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Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Titel: Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Autoren: Marie Lu Pera
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holt Onkel Tim herein. „Tim, wie ist das noch mal passiert?“
    „Sie ähm, ist gestürzt, über ähm … über die … Katze … auf die … ja Treppe … genau.“ Mann, wenn er schon lügt, sollte die Story zumindest glaubwürdiger rüberkommen.
    „Aha“, stößt der Doktor stirnrunzelnd aus. Er glaubt ihm kein Wort.
    „Wie heißt du?“, probiert es Fynn erneut. Gibs auf.
    „Hope“, antwortet mein Onkel für mich.
    „Hoffnung – welch schöner Name.“ Ja, krieg dich wieder ein.
    „Tim“, unterbricht der Doktor die Flirtattacke, die Fynn zugegebenermaßen echt gut drauf hat. „Ich schlage vor, ihr fahrt ins Krankenhaus. Die Hand sollte zur Sicherheit noch geröntgt werden. Vielleicht ist ein Knochen verletzt.“
    „Na wunderbar“, stößt Onkel Tim aus und deutet mir mit einer genervten Handbewegung, dass ich meinen Arsch hier rausschaffen soll. Das würde er mir zu gerne an den Kopf knallen, aber das erlaubt seine Selbstbeherrschung nicht. Zumindest nicht vor den Leuten. Was passiert, wenn wir wieder allein im Auto sind, vermag niemand vorherzusehen.
    An der Eingangstür hält mich Fynn mit einem „Hope“ zurück. Ich stoppe, drehe mich aber nicht um. „War schön, dich kennengelernt zu haben.“ Ich rolle mit den Augen. Mann, krieg dich wieder ein.
    Ohne darauf zu reagieren, steige ich ins Auto und lehne meinen Kopf ans Fenster.
    „Sieh nur, was du angerichtet hast. Jetzt lüge ich schon für dich. Bob kann nichts für sich behalten. Wenn ich ihm die Wahrheit über deine Aggressionen gesagt hätte, wäre dein Ruf im Dorf schon am ersten Tag ruiniert.“ Ja klar – Kleinstadtsyndrom. Mir ist es aber vollkommen egal, was die Leute über mich denken. Hauptsache, sie lassen mich in Ruhe.
    Die ganze Autofahrt lang schimpft Onkel Tim vor sich hin. Ihm scheint es gewaltig durch den Strich zu gehen, dass er die Austauschschüler, die bei seiner Familie leben sollen, nicht selbst begrüßen kann. Na wunderbar. Wahrscheinlich sind sie alle bei einer internationalen Bibelgruppe, die die Sprösslinge tauschen – zur gegenseitigen Bekehrung.
    Vor dem Krankenhaus setzt mich Tim ab, steckt mir ein paar Geldscheine zu und braust davon. Mein Onkel hat mir aufgetragen, mir ein Taxi zu nehmen, wenn ich fertig bin. Bin ich froh, immerhin bleibt mir so eine Autofahrt mit dieser Quasselstrippe erspart.
    Im Krankenhaus ist nicht sehr viel los. Sie sagen, die Straßen sind total vereist und viele Leute bleiben zu Hause. Naja, zumindest komme ich so früher dran.
    Sie verpassen mir einen Verband, da die Hand nur geprellt ist. Eine Schwester klatscht mir daraufhin einen Eisbeutel an die Birne. Nach zwanzig Minuten bin ich fertig und steige in ein Taxi zurück zum Haus meines Onkels. Der Schneefall ist noch stärker geworden, was den Taxifahrer im Sekundentakt fluchen lässt.
    Irgendwo im Nichts fährt er rechts ran und schmeißt mich raus. Die Straßen sind unpassierbar – sagt er zumindest. Seine Wegbeschreibung: „Immer der Nase nach“, lässt Aggressionen in mir aufsteigen. Dann heißt es also ab jetzt zu Fuß gehen. Das hat mir gerade noch gefehlt. Die Temperaturen liegen weit unter dem Gefrierpunkt. Der Wind bläst so stark, dass mich meine Jacke kaum zu wärmen vermag. Meine Zehen sind schon auf halber Strecke abgestorben. Stoisch setze ich nur mehr noch einen Fuß vor den anderen.
    Ich weiß nicht wie, aber nach einem Horrortrip durch das Schneegestöber tut sich dann doch das Haus meines Onkels vor mir auf.
    Natürlich klopfe ich mir die Stiefel keine siebenmal ab. Zugegebenermaßen hätte ich ganz schön Lust, ihnen ein: „Hallooooo, ich trete ein und bringe jede Menge Unglück herein“, ins Haus zu brüllen.
    Im Flur reiße ich mir erst einmal die völlig durchnässte Jacke und Haube vom Leib. Auf dem Spießrutenlauf vorbei an der Deko, die den Weg förmlich pflastert, bleibt mein Fuß irgendwo hängen, was mich vorwärtsstolpern lässt. Mit einem dumpfen Laut legt es mich so richtig schön der Länge nach hin. Nach ein paar Sekunden rolle ich mich genervt auf den Rücken. Strohsterne, die sich von einem Mobile über mir gelöst haben, rieseln auf mich nieder. Schützend halte ich mir die Arme übers Gesicht. So was kann nämlich ins Auge gehen.
    Einen kurzen Moment bleibe ich einfach liegen und frage mich, ob Deko töten kann.
    Ein „Hast du dich verletzt?“, lässt mich die Arme vom Gesicht nehmen. Der nächste heiße Typ kniet über mir. Der hier hat aber schwarze Haare und Wimpern, für die jede
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