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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt
Autoren: Britta Strauss
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Kämpfers. Greg glaubte, sein Schädel müsste platzen. Zwei uralte Mächte boten einander die Stirn. Die eine hungernd nach Energie und Wissen, die andere nach Erlösung strebend. Schließlich, als die Seele des Mayas bereits ermattete und kurz davor war, von ihm einverleibt zu werden, verebbte der Sog in Gregs Geist. Kraftlos fiel er in sich zusammen.
    Es war vorbei. Er war gescheitert. Der Zorn des Kriegers streifte noch einmal seine Wahrnehmung und schleuderte ihm all seine Verachtung entgegen, dann löste sich seine Seele auf. Strebte hinaus in den Äther und hinterließ nichts als einen verwehenden Hauch uralten Wissens.
    Greg lag auf dem Rücken, müde wie nie zuvor. Eine Lähmung schien seinen Körper gefangen zu halten, doch er spürte, wie die Kraft bereits in ihn zurückkehrte. Reglos lag er da und ließ sie ihr Werk verrichten, bis seine Beine ihn wieder trugen und er sich aufrichten konnte. Seine Hände zitterten, als er den Kristall aus seinem Käfig nahm. Er drückte ihn an die Brust, spürte das Pulsen der Energie und seufzte vor Entzückung, als sein Körper einen Gleichklang zu dieser kosmischen Schwingung fand. Der zweite Kristall würde bald ihm gehören. Greg wusste, wo er zu finden war. Am anderen Ende der Welt in einer geheimen Kammer der Cheops-Pyramide. Das Versteck des dritten und letzten Kristalls jedoch kannte er nicht. Noch nicht. Aber es kümmerte ihn nicht. Wenn auch der Rest der Legende der Wahrheit entsprach, lag ihm die Ewigkeit zu Füßen.

KAPITEL I
Dunkelheit

    Liebe ist die stärkste Macht der Welt,
und doch ist sie die demütigste,
die man sich vorstellen kann.
    (Gandhi)

    Portland, Maine, 2. Mai 2005
    „
W as glauben Sie, was das ist? Ein Schwan? Ein Hahn?“
    Mary sog die Luft zwischen den Zähnen ein, als der Arzt die Wunde desinfizierte. Ihr Dasein war ohnehin merkwürdig, aber am frühen Morgen durch die Schmerzen eines Brandmals aufzuwachen, von dem sie sich nicht erklären konnte, wie es auf ihr Handgelenk gekommen war, stellte selbst für ihre Verhältnisse eine besondere Merkwürdigkeit dar.
    „Es sieht mir nach einem Phönix aus“, mutmaßte Dr. Valantine. „Sehen Sie hier? Sein Schwanz geht in Flammen über. Und die Krone auf seinem Kopf scheint ebenfalls aus Feuer zu bestehen.“
    „Ein Phönix?“
    Marys Unsicherheit vertiefte sich. Ein Hahn oder ein Schwan hätte der Situation etwas von ihrer Unheimlichkeit genommen, doch ein mystischer Vogel, der das Sterben und die Wiedergeburt symbolisierte, verursachte Gänsehaut.
    „Sie wissen, was er bedeutet?“ Dr. Valantines offene Sorge machte die Situation nicht einfacher. Das starre Gesicht des Arztes, sein eindringlicher Blick und das Timbre seiner Stimme waren eine Bestätigung für ihre Ängste, die sich immer weiter in den Vordergrund drängten. „Er verbrennt und entsteht aus der eigenen Asche neu.“
    „Natürlich kenne ich die Legende des Phönix.“ Die Antwort klang harscher als beabsichtigt. „Wer kennt sie nicht?“
    „Gehen Sie bitte umgehend zur Polizei. Ich weiß, Sie haben es an dem Abend mit dem Feiern übertrieben, aber mit diesem Brandmal ist nicht zu spaßen. Oder besser gesagt mit der Absicht dahinter.“
    „Ich hatte geschätzte zwei Flaschen Pflaumenwein intus.“ Mary sank peinlich berührt zusammen. Es genügte nicht, dass sie sich vor ihren Freuden wie eine Schnapsdrossel aufgeführt hatte. Nein, auch Dr. Valantine war zugegen gewesen. „Das ist Rekord für mich. Ich konnte nicht mal mehr geradeaus gehen.“
    „Trotzdem“, beharrte er. „Das ist kein Dummer-Jungen-Scherz. Und selbst wenn, ist es immer noch Körperverletzung. Können Sie sich an nichts erinnern?“
    „Nein. Susie brachte mich nach Hause, ich stieg aus und dann … Blackout.“
    Der Arzt wiegte nachdenklich den Kopf. „Menschen wachen nach einer durchzechten Nacht mit den merkwürdigsten Andenken auf. Mich hat man mal zu meiner Studentenzeit wie einen Weihnachtsbaum dekoriert, und wo sich die Spitze befand, wollen Sie nicht wissen. Aber das hier ist etwas anderes, Mary. Es ist ein perfektes Brandmal, keine ungeschickt gestochenen Punkte und keine alberne Tätowierung. Außerdem macht mir die Bedeutung des Symbols Sorgen. Moment, was ist das denn?“
    Dr. Valantine fasste Marys Haarflut mit einer Hand im Nacken zusammen. Als seine Finger zu tasten begannen, zuckte sie zusammen.
    „Das tut weh. Was ist das?“
    „Sie haben hier einen Einstich. Aber er ist zu groß für einen Insektenstich. Können Sie sich an
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