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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt
Autoren: Patrícia Melo
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ohne die Familie zu benachrichtigen, ob ich in den vergangenen Tagen versucht hätte, sie ausfindig zu machen, wen ich angerufen hätte.
    Wo sind Sie am Samstag gewesen, Herr Guber? fragte er. In Rio Preto, sagte ich. Ich habe mein Buch dort vorgestellt. Abgestiegen bin ich im Hotel Horizonte, in der Quinze de Novembro.
    Die Angestellten des Hotels, in dem ich mit Ingrid wohnte, hatten sich schon die Mühe gemacht und dem Polizeibeamten von dem Skandal in der Halle erzählt, als Ingrid und Fúlvia sich gestritten hatten. Es ist nicht zu Tätlichkeiten gekommen, sagte ich, sie haben sich nur gestritten.
    War die Frau, die attackiert worden ist, dieselbe, die mit Ihnen zusammen war, Dona Ingrid?
    Genau. Sie ist meine Assistentin bei Universalis.
    Sie leben zusammen?
    Sie ist meine Freundin, sagte ich.
    Max registrierte meine Gereiztheit. Er wollte die Namen von Fúlvias Familienangehörigen und Freunden haben. Ihre Familie, sagte ich, das bin nur ich selbst. Fúlvia hat keinen Vater, keine Mutter, keine Geschwister. Es gab da eine Tante, die im vergangenen Jahr, vor unserer Hochzeit, gestorben ist. Und dann noch die Tochter dieser Tante, die ich nicht kenne. Scheint so, daß sie in Goiás wohnt, aber ich habe nicht mal ihre Telefonnummer. Fúlvias Freunde können Sie in der Abteilung für Schlangenzucht des Instituts finden. Ihre Freundinnen arbeiten dort. Fúlvia ist ein zurückhaltender Mensch. Sie hat weder viele Freunde noch gesellschaftliche Kontakte.
    Und die Fazenda? fragte er.
    Ich erklärte ihm, daß Fúlvia sich darum kümmere, ich führe praktisch nie dorthin, bei der Trennung, sagte ich, hätten wir entschieden, daß mir das Haus in São Paulo bleiben solle, Fúlvia habe es vorgezogen, die Fazenda zu behalten.
    Sie züchtet Tiere?
    Die Art und Weise, wie Max mich anschaute, machte den Eindruck, als ob er irgendwas wüßte, vielleicht war Raimundo irgendwas Dummes rausgerutscht. Kühe, Rinder, Ziegen, sagte ich, solches Viehzeug. Es wird auch Mais angebaut, Kartoffeln, Kaffee. Schlangen? fragte er. Ich antwortete, daß Fúlvia sehr viel für Schlangen übrig hätte, daß sie in der Schlangenzucht gearbeitet hätte und daß sie einige importierte Exemplare besitze, aber lediglich als Liebhaberobjekte. Eindringlich schaute er mich an, wie um mich zu erforschen. Er legte eine lange Pause ein, ich war an diese Art von Darbietung schon gewöhnt, zu Ronalds Zeiten war es das gleiche gewesen, sie blufften, taten so, als hätten sie was in der Hand, schnitten Grimassen.
    Der Exmann von ihr ist bei einem Überfall ums Leben gekommen, nicht wahr? Ich kann mich an den Fall erinnern, sagte Max und erhob sich. Er schrieb seine Telefonnummer auf eine Papierserviette, die auf dem Tisch lag. Falls Sie irgendwas Neues haben, setzen Sie sich bitte mit mir in Verbindung.
    Ich durchquerte die Halle und versuchte, Ruhe zu bewahren. Mit dem Fahrstuhl fuhr ich nach oben, kaum daß ich im Flur stand, öffnete Ingrid die Tür. Was ist los? fragte sie. Hol deine Tasche, sagte ich.

44
    Auf der einen Seite des Verschlags hatten sich die Frauen niedergelassen, auf der anderen die Männer. Gegenüber, auf dem Boden aus Sand und trockenen Blättern, befanden sich diejenigen, die als Medium dienten, unter ihnen Dadá, der Zigarre rauchte und Bier trank. Heute findet ein Kreistanz der Caboclos statt, sagte Ingrid, Dadá erhält die Blaue Feder, siehst du, wie sie tanzen? Wird es lange dauern? fragte ich. Die Frau dort drüben, die dicke Schwarze, ist die Herrin des Terreiro, sagte Ingrid. Wird es lange dauern? fragte ich. Es ist fast vorbei, sagte Ingrid, immer mit der Ruhe. Wir warteten noch eine halbe Stunde lang draußen und atmeten den Duft von Rosmarin und Minze ein, der den Räucherlampen entströmte.
    Als Dadá aus dem Tempel kam, waren seine Augen vom Alkohol gerötet, es paßte ihm gar nicht, uns zu sehen. Warte du hier, sagte Ingrid, zuerst rede ich mit ihm, wenn ich dir ein Zeichen gebe, kommst du. Nein, nein, nein, sagte ich, ich will selbst mit diesem Macumba-Priester sprechen.
    Mal sehen, ob ich richtig verstanden habe, sagte Dadá, nachdem ich ihn über die Lage ins Bild gesetzt hatte, Ingrid, sagte er, kommt heulend hier an, bittet um Hilfe, ich gebe ihr meinen Beistand, ich gebe ihr noch mehr als meinen Beistand, weil ich sie von Kindesbeinen an kenne und weil ich ihre Mutter gekannt habe, ich gebe ihr meinen Beistand, dann kommt dieser Typ an, weiß der Henker, was für ein Typ das überhaupt ist, dieser Weiße, der nicht
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