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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf?
Autoren: Tom Holt
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versicherte ihm Danny. »Kamera: A. Asmundarson, und die Gewerkschaft kann uns mal.« Er leerte das Trinkhorn und füllte es erneut.
    »Schade, daß ich es nicht sehen kann«, bedauerte Angantyr.
    »Wenn du nur hierbleiben würdest. Ich könnte dir einen Job beim Fernsehen besorgen. Kein Problem«, versicherte ihm Danny.
    »Ach, war das schön. So, wie du das alles beschrieben hast, gefiele mir so ein Leben wirklich gut. Aber was soll’s?«
    »Ich will dir mal was sagen.« Danny legte den Arm um die Schulter seines Freundes. »Warum nimmst du die Kamera und den Monitor nicht einfach mit nach Walhalla? Es sind jede Menge Reservebänder vorhanden. Dann hättest du wenigstens was zu tun, wenn du mal das ewige Kämpfen und Feiern satt hast.«
    »Das ist eine tolle Idee«, freute sich Angantyr und füllte das Horn seines Freundes auf. »Als Gegenleistung muß ich dir aber auch ein Geschenk machen.«
    »Ein Geschenk?« Danny strahlte.
    »Ein Geschenk«, wiederholte Angantyr. Er wünschte, er hätte nie etwas davon erwähnt.
    »Wirklich?« Danny schlug ihm auf den Rücken, und Angantyr verschüttete sein halbes Horn. »Das ist … also, ich bin wirklich gerührt.«
    »Ach, das ist nur Heldentradition«, murmelte Angantyr und wischte sich das Bier vom Kettenhemd. Er schämte sich ein wenig wegen seiner früheren Vorbehalte gegen Danny und überlegte, womit sein neuer Freund am meisten anfangen könnte. Ein verzauberter Helm? Ein Pfeil, der niemals sein Ziel verfehlte, falls Danny wieder einmal auf Themenjagd gehen oder Bilder schießen wollte? Irgendwie erschienen ihm solche Geschenke etwas dürftig. Er sammelte sich und machte sich für den ultimativen Akt wahrer Großzügigkeit bereit.
    Feierlich verkündete er: »Ich werde dir mein eigenes Rezept für Möwensuppe geben.«
    »Oh, wie schön!« jubelte Danny. »Wart einen Moment, ich such nur rasch einen Schreiber. Okay.«
    »Zuerst«, diktierte Angantyr, »fängt man eine Möwe …«
     
    »Sei doch froh«, ermunterte Arvarodd Hildy, »das ist immer noch sehr viel besser als ›Arvarodd von Permia‹.«
    »Kann sein«, sagte sie traurig, »aber trotzdem …«
    »Nichts mit ›aber trotzdem‹.« Arvarodd seufzte. »Weißt du, ich hab mir damals in meinen Träumen vorgestellt, wie ich am liebsten genannt werden würde – Dichter Arvarodd oder Arvarodd der Versemacher. Aber was verbinden die Leute heute mit meinem Namen? Dieses verdammte Permia.« Etwas fröhlicher fuhr er fort: »Aber wenigstens hat meine Saga überlebt. Im Gegensatz zu der von König Gautrek. Ich hab es ihm damals gleich gesagt, als er mir sein Manuskript gezeigt hat. Ungebildeter Abfall für Leute, die beim Lesen ihre Lippen bewegen müssen.«
    Hildy nickte. Sie hatte nicht den Mut, ihm zu erzählen, daß es die Gautrek Saga ebenfalls durch die Jahrhunderte geschafft hatte und als ein Meisterwerk ihrer Art galt. Menschen sterben, Vieh stirbt, nur glorreiche Taten leben für immer weiter, wie es in der Edda heißt.
    »Aber ich war nie zufrieden mit meiner Saga«, fuhr Arvarodd fort. »Sie müßte gekürzt werden.« Er verstummte und wurde rot.
    »Was ist los, Arvarodd?« fragte Hildy, aber er schaute verlegen beiseite.
    »Ich … ich nehme nicht an, daß …«, stammelte er. »Ach, das ist zuviel verlangt, und ich möchte keine Nervensäge sein.«
    »Was ist denn, Arvarodd?« Hildy beugte sich zu ihm vor.
    Arvarodd räusperte sich und zog ein auf Pergament geschriebenes Manuskript aus dem Kettenhemd. »Also, wenn du vielleicht mal einen Moment Zeit hättest, Vel-Hilda, dann könntest du …«
    Hildy lächelte. »Ich würde mich riesig freuen«, sagte sie und schaute auf das Runengekrakel oben auf der ersten Seite. ›Arvarodds Saga 2: Die letzte Schlacht‹ stand dort geschrieben. Aus dem Blätterbündel flatterte ein vergilbter Papyrusfetzen. Hildy fing ihn auf und betrachtete ihn mit fachmännischem Blick. ›Sehr geehrter Herr Arvarodd, obwohl mir Ihre Arbeit sehr gut gefallen hat, muß ich Ihnen bedauerlicherweise mitteilen, daß ich zur Zeit …‹ Hildy spürte, wie ihr eine Träne aus dem Augenwinkel rann; dann hatte sie eine plötzliche Eingebung.
    »Wann hast du das geschrieben?« fragte sie aufgeregt.
    »Direkt vor der Schlacht von Melvich«, antwortete Arvarodd. »Ich stand zu der Zeit stark unter dem Einfluß von Autoren, die …«
    Hildy überlegte schnell. Das Manuskript war zwölfhundert Jahre alt – was mit der C-14-Methode leicht zu beweisen wäre. Niemand könnte die Authentizität in
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