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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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nich.«
    »Und du machst das alles umsonst?«
    »Ich mach’s ohne Bezahlung. Dit is’n Unterschied.«
    »Achtung: jetze«, sagte Bruno unvermittelt.
    Der Storch rührte sich nicht. War er gestorben, oder worauf lief das hier hinaus? Das obere Drittel zeigte nach wie vor irgendein Stück Straße.
    Plötzlich schob sich von rechts ein Fahrzeug in das Bild, eine Art Kleinbus. Sehr langsam und ohne Licht kam er herangefahren und blieb genau unter der Kamera stehen. Man konnte sogar einen Teil des vorderen Nummernschildes erkennen. Es fing mit B an. B wie Berlin. Ins Innere des Fahrzeugs konnte man nicht blicken, dazu war der Winkel der Kamera zu spitz. Der Bus stand genau zehn Sekunden, dann trat eine Person an das Fahrzeug und schien ein paar Worte mit dem Fahrer zu wechseln. Gleich darauf wurde die Seitentür aufgezogen, die Person stieg ein, und um 1 Uhr 43 und ein paar Sekunden fuhr der Kleinbus aus dem Bild.
    Bruno hielt den Film an: »Und?«
    »Sag du mir, was ich gesehen habe.«
    »Noch nich«, erwiderte Bruno und spulte vor. Der Storch sah dabei aus, als würde er zittern.
    Bei 2 Uhr 55 ließ er den Film wieder in normaler Geschwindigkeit laufen. Zwei Minuten später fuhr von links abermals der Bus ins Bild, hielt genau unter der Kamera, die Seitentür ging auf, eine Person, vermutlich dieselbe wie zuvor, stieg aus und lief aus dem Bild. Die Seitentür wurde von innen zugezogen, und der Bus fuhr nach rechts ab.
    »Sagt dir die Uhrzeit wat und das Datum?«
    »Das war gestern Nacht oder besser gesagt am Morgen, und ein paar Stunden später roch es überall nach gegrilltem Schwein.«
    »Bingo!«, sagte Zabel.
    »Meinst du …?«
    »Aber hallo!«
    »Und hast du einen Verdacht?«
    »Einen Verdacht? Ick habe keinen Verdacht, ick weeß jenau, wer das da war, gerade eben.«

 
    Das einsame Haus
    Brunos Patchwork-Automobil brachte sie in den Dorfkern von Altwassmuth, wo Bruno versuchte, den Wagen in derselben Position zu parken, in der sich der Kleinbus auf der Storchencam befunden haben musste.
    Sie stiegen aus, und Bruno fragte: »Merkste wat?«
    »Ja«, sagte Kai, »die Person kann nur aus diesem Haus da gekommen sein.«
    »Und warum?«
    »Ist das jetzt ein Test?«
    »Kann man so sehen, Sherlock.«
    »Na, weil es hier weit und breit kein anderes Haus gibt. Sehr witzig, Bruno!« Direkt an das Haus grenzte eine Veranda, auf deren Dach sich das Storchennest befand. Die Kamera, die es beobachtete, war an einem ausgedienten Telegrafenmast aus schwarzbraunem Holz befestigt. Es war eines der letzten Häuser von Altwassmuth, und es sah ein wenig verwohnt aus. Von der Gartenpforte aus konnte man das Ortsausgangsschild sehen.
    Auf der Klingel stand »A.+K. Petzold«.
    Kai war überrascht: »Frau Petzold?«
    »Wohl eher Frollein Petzold!«, sagte Bruno und wollte gerade die Klingel drücken, als Annalena in der Haustür erschien und fragte: »Wollen Sie reinkommen?«
    Sie sah blass aus, dünn und sehr zerbrechlich. Sie hatte dunkle Augenringe, und die waren nicht angeschminkt.
    »Die Kamera«, sagte Bruno ganz vorsichtig, so als könne Annalena kaputtgehen, wenn er zu laut sprach, »die Kamera hat dich aufgenommen.«
    Sie saßen in der kühlen Küche. Annalena hatte drei Gläser Apfelsaft eingeschenkt.
    »An die Kamera hab ich gar nicht gedacht«, entgegnete Annalena.
    »Nu erzähl ma, meine Kleene«, sagte Bruno und trank einen Schluck Saft, und Annalena begann mit sehr leiser Stimme zu berichten.
    Irgendwie hatte alles mit dem Tod von Frau Pagel begonnen, der Mutter von Benjamin, mit dem Annalena nicht nur in dieselbe Klasse ging, sondern seit einem halben Jahr auch so etwas wie eine feste Beziehung führte. Wenn man das schon so nennen wollte in ihrem Alter. Wann immer es zu Hause Ärger gab, wann immer es zum Streit mit ihrer Mutter kam, war sie auf ihr Rad gestiegen und zu den Pagels gefahren, wo man sie stets mit offenen Armen empfangen hatte. Wo sie gern gesehen war, wie eine Tochter, oder besser: wie eine Schwiegertochter. Streit gab es im Übrigen zu Hause reichlich, je größer der Ärger im Beruf war, desto gereizter war die Stimmung im Hause Petzold.
    Aber das Gefühl, ihr Leben gerate aus der Balance, kam erst mit dem Tod von Frau Pagel. Jetzt gab es plötzlich keinen Ruhepol mehr, keinen Ort der Geborgenheit, an den Annalena sich zurückziehen konnte. Im Gegenteil: Das Pfarrhaus wurde ein unwirtlicher Ort der Depression. Sosehr er sich in der Öffentlichkeit um Haltung bemühte, so sehr ließ sich Pfarrer Pagel
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