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Wer ist eigentlich Paul?

Wer ist eigentlich Paul?

Titel: Wer ist eigentlich Paul?
Autoren: Anette Göttlicher
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den Neuhausener Amselsingwettstreit. Diese eine Passage scheint noch verbesserungswürdig zu sein, denn das Vieh wiederholt sie am laufenden Band. AAAAAAARGH!
    Ich kann nicht mehr schlafen. Bin hellwach. Und todmüde. Vollmond? Lärmende Nachbarn? Zu viel Latte macchiato? Nichts davon. Heute ist der Tag, an dem Paul (laut Autoresponder) wieder in der Stadt ist.
     
    Ich habe die letzten zwei Wochen gut genutzt. Habe mich damit abgefunden, dass ich Paul nicht erreichen kann. Habe mit persönlichem Interesse die Entwicklung am Golf verfolgt und mit großer Erleichterung und Dankbarkeit festgestellt, dass der Krieg noch auf sich warten lässt. Ich habe viel Zeit mit Vroni, Marlene, Beate, Alexa und den anderen wichtigen Menschen in meinem Leben verbracht und musste beschämt feststellen, dass ich nicht die Einzige bin, der es manchmal gar nicht so sahnejoghurtmäßig gut geht. Mann, was war ich in letzter Zeit auf mich selbst und meine Probleme fixiert. Ich bin eine schlechte Freundin. Ein egozentrisches Weibsstück. Ich habe weder bemerkt, dass Marc-der-zum-Arschloch-wurde versucht hat, sich wieder in Vronis Leben zu stehlen und sie mit süßen Wortenund heißen Blicken zu betören, noch dass Marlene, die immer sagt, sie könne sich nicht verlieben, ebendies vor kurzem getan hat. Leider ist ihr Objekt der Begierde ein guter Freund, der gar nichts kapiert von dem, was hinter Marlenes cool-lustiger Fassade so vor sich geht. Klar, sie könnte sich outen und ihm sagen, was sie für ihn empfindet. Aber wenn es blöd läuft, ist sie einen guten, langjährigen Freund los. Schwierige Sache. Und ich dachte immer, meine Beziehung zu Paul sei das Verzwickteste, was Amor so zu bieten hat.
     
    Außerdem war ich viel mit Max zusammen. Wir waren beim Skifahren, sogar ein ganzes Wochenende lang, mit Freunden auf einer Hütte in der Wildschönau. Wie selbstverständlich belegten wir zusammen ein Doppelzimmer und fuhren miteinander Sessellift. Am zweiten Abend ertappte ich mich dabei, dass ich kurzzeitig vergaß, dass Max und ich kein Pärchen mehr sind. Komischerweise war es ein schönes Gefühl. Na ja. Max und ich waren zusammen im Cosimabad schwimmen, erkundeten gemeinsam die nagelneue Pinakothek der Moderne, tranken heiße Schokolade im Café des Nymphenburger Schlossparks, nachdem uns beim Schneemannbauen fast die Finger abgefroren waren, und benahmen uns auch ansonsten wie ein filmreif verliebtes Pärchen. Nur ohne Sex. Aber was ist schon Sex? Ich weiß nicht, ob ich mich jemals wieder ganz «unschuldig» auf Sex freuen kann. Es tut zu sehr weh, wenn er abgesagt wird.
     
    Ich fuhr sogar mit Max, Vroni und Bernd zu einem Auswärtsspiel von Max’ favorisiertem Fußballverein, dem MSV Duisburg, nach Burghausen. Wir froren uns im Schneetreiben beinahe die Extremitäten ab, sahen ein unheimlich schlechtes Zweitligaspiel und lernten neue Lieder und Klischees über Oberbayern kennen («Landwirtschaft, Landwirtschaft, Landwirtschaft ist schön   … Morgens früh um sieben erst mal Kühe melken geh’n»).
    Auf der 120   Kilometer weiten Heimfahrt, die wegen des dichten Schneetreibens fast drei Stunden dauerte, sangen wir tolle Lieder wie «Ein Student aus Uppsala» oder «Gute Freunde kann niemand trennen». Es war ein Ausflug, an den ich mich noch in Jahrzehnten erinnern werde.
     
    Insgesamt kann ich also sagen, dass es mir wieder richtig gut geht. Ich bedauere es fast, dass heute der 20.   Februar ist, der Tag, an dem Paul wieder im Lande zu sein beliebt. Wäre er noch länger weg gewesen – ich glaube, ich hätte mich an seine Abwesenheit gewöhnt. Man gewöhnt sich wirklich an alles. Es war richtig erholsam, nicht jeden Tag 24   Stunden das Handy in Sichtweite zu haben, nicht auf eine Mail von Paul zu warten und sich keinen wunderschönen Wunschträumen hinzugeben, die dann sowieso nicht in Erfüllung gehen.
    Trotzdem – ich kann es nicht ändern – ist heute besagter 20.   Februar, und ich bin nervös. So nervös, dass ich schon um sechs Uhr morgens nicht mehr schlafen kann.
     
    Ich muss etwas tun. Wieder mal. Immer, wenn ich auf Paul warte, muss ich etwas tun. Ich könnte an meiner Magisterarbeit weiterschreiben. Aber dazu müsste ich das Notebook anwerfen und wäre in Versuchung, meine Mails abzurufen. Zu früh. Paul schläft sicherlich noch wie ein Murmeltier, und der Posteingang wäre leer. Kein guter Tagesanfang. Hm. Sport? Och   … Doch, Marie, das ist es. Joggen gehen. Keine Widerrede. Die Laufschuhe sind nicht
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