörper. Um seinen Hals war der Haltegurt einer Nikon-Spiegelreflexkamera gewickelt und aus dem Mund ist ein pfeifendes Geräusch herausgekommen deswegen. DIE KUGEL ROLLT REIN , hat die Mutter immer gesagt, SO ODER SO , Kreisky«, sagt der Herr Norbert. Der Unterschenkel lag einen Waggon weiter hinten neben einem Dreiecksplakatständer mit einem Politiker drauf, der demnach den Mächtigen im Weg war. Der Fuß hatte sogar noch seinen Schuh an. Ein kleines japanisches Mädchen mit einem rot-schwarz karierten knielangen Rock und streng nach hinten gebundenem Zopf, aus dem einzelne Haarsträhnen herausgerupft waren, womöglich durch den Aufprall, ging langsam und wackelig zu dem Unterschenkel hin und hob ihn auf. »Nie werde ich das Mädchen vergessen. Ganz ruhig ist es dagestanden. Den abgerissenen Unterschenkel hat es in seinen Händen gehalten. Der hat ihm auf die Bluse und den Rock geblutet. Wie ein Taferlklassler am ersten Schultag seine Schultüte hält, hat es den Unterschenkel gehalten, wirklich wahr, Kreisky, sag ich zu ihm, das muss man sich mal vorstellen. Der Unterschenkel ist in einem Wanderschuh samt Tennissocken gesteckt, wie sie sie in den achtziger Jahren immer angehabt haben. Auf einmal habe ich den Zeitungsartikel schon hängen gesehen. Im Hudin seiner Fleischerei, neben seiner übergroßen, gehässigen Fresse habe ich ihn schon hängen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher