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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt...
Autoren: Richard Gordon
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Jenkins.
    »Vielleicht könnte sie sich um die Patientenkartei kümmern.«
    »Das wäre eine Erleichterung, das muß ich schon sagen.« Mrs. Jenkins zögerte. »Ich nehme an, sie ist verläßlich?«
    »Sie meinen ehrlich, nicht wahr?«
    »Genau das.«
    »Wenn Sie für die Dummheit eines Augenblicks so gebüßt hätten wie Annabel, würden Sie dann nicht auch so ehrlich werden wie George Washington?«
    Sie wechselte das Thema. »Offenbar stehen Sie schon wieder in der Zeitung.«
    Das Churchford Echo brachte an diesem Morgen auf der ersten Seite einen schwungvollen Artikel über meine Ansichten, mit denen ich gegen den Strom der öffentlichen Meinung schwamm.
    »Es ist mein bescheidener Beitrag zur Reduzierung der Kindersterblichkeit«, erklärte ich Mrs. Jenkins. »Die Kanalisation des Dower House, des ehemaligen Witwensitzes, hat bekanntermaßen schon vielen Witwen das Leben gekostet.«
    Mein erster Patient an diesem Tag war der Vikar. Er litt unter Angstzuständen, Kopfschmerzen und Herzklopfen.
    »Mein Versuch, Ihnen zu helfen, Doktor, hat mich überraschenderweise ganz schön durcheinandergebracht«, bekannte er und rutschte nervös auf dem Behandlungsstuhl herum. »Ich hatte plötzlich das Gefühl, daß mir meine Arbeit als Vikar über den Kopf wächst; besonders, weil ich in diese abscheuliche Entscheidung über die Schließung des Dower House verwickelt bin. Wie ich gehört habe, sind Sie dafür.«
    »Sowohl die Politiker als auch ihre Wähler sind von dem Gedanken an Krankenhäuser besessen, in denen die Bevölkerung genauso wenig gesund wird wie in der Kirche religiös.«
    »Gestern abend fühlte ich, daß ich mit meinem Latein am Ende war«, gestand er düster. »Wenn man allein in diesem viktorianischen Pfarrhaus wohnt, kann man schon auf Selbstmordgedanken kommen, wissen Sie. Niemand ist da, dem man sein Herz ausschütten kann. Deshalb dachte ich mir, es sei das beste, Sie einmal aufzusuchen, Doktor. Ich glaube, zu diesem Entschluß kommen viele Ihrer Patienten? Es scheint sonst niemanden zu geben.«
    Ich griff automatisch nach meinem Rezeptblock.
    »Das englische Arzneimittelbuch«, sagte ich tröstend, »enthält, wie die Heilige Schrift, alles, was man braucht, um erlöst zu werden.«
    Ich schrieb ihm ein Rezept für Valium aus.
    Mir kam ein Gedanke. »Wenn Sie jemanden benötigen, der ein mitfühlendes Ohr - ob Tag, ob Nacht - hat, rufen Sie bei den Samaritern an, und fragen Sie nach Mrs. Osgood. Ich kann sie nur empfehlen.«
    Er dankte mir mit warmen Worten. Ich hatte das Gefühl, daß ich ihn für die Hochzeit am Samstag in einer Woche in Höchstform bringen mußte.
    Abends im Golfclub traf ich Doktor Quaggy.
    »Richard, wir beide sind doch so alte Freunde«, erklärte er hartnäckig, während er mich mit einem Gin-Tonic in der Hand in eine Ecke drängte, »und ich würde meine erste Pflicht als Freund verletzen, wenn ich dir nicht sagte, wie bestürzt die gesamte Ärzteschaft von Churchford darüber ist, daß du diese herzlose Entscheidung der Regierung, das Dower House zu schließen, auch noch unterstützt. Ich kann mir vorstellen, daß Lord Churchford fast einen Schlaganfall bekommen hätte, als er heute morgen das Echo las. So habe ich überhaupt von deiner Stellungnahme erfahren, wie der Zufall eben so spielt«, verkündete er mir. »Seine Lordschaft rief mich an, als ich beim Frühstück saß, und fragte mich, ob ich ihn als Privatpatienten übernehmen würde. Du hast doch hoffentlich nichts dagegen?«
    »Überhaupt nichts«, erklärte ich großzügig. An wen erinnerte er mich bloß? Meine Verwirrung machte langsam der Wut darüber Platz, daß es mir nicht einfiel.
    »Ich sehe nicht ein, warum ich alle distinguierten Patienten von Churchford haben soll«, gab ich zu.
    »Wir verstehen natürlich, daß du dich Jim Whynn gegenüber verpflichtet fühlst, nachdem du ihn in solche Schwierigkeiten gebracht hast«, fuhr Doktor Quaggy sanft fort. »Und dann ist da natürlich der tolle Job, den er dir angeboten hat, in dem Regierungskomitee, das die übrigen praktischen Ärzte unter die Lupe nehmen soll.«
    »Woher weißt du das?« fragte ich ärgerlich.
    »Oh, es hat sich in Churchford herumgesprochen«, informierte er mich liebenswürdig. »Ich glaube, die Neuigkeit wurde von Mrs. Whynn verbreitet. Sie schien zu glauben, daß wir begeistert wären, sie in dem Hausärztekomitee zu sehen, wenn du solch eine mächtige Position innehättest. Ich nehme an, sie wollte damit vage andeuten, daß über ihren
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