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Wer hat Angst vor Beowulf?

Wer hat Angst vor Beowulf?

Titel: Wer hat Angst vor Beowulf?
Autoren: Tom Holt
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Zaubererkönig ein.
    »Jetzt ist unsere Zeit in dieser Welt, die unnatürlich lang gewesen ist, zu Ende, und für uns ist es nun soweit, zur ewigen Feier in Odins goldene Halle einzuziehen. Da gibt es Schweinebraten«, fügte er rasch hinzu, bevor Angantyr ihn unterbrechen konnte, »und so viel Met, wie ihr trinken könnt. An der Stirnseite des Tisches sitzt Odin selbst; zu seiner Rechten Thor, zur Linken Freyr, dessen Schwester Freyja eigenhändig den Met einschenkt, und auch die größten Helden sind dabei. Wir werden dort viele alte Krieger wiedertreffen, die wir in längst vergessene Schlachten geschickt haben. Man sagt, daß die Männer in Walhalla morgens in den Kampf ziehen und die Gefallenen bei Nacht zum Fest gehen, um am nächsten Tag wieder zu kämpfen. Wie man mir versichert hat, gibt es dort mittlerweile einen Swimmingpool und eine Sauna. Ich persönlich finde, daß es nicht sehr verlockend klingt, den ganzen Tag über mit einem Haufen toter Krieger zusammengepfercht zu sein, aber ich will euch das nicht ausreden. Ich hab vor, ein gutes Buch mitzunehmen. Jedenfalls segeln wir morgen über das große Meer. Unsere Reise wird lang sein, uns an Island und Grönland vorbei und dann in das ewige Eis führen, bis wir an den äußersten Rand der Welt kommen und vor uns Bifrost erblicken, die Regenbogenbrücke.«
    Hildy kratzte sich am Kopf. Für sie hörte es sich so an, als würden sie direkt Baffinland ansteuern, wenn sie der Route folgten, die der König eben beschrieben hatte. Aber sie hatte Erdkunde schon in der Mittelstufe abgegeben und erst kürzlich herausgefunden, wo Ungarn liegt.
    »Zauberer Eric und ich haben unsere Differenzen beigelegt«, fuhr der König fort, »und er wird mit uns nach Walhalla kommen.« Ein Murren erhob sich am Tisch, aber der König hob beschwichtigend die Hand. »Wir haben alles geklärt«, sagte er bestimmt. »Er ist nicht nur ein böser Mensch, sondern auch unser Widersacher und ein Feind der ganzen Welt gewesen, aber in Walhalla werden sämtliche Feindschaften begraben, weil alle, so sagt man, schon bald der gemeinsame Haß auf das Verpflegungspersonal vereint. Nebenbei bemerkt, ist an Odins Tisch immer Platz für einen Mann, der tapfer ist und gut gekämpft hat – wie ungerecht seine Sache auch immer gewesen sein mag –, und der nichts gegen eine gepflegte Partie ›Koboldzähne‹ einzuwenden hat.«
    Das klang einleuchtend, und das allgemeine Murren legte sich.
    »Hinter uns«, fuhr der König fort, »lassen wir jemanden zurück, der einen Platz in der Gemeinschaft der Helden verdient hat, nämliche unsere Schwester Vel-Hilda Frederikstochter. Ihr haben wir es zu ver … Na ja, sie hat uns geholfen, und Schlachten werden nun mal nicht allein durch Hiebe oder gute Taktiken gewonnen.«
    Da bleibt zwar nicht mehr viel übrig, dachte Hildy. Aber vermutlich meinte er es nett, und sie errötete.
    »Zu unserer Zeit hätten die Skalden ihre Taten besungen, aber es scheint so, als würde diese altnordische Tradition heutzutage bei den königlichen Festmahlen nicht mehr gepflegt. Zu unserer Zeit hätte man sich ihre Geschichte am Feuer erzählt, wenn die Schatten lang sind und die Kinder Gespenster hören, wenn die Schafe auf die Dächer klettern, um das Hauslaub zu fressen. Aber über unseren letzten Kampf wird nie ein Lied geschrieben werden; und so wird man nie erfahren, daß wir hier gewesen sind oder daß wir das getan haben, was wir getan haben. Und so wird es uns allen am Ende der Welt ergehen, obwohl wir uns eingebildet haben, den Tod durch unser Weiterleben in den Worten der Menschen betrügen zu können. Nichtsdestotrotz.« Der König lächelte und gab ein Handzeichen.
    Arvarodd erhob sich und zog eine Harfe unter dem Tisch hervor. »Ich hab das in dem Wagen geschrieben, den wir überfallen haben«, flüsterte er, und Hildys Augen füllten sich mit Tränen. »Ich hoffe, es gefällt dir.«
    »Vel-Hilda«, sagte der König, »du hast dir ein Lied verdient, und du sollst ein Lied bekommen. Arvarodd von Permia«, befahl er mit fester Stimme, »sing uns dein Lied.«
    »Der Name dieses Liedes ist Hildarkvitha«, verkündete Arvarodd. »Jeder unerlaubte Gebrauch dieses Materials kann zur zivil- und strafrechtlichen Verfolgung des Benutzers führen.« Er strich mit den Fingern über die Saiten, holte tief Luft und sang:
    »Hört her!
    Wir haben gehört vom Ruhm
    Gottgleicher Könige
    Hörten das Loblied
    Und die Leidensgeschichte von Prinzen …«
    Hildy unterdrückte ein
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