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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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in fettig glänzenden Strähnen vom Kopf. Sie hatten Nietenbänder um den Hals und Nietenbänder um die Handgelenke.
    Was sie weggelassen hatten, waren die Lederjacken und die Sonnenbrillen. Janne trug stattdessen eine schwarze Jeansjacke über dem Band-T-Shirt, Erik sogar einen Kaschmirpullover. Es waren die Sachen, die sie im Komposthaufen vergraben hatten, eine Erinnerung, die Kais Unterbewusstsein erfolgreich verdrängt hatte, die jetzt dafür wieder umso klarer da war.
    Kai hatte keine Ahnung, ob, und wenn ja, auf welche Weise seine Kinder den Zersetzungsprozess der Kleidungsstücke beschleunigt hatten, aber Pullover und Jacke sahen aus, als hätten sie schon jahrelang vor sich hingerottet und nicht erst ein paar Tage. Sie sahen fadenscheinig aus und gleichzeitig schmierig, sie hatten große Löcher, und sie rochen nach Moder und Verwesung.
    »Sieht komisch aus, riecht aber interessant, irgendwie nach Wald«, sagte Bruno, als er sie eine Dreiviertelstunde später als vereinbart in Zirnsheim abholte. »Nee, warte mal, nich nach Wald, mehr nach ’ner Obsttorte.« Er schnüffelte: »Nach ’ner alten Obsttorte. Nach ’ner sehr alten, die sehr lange in der Sonne jestanden hat. Aber da is noch wat. Komm jetzt aber nich druff.«
    »Wir sind viel zu spät, Bruno«, sagte Kai, der als Einziger von ihnen gekleidet war wie ein normaler Mensch. Hatte er in der letzten Zeit gerne mal auf das Billigoutfit vom Discounter zurückgegriffen, so wollte er Constanze doch in ordentlicher Aufmachung empfangen. Er hatte sich für eine dunkelgraue Anzughose entschieden, ein weißes Hemd und die schwarzen, blank gewienerten Budapester.
    Bruno sah aus wie immer: Karohemd, Synthetikhose, Sandalen, und es machte ihm nichts aus.
    »Tut mir leid«, sagte Bruno, »ick hab noch schnell den Wagen repariert und darüber wohl die Zeit verjessen.«
    Und in der Tat war das kaputte Seitenfenster, das Jagodas Männer zu verantworten hatten, mit Pappe und einigen dicken Lagen Klebeband provisorisch geschlossen. »Schön isset nich, wa? Aba wenigstens ziehts nich mehr so.«
    Man konnte schon von Weitem sehen, dass Constanzes Laune nicht die beste war. Überhaupt war sie der einzige Mensch auf dem Bahnhofsvorplatz, als sich Kai und Bruno, Janne und Erik eine halbe Stunde nach planmäßiger Ankunft des Regionalexpress aus Brunos Wagen zwängten.
    Während sie langsam auf Constanze zugingen, flüsterte Bruno: »Mensch, Blumen ham wa verjessen!«
    »Was noch unser kleinstes Problem sein wird«, flüsterte Kai zurück.
    Auch Constanze setzte sich jetzt in Bewegung, ihr Rollkoffer ratterte dröhnend über das Kleinstadtpflaster.
    Als sie sich dann gegenüberstanden, gaben sie sich die Hände. Wie alte Bekannte, die froh waren, sich mal wieder zu sehen. Nicht mehr und nicht weniger.
    Dann waren die Kinder dran: »Tag, Mama«, sagte Janne, »schön, dass du wieder da bist.« Sie versuchte erst gar nicht, ihre Mutter zu umarmen.
    »Hallo, Mama«, sagte auch Erik, »war gar nich so schlimm bei Papa. Der ist schon okay auf seine Art.«
    »Das glaub ich dir gern«, antwortete Constanze mit fassungslosem Blick.
    »Ja, ja, ich weiß«, bemühte sich Kai zu beschwichtigen. »Sag erst mal nichts. Und später hörst du dir dann die Argumente der Kinder an. Und dann können wir immer noch entscheiden, was wir machen mit diesem … Na, du siehst die Bescherung ja selbst. Ach so: Das hier ist übrigens Bruno.«
    Doch statt Bruno anzusehen, starrte Constanze wie gebannt auf das geflickte Seitenfenster von Brunos Wagen.
    »Anjenehm, die Dame«, sagte Bruno, »wir kenn uns ja schon. Woll’n wa denn mal?«

 
    Der Wille zum Lachs
    »Man kann keine ganze Lammkeule grillen«, sagte Kai.
    »Kann man schon, man braucht aber ’nen Grill mit Deckel«, sagte Bruno und versuchte das Monstrum mittels zweier Holzlöffel zu wenden. »Wenn de keen Grill mit Deckel hast, denn wird jede Keule wie bei uns: Außen schwarz, und innen bleibt se schön roh.«
    Sie saßen in Brunos Garten und grillten seit zwei Stunden die Lammkeule. Manchmal quiekte in der Ferne ein Schwein. Zwischendurch hatten sie ein paar Bratwürste aufgelegt gegen den Hunger. Jetzt war es schon nach zehn, und neben ihnen im Gras lag eine ansehnliche Batterie leerer Bierflaschen. Kai überlegte, ob Constanze in Zirnsheim schon schlief und wie es Janne und Erik jetzt wohl ging unter dem strengen Regime ihrer Mutter.
    »Apropos Grillen«, sagte Bruno. »Hab ick dir schon die Storrie vom Popen erzählt? Nee?«
    Eine
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