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Wer lügt, gewinnt

Wer lügt, gewinnt

Titel: Wer lügt, gewinnt
Autoren: Patrícia Melo
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mal das Terreiro besucht, kommt hier her, dieser Kerl, macht eine Szene und storniert die ganze Sache. So weit, so gut. Aber jetzt seid ihr schon wieder da, beide zusammen, und wollt wissen, ob ich den Auftrag doch erledigt habe, den ihr storniert habt? Ist doch so, oder? Ich habe nicht gefragt, ob du den Auftrag erledigt hast, sagte ich, ich habe nur gesagt, daß die Frau verschwunden ist, ich sage dir, daß die Polizei sich in die Geschichte reinhängen wird, beim letzten Mal war ich doch ganz deutlich, sagte ich, ich will nicht, daß Sie irgendwas unternehmen, und jetzt ist die Frau verschwunden, einfach so mir nichts, dir nichts verschwunden. Damit habe ich nichts zu tun, unterbrach mich Dadá, ihr habt storniert, und damit ist die Sache gegessen, oder könnt ihr mir vielleicht sagen, ich werde das Kind mal beim Namen nennen, warum ich eine Frau umbringen soll, die ich gar nicht kenne, wenn ich es auch lassen kann? Hä? Jemanden aufs Geratewohl umbringen? Das ist nicht mein Ding, Ingrid war hier und hat geweint, ich wollte ihr nur helfen, und das bereue ich schon, ihr zwei geht mir auf den Sack, es fehlt nicht viel, und ich werde richtig sauer. Dadá kehrte uns den Rücken zu und ging weg. Ich lief hinter ihm her. Packte ihn am Arm. Hey, Alter, sagte er, ich mag nicht, wenn man mich anfaßt, nimm deine Pfoten weg. Ich hoffe, sagte ich, daß du die Wahrheit sagst. Mit einer abrupten Armbewegung machte er sich los. Laß uns gehen, sagte Ingrid, gehen wir.
    Auf dem Rückweg fuhren wir schweigend über die Ringstraße, Ingrid stellte das Radio mehrere Male an und aus. Er war es nicht, sagte sie, ich bin mir sicher, du kannst ganz beruhigt sein, Fúlvia selbst hat dieses Durcheinander angezettelt, sie muß sich gar nicht darüber beklagen, sie hat es sich ausgesucht, illegal mit Schlangen handeln, Schlangen verkaufen, Schlangen züchten, Gift verkaufen, hast du nicht gesagt, daß sie Gift an irgendwelche spanischsprachigen Südamerikaner verscherbelt? Sie verkauft an internationale Käufer, sagte ich, aber das ist illegal, sagte sie, ja, sagte ich, das ist illegal, wenn sie irgendwelche Sauereien mit diesem Gift anstellen, sagte sie, Medikamente werden daraus gemacht, sagte ich, die pharmazeutische Industrie ist Abnehmer für das Gift, um Schmerzmittel und Medikamente gegen Krebs daraus herzustellen, sagte ich, es ist dennoch illegal, sagte sie, und wenn es illegal ist, dann kommt so was dabei raus, fuhr Ingrid fort, eines Tages mußte Fúlvia sich in die Nesseln setzen, entweder weil man sie verhaftet hat, oder weil sie kaltgemacht worden ist, illegale Händler haben meist keine rosigen Zukunftsaussichten. Sie ist nicht tot, sagte ich, du redest, als ob Fúlvia tot wäre, sie ist verschwunden, sie ist nicht tot. Im allgemeinen, sagte Ingrid, verschwinden die Leute, weil sie tot sind. Ein durchgedrehter Vergewaltiger ist irgendwo in einer Garage über sie hergefallen. Ein Überfall an der Tür vom Geldautomaten. Ein illegaler Händler, den sie nicht bezahlt hat, du wirst schon sehen. Ingrid, es reicht, sagte ich in gereiztem Ton. Ich will nicht heucheln, sagte sie, ich kann nicht behaupten, daß ich ihr die Daumen halte, daß sie noch am Leben ist. Ich mag nicht, wenn du so redest, sagte ich. Wie soll ich denn reden?
    Es war sehr heiß in dieser Nacht, ich konnte nicht schlafen. Mit nacktem Oberkörper ging ich rauchend vor dem Fenster auf und ab. Ingrid versuchte mich dazu zu bewegen, wieder ins Bett zukommen, ich antwortete, ich sei nicht müde. Verzeih mir, sagte sie, ich habe im Auto einen Haufen Blödsinn geredet, ich schäme mich. Schon verziehen, antwortete ich. Ich will nicht, daß sie stirbt, ich war bloß wütend. In Ordnung, sagte ich, ich glaub’s dir. Wie könnte ich mir wünschen, daß sie stirbt, bloß weil sie versucht hat, dich zu vergiften, weil sie mich angegriffen hat, gegen mein Auto gefahren ist. Komm schlafen, sagte sie, ich kann ohne dich nicht schlafen. Ich legte mich neben Ingrid und verbrachte die Nacht damit, an die Decke zu starren.
     
    Am darauffolgenden Tag veröffentlichten einige Zeitungen die Nachricht von Fúlvias Verschwinden. Eine Zeitung brachte es in der Schlagzeile, Frau von Esoterikautor auf mysteriöse Weise verschwunden, lautete der Titel. Sieh mal das Foto von dir, sagte Ingrid, es ist aus unserem Archiv von Universalis, Laércio muß es an die Presse gegeben haben.
    Laércio rief mich gleich morgens an. Brauchst du irgendwas? Nein, antwortete ich. Du hast keine Ahnung,
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