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Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Wer hat Angst vorm boesen Wolf

Titel: Wer hat Angst vorm boesen Wolf
Autoren: Karin Fossum
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kurz.
    »Du siehst müde aus.«
    »Heute nacht«, erklärte Sejer ernst, »hat es mich einfach überall gejuckt.« Mit dieser dramatischen Auskunft verschwand er aus dem Büro.
    »Du heißt Morten Garpe?«
    »Stimmt.«
    »Aber du nennst dich Morgan?«
    »Die Freunde, die ich nicht habe, nennen mich Morgan.«
    » Die du nicht hast? Warum nennst du dich also so? «
    » Das klingt ein bißchen fetziger, finden Sie nicht? «
    Die Tatsache, daß sie an dieser Stelle beide gelacht hatten, hatte Skarre unerwähnt gelassen.
    » Also, Morten. Mit anderen Worten, du bist allein auf der Welt?«
    » Kumpels hab ich nicht viele. Ich hab nur einen, und der sitzt. Und eine Schwester in Oslo.«
    » Er sitzt? «
    » Bewaffneter Raubüberfall. Ich habe das Auto gefahren. Er hat mich nie verpfiffen. Das Geld sollte für ihn sein.«
    »Er hat dich also die ganze Zeit unter Druck setzen können?« »Ja.«
    »Unddem wolltest du ein Ende machen?«
    » Ich muß sicher so lange sitzen, daß das auch keine Rolle mehr spielt.«
    »Da hast du recht. Tut es nicht. Den Überfall nehmen wir uns nachher vor. Erzähl zuerst von Errki.«
    Die nun folgende lange Pause hatte Skarre durch eine Leerzeile gekennzeichnet.
    » Er hat mir alles über seine Mutter erzählt, wie das damals passiert ist. Errki und ich sind beide Skorpione. Er ist eine Woche nach mir geboren. Die besten und die schlechtesten Menschen sind Skorpione, wußten Sie das?«
    »Nein, aber was willst du damit sagen, daß er dir >alles< erzählt hat? «
    Sejer ließ die Papiere sinken und dachte an die vielen Fachleute, die im Laufe der Jahre mit allerlei Listen versucht hatten, die Wahrheit aus Errki herauszukitzeln. Diesem Jungen war das innerhalb weniger Stunden gelungen.
    »Konnte er sich an den Mord an Halldis erinnern?«
    »Nicht besonders gut. Er sagte, sie habe geschrien und ihn bedroht. Er schien in weite Ferne zu starren, als er das erzählt hat. «
    » Hat er offen gesagt, daß er sie umgebracht hat?
    Wortwörtlich ?«
    » Nein. Er hat mich aus seinen seltsamen Augen angeschaut und gesagt: Die Dinge passieren einfach.«
    »Ist er dir gewalttätig vorgekommen ?«
    »Ich dachte, Sie hätten meine Nase gesehen. Das wird eine häßliche Narbe geben. Nicht, daß das eine so große Rolle spielt. Eigentlich ist es mir egal. Das einzige, was mir Spaß macht, ist die Vorstellung von Tommys Gesicht, wenn ich aus der Nachbarzelle an seine Wand klopfe und ihm sage, daß bei mir doch kein Geld zu holen ist. «
    »Er heißt Tommy ?«
    »Tommy Rein.«
    »Ach was!«
    Abermals eine Leerzeile.
    »Worüber habt ihr eigentlich in der ganzen Zeit, die ihr zusammen wart, gesprochen ?«
    »Das kann ich gar nicht recht sagen. Er hat so viele seltsame Sachen gesagt. Wir haben über den Tod gesprochen. Haben Sie sich das schon einmal überlegt? Daß wir alle sterben müssen? Ich sehe, daß Menschen um mich herum sterben, aber ich begreife nicht, daß es auch mir passieren wird. Heute habe ich versucht, es zu kapieren, mehrmals. Aber das ist wie eine unmögliche Matheaufgabe, die uns einfach nicht in die Birne will. Verstehen Sie?«
    »Was soll ich verstehen ?«
    »Daß Sie sterben müssen.«
    »Ja, das ist mir klar.«
    »Dann stimmt bei Ihnen irgendwas nicht.«
    »Nimm es nicht so schwer. Irgendwann wirst du es auch begreifen, ich kenne viele, die älter sind als du und die noch nie daran gedacht haben. Woher hatte Errki den Revolver ?«
    »Danach habe ich ihn gefragt. Er hat irgendeinen seltsamen Spruch gemurmelt. Wünsch deinem Nachbarn eine Kuh, und
    Gott schickt dir einen Stier. «
    »Wie betrunken war er am Ende ?«
    »Nicht ganz so betrunken wie ich. Es war ihm nicht anzuhören, aber er ging ziemlich unsicher, und sein Gang war ohnehin schon ziemlich komisch.«
    »Errki und Kannick - welche Worte sind zwischen ihnen gefallen ?«
    »So gut wie gar keins. Sie haben einander bewacht wie zwei Köter. Kannick war außer sich vor Angst. Er hat es kaum gewagt, Errki anzusehen. «
    »Hat Errki den Jungen bedroht ?«
    »Ich finde, nicht. Wir haben ihn gut behandelt, wir haben ihm nichts getan, wir waren beide betrunken. Als Kannick auftauchte, herrschte rauhe See, um das mal so zu sagen. Seltsamerweise schien er sich nach einer Weile bei uns ganz wohl zu fühlen. Er kam zur Ruhe. Irgendwie gehörten wir zusammen, wir drei. Keiner brachte es über sich, etwas zu unternehmen. Wir haben auf euch gewartet.«
    »Wie hat Kannick reagiert, als du entdeckt hast, daß Errki tot war ?«
    »Er geriet total in Panik.
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