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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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haben: Er brüllte weiter, aber immer nur dieselben drei Worte: »Wer war das?« Und immer, wenn er »das« schrie, fuhr seine Faust auf seinen Sohn nieder. Er schrie lange. »Wer war das ? Wer war das ? Wer war das ?« Es war der Rhythmus seiner Brutalität, der Kai starr machte. Der ihn paralysierte und ihm Momente lang jede Hoffnung tötete, diese entfesselte Gewalt könne je wieder enden.
    Sogar Kretzschmer und den Männern der Bürgerwehr sah man an, wie unwohl ihnen war. Auch Bruno wirkte wie in Trance: Nur Janne, Erik und Karol Dommasch taten irgendwie das Richtige, sie heulten, und der Rotz und das Wasser liefen ihnen nur so über ihre Gesichter.
    »Wer war das ? Wer war das ? Wer war das ?«, schrie Jagoda weiter. Seine Faust war blutig.
    »Schluss jetzt! Das war ich!«

 
    Nach der Schlacht
    Während Wolf Kretzschmer, der Zirnsheimer Wirt des Deutschen Hauses, die Nummer der Polizei wählte, um eine Person zu übergeben, gegen die der dringende Tatverdacht der schweren Brandstiftung mit tödlicher Folge bestand, wuschen sich Winfried Jagoda und sein Sohn Felix an einem der Friedhofswasserhähne, so gut es ging, das Blut ab.
    Jagoda redete ununterbrochen auf seinen Sohn ein. Sagte, die Schläge seien doch gar nicht so kräftig ausgefallen. Sprach von den Schlägen, die er als Kind selber habe einstecken müssen. Und dass das alles nur ein Missverständnis gewesen sei, an dem allerdings er, Felix, zum größeren Teil überhaupt selbst schuld sei.
    Die einzige und immer gleiche Antwort, die sein Sohn ihm gab, auf alle Beschwichtigungen, Relativierungen und Bestechungsversuche hin, war: »Ich zeig dich an, du Schwein!«
    Nachdem er das Telefonat beendet hatte, warf Kretzschmer Kai van Harm, der ihn aus den Augenwinkeln beobachtet hatte, ein Grinsen zu und reckte den Daumen. Kai wandte schnell den Blick ab.
    Janne, Erik und Karol Dommasch beseitigten mit Brunos Hilfe die Spuren ihrer nächtlichen Orgie. Der Bürgermeister redete leise auf Pfarrer Pagel ein, dessen Gesicht dabei seltsam emotionslos blieb. Nur von Zeit zu Zeit schüttelte ihn ein kurzes, trockenes Schluchzen, und er rief: »Es war ein Unfall, ein schrecklicher Unfall.« Immer wenn eine solche Regung den drahtigen Körper Pagels erfasste, lockerten die beiden Milizionäre den Polizeigriff, mit dem sie ihn hielten.
    Als man von der Straße her das Martinshorn eines Streifenwagens hörte, sagte Bruno zu Janne, Erik und Kai: »Los Leute, wir machen uns vom Acker. Mir is übel.«
    »Sagt meinem Sohn Benjamin, dass es ein Unglück war. Sagt ihm, dass ich bald wieder da bin«, rief Pagel ihnen hinterher, »alles wird sich aufklären!«
    Kai drehte sich zu Pagel um und nickte, dass er verstanden habe, und der Pfarrer lächelte erleichtert.

 
    Die Schaltzentrale
    Van Harm konnte nicht einmal richtig erkennen, wo hinten war und wo vorne. Der Storch lag zusammengefaltet in seinem Horst und schlief. Man sah seinen Schnabel nicht, und man sah nicht seine Stelzen. Manchmal wackelte das Gefieder leicht. Als säßen Jungvögel darunter, die sich regten. Aber das war dann auch schon das Maximum an Spannung. Außerdem war das Bild grünstichig und machte die Augen müde. Weshalb Kai lieber die Anzeige der Uhrzeit in der rechten oberen Ecke betrachtete, von der Bruno gesagt hatte, sie laufe in Echtzeit ab. Gerade war es 1 Uhr 37, und eine leichte Brise bewegte die Federn von Meister Adebar. Am Datum, das unter der Uhrzeit stand, konnte Kai erkennen, dass der Storchenfilm gestern Nacht aufgenommen worden war.
    Kai musste gähnen, das ging jetzt schon mindestens fünf Minuten so: »Mensch, Bruno, muss das denn sein?«
    »Wart’s ab«, sagte Bruno und grinste vielsagend.
    Wesentlich interessanter als der Film war der Raum, in dem Kai saß, zum allerersten Mal im Übrigen. Ihn Büro zu nennen wäre zu wenig gewesen, obwohl es einen Schreibtisch gab, einen PC, einen Bürostuhl, einen Drucker. Es gab außerdem Feldstecher und Fernrohre, die Wände waren mit topografischen Karten der Umgebung tapeziert. Es gab einen Lötkolben und Kästen voller elektronischer Bauteile. Das Auffälligste aber war eine kleine blinkende Serverfarm, die in einem Stahlregal aufgebaut war und auf der die Bilder sämtlicher Storchencams gespeichert wurden, bis die Fachleute sie ausgewertet hatten. Das war kein Büro, das sah aus wie eine Schaltzentrale.
    »Ich dachte, die Server würden in Berlin stehen«, hatte Kai beim Anblick der summenden Aluminiumkästen gesagt.
    »Nö, tun’se
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