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Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Titel: Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Autoren: Marie Lu Pera
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Frau töten würde. Seine Züge sind so männlich, dass ich meinen Blick nur schwer abwenden kann. Halleluja jauchze ich in Gedanken, während ich mich hochrapple. Als Draufgabe stoße ich gleich noch einen Weihnachtsengel vom Regal, an dem ich mich hochziehen wollte. Er stürzt kopfüber zu Boden. Der Muskelprotz fängt ihn natürlich im freien Fall, schnappt mich auch noch gleich und zieht uns beide hoch. Einige Sekunden sehen wir uns an. Wieso ist es plötzlich so heiß hier drin?
    „Jetzt halte ich bereits zwei Engel in meinen Armen“, reißt mich aus dem Schmachten. Okay, Herzensbrecher-Alarm. Gegen solche schleimigen Typen bin ich immun. Zumindest versuche ich mir das einzureden. Im nächsten Augenblick reiße ich mich von ihm los und schüttle genervt die Sterne ab.
    „Wir wurden einander noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Lucien. Ich und zwei weitere Männer sind hier zu Gast.“ Männer? Der ist höchstens neunzehn. Auch er spricht in diesem eigenartigen Dialekt. Die stammen wohl alle aus demselben Land.
    Unbeeindruckt lasse ich Mister Perfekt stehen und betrete den Wohn-Essbereich. Zwei weitere Jungs erheben sich synchron von der Couch. Einer von ihnen trägt eine Mönchskutte. Der andere hat braune, strubbelige Haare und scheint ebenfalls im selben Bodybuilding-Programm zu sein.
    „Das sind Kadien und Tristan“, stellt sie Lucien vor. Beide nicken. Was für seltsame Namen.
    Tristan – der Strubbelhaar-Muskelprotz fragt: „Und wie ist dein Name?“
    Ich habe Kopfschmerzen. Eigentlich will ich nur in Ruhe gelassen werden. Dementsprechend genervt trete ich ans Fenster und öffne es. Der Sturm weht Schnee herein. Ich frage mich, ob dieser kurze Moment reicht, um schockgefrostet zu werden. Den Gedanken verwerfe ich sogleich – meinen Chemiekurs reflektierend – während ich nach einer Handvoll Schnee vom Fensterbrett greife. Damit lasse ich mich, ihnen den Rücken zukehrend, auf den Hocker am Küchentresen sinken.
    Mithilfe eines gezielten Schlages auf die Tischkante, öffne ich den Kronkorken der Colaflasche, die ich aus einem Automaten im Krankenhaus befreit habe und nehme einen genüsslichen Schluck. Tut das gut. Mit der anderen Hand klatsche ich mir den Schnee an den pochenden Schädel. Die Kohlensäure lässt mich laut rülpsen. Ups. Ich hatte ganz vergessen, dass ich Gesellschaft habe. Hoffentlich haben sie es nicht mitbekommen – obwohl, das war ja kaum zu überhören.
    „Hat sie gerade gerülpst?“, stößt einer von ihnen aus. Ich lächle. Das schickt sich in ihrer Glaubensgemeinschaft wohl nicht.
    Die blöde Katze springt neben mir auf den Tresen und stößt mit ihrem Kopf an meinen. Dabei schnurrt sie so laut, dass es mir die Gänsehaut aufzieht. Der kurze Moment hat gereicht, einen erneuten Niesanfall zu provozieren, bevor ich sie vom Tresen schupsen konnte.
    Plötzlich zieht jemand neben mir scharf die Luft ein. „Was machst du da?“ Onkel Tim hat die Augen weit aufgerissen. Hey, die Katze ist sauber gelandet. Die haben sowieso mehrere Leben.
    Tim kommt auf mich zu und reißt mir die Flasche aus der Hand. „Was zum …?“ Sein Blick ist so ärgerlich, als hätte er mich gerade mit einer Flasche Bier erwischt.
    „Das kommt mir nichts ins Haus“, erklärt er wütend. Vor meinen Augen kippt er den Inhalt der Flasche in die Spüle. Da geht sie hin, meine Kaffee-Ersatzdroge.
    „Hast du die Regeln nicht gelesen?“ Nein, die müssen mir wohl, unter tonnenweise Deko begraben, entgangen sein.
    „Du bist wohl eine Rebellin, Fräulein. Aber die Faxen werde ich dir schon noch austreiben.“ Viel Glück. „Du bist nicht vorzeigbar. Sieh nur, wie du aussiehst. So etwas kann ich meinen Gästen nicht zumuten. Geh in dein Zimmer!“ Stapf du mal stundenlang durch den Schnee.
    Mal sehen, ob
du
dann noch vorzeigbar bist. Als ich nicht gleich reagiere, bäumt er sich vor mir auf.
    „Mach schon Hope, ich werde mich nicht wiederholen.“ Ich tu doch gar nichts. Lass mich doch noch ein bisschen auftauen, bevor ich auf den kalten Dachboden zurück muss.
    Ein ungeduldiges „
Na
warte
, Fräulein“, gefolgt von seiner Hand an meinem Arm, die mich vom Hocker zieht, soll seinen Worten wohl Nachdruck verleihen.
    Ich keuche vor Schmerz. Der Arm hat wohl auch etwas abbekommen. Onkel Tim lässt mich abrupt los und funkelt mich böse an. „Sag bloß, du hast dich auf dem Arm auch noch verletzt. Du machst wohl keine halben Sachen, was?“ Sieht ganz so aus.
    Augenrollend lasse ich ihn stehen und steige
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