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Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)

Titel: Wer hier stirbt, ist wirklich tot: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Autoren: Maximo Duncker
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Chefökonomin, Karin Petzold, Annalenas Mutter, zusammen, um in einem großen Coup die Gemeinde aus dem Sumpf zu ziehen: Sie mussten an die Fördertöpfe der Europäischen Union. Schon immer hatte es Störche gegeben in der Gegend, aber jetzt wurden sie zum Schlüssel eines Konzeptes. Dommasch und Karin Petzold ließen einen Diplom-Biologen aus Berlin kommen, der ein Gutachten über die Storchenpopulation der Gemeinde verfassen sollte. Was sie mit dem Gutachten genau anstellen wollten, wussten sie noch nicht. Doch eines zu besitzen, mit Stempel und Unterschrift, schien ihnen vorteilhaft. Den Mann bezahlten sie aus der grauen Kasse der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft. Und er stellte fest, dass viel interessanter als der jährliche Storchenzug Flora und Fauna der Zirnsheimer Wiese waren. Ein außerordentlich weites und zusammenhängendes Sumpfland mit einer großen Diversität an Kleintieren und Pflanzen, wie man es nur selten in diesen Breiten antraf. Im Grunde ein schützenswertes Gebiet. Wenn, ja wenn die ehemaligen LPG -Ställe nicht mitten in der Wiese stünden.
    Noch in derselben Woche begann Frau Petzold, die Bewerbungsunterlagen für die EU zu erstellen, denn Harald Dommasch hatte ihr versichert, dass der Rückbau der Stallanlagen kein Problem wäre. Lediglich eine Frage der Zeit. Also ließen sie die Anlage einfach aus den offiziellen Unterlagen weg. Sie verschwiegen sie, weil sie ohnehin verschwinden würde. In den kartografischen Skizzen tauchte sie nicht auf, aus Luftbildern wurde sie herausretuschiert. Es war keine Lüge zu diesem Zeitpunkt, es war lediglich eine Vorwegnahme des künftigen Zustandes der Zirnsheimer Wiese.
    Doch so einfach, wie Dommasch tat, ließ sich die Anlage nicht abreißen, zumal sie nicht mal mehr im Besitz der LPG war, sondern nur noch von ihr verwaltet wurde. Und die Sache wurde komplizierter, als das Großmaul Winfried Jagoda der Liebe wegen nach Altwassmuth zog. Er hatte das Geld, um die Ställe zu kaufen, und deshalb kaufte er sie, und die Leute im Dorf waren auf seiner Seite, weil sie sich Arbeit versprachen und ein sorgenfreies Leben, wie früher, als die LPG sie allesamt ernährt hatte.
    Zu diesem Zeitpunkt war der Antrag so gut wie fertig. Er sah perfekt aus, und er war buchdick. Das Ministerium für Arbeit und Soziales in Potsdam, das sie zwischenzeitlich von ihrem Vorhaben informiert hatten, sicherte Unterstützung zu, und, falls von Brüssel verlangt, sogar Zuschüsse aus Landesmitteln.
    Was hätten Dommasch und Frau Petzold also tun sollen? Sie beschlossen, ihn abzuschicken. Wenn der unwahrscheinliche Fall eintrat, dass er bewilligt werden würde, könnte man immer noch mit der Wahrheit herausrücken. Mit der aktuellen.
    Doch als der unwahrscheinliche Fall dann tatsächlich eintrat und ihnen die EU-Gelder bewilligt wurden, ließen sie die Sache ihren Lauf nehmen. Zumal sich kein einziger Altwassmuther wunderte, dass inmitten eines Biosphärenreservates ein Schweinemastbetrieb stehen durfte, sondern nur die Arbeitsplätze sah, die, wenn auch nicht so zahlreich wie erhofft, entstanden.
    Keiner bis auf einen: nämlich Winfried Jagoda, der wohl etwas geahnt hatte von der kleinen Manipulation. Der sich deshalb aus dem Referat für Strukturförderung und -entwicklung beim Arbeits-und Sozialministerium der Landeshauptstadt Kopien der Unterlagen besorgt hatte. Und der seitdem Harald Dommasch, den die Leute aus lauter Dankbarkeit zum Bürgermeister gewählt hatten, bei jeder Gelegenheit wissen ließ, dass ihm die Lüge durchaus bekannt war.
    Der außerdem vor anderthalb Monaten begonnen hatte, Karin Petzold zu erpressen: Entweder sie würde auch für ihn einen EU-Antrag auf Fördergeld stellen, mit dessen Hilfe er die Kapazität seiner Anlage von sechs-auf achthundert Tiere würde erhöhen können, oder aber er würde den ganzen Schwindel um das Biosphärenreservat auffliegen lassen.
    Es war dieser Konflikt, der Karin Petzold immer mehr zermürbte. Es war diese Erpressung ihrer Mutter, die Annalena das vegane Einsatzkommando aus Berlin hatte rufen lassen, um Winfried Jagoda einen Schlag zu versetzen. Eine Tat, die sie dennoch längst bereute, und in die nicht einmal ihr Freund Benjamin Pagel eingeweiht gewesen war.
    »Puh«, sagte Bruno, als Annalena mit ihrer Erzählung fertig war und in einem einzigen Zug ihr Glas leerte, »harter Tobak.«
    »Und was werden Sie jetzt tun?«, fragte Annalena vorsichtig.
    »Tja, wat kann ick schon tun«, sagte Bruno. »Nich so
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