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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt
Autoren: Britta Strauss
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Bewusstsein zu erweitern. Für etwas Neues. Für eine neue, wunderbare Welt, in der niemand mehr Lügen als Wahrheit verkauft. In der ihr endlich bekommen werdet, was ihr verdient. Für die Freiheit.“
    Daniel hörte sich lachen. „Was für eine Scheiße. Freiheit für dich, klar. Und natürlich wirst du ihnen die Wahrheit sagen und ihnen das geben, was sie deiner Meinung nach verdienen. Wenn deine Macht unendlich ist, hast du Lügen nicht nötig. Sag es ihnen, Arschloch. Sie sollten die ganze Wahrheit kennen.“
    Der alte Mann neigte lächelnd den Kopf. „Das Feuer, Nikolai. Zünde es an.“
    „Moa’ri!“, rief Daniel. „Ich weiß, du hörst mich. Lass nicht zu, dass deine Schwester brennen muss. Wehre dich gegen ihn.“
    Durat brach in Gelächter aus. „Unnütz, mein Lieber. Moa’ri ist Geschichte. Seine Seele existiert nicht mehr.“
    „Seelen können nicht sterben. Das solltest du wissen. Moa’ri, zeig mir, dass du mich hörst.“
    „Jini abi cha’an tsa’ i-mele jini ik’ajel.” Durat fasste sich an die Kehle, doch die Worte drangen unkontrollierbar aus seiner Kehle. Sie kamen leise, kaum hörbar für gewöhnliche menschliche Sinne, doch für Daniel bedeuteten sie Hoffnung. „Tsa’ix. Tyal-ix i-kux-onla jael wäle.“
    Angst weitete Durats Augen. „Was bedeutet das?”, fauchte er zwischen zusammengebissenen Zähnen. „Was hat er gesagt?“
    „Er sagt, du willst Dunkelheit über die Welt bringen. Doch der Jaguar kommt, um auch dich zu fressen. In Moa’ris Mythologie gibt es viele Weltenalter. Immer wieder versuchten Menschen, die ultimative Macht zu erlangen. So wie du. Doch so oft sie es versuchten, so oft sandten die Götter reinigende Katastrophen, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Isujmel-ech. Das ist die Wahrheit. Du magst viele Seelen vernichtet haben, aber diese bekommst du nicht. Sie ist zu stark für dich.“
    „Nikolai!” Durat taumelte zurück, kläglich um Fassung bemüht. Sein Zorn erreichte die Schwelle, hinter der er nicht mehr kontrollierbar war. Je schwächer Gregs Fassung wurde, umso stärker wurde die um Freiheit kämpfende Seele in seinem Inneren.
    „Moa’ri!”, rief Daniel, während die Flammen bereits an den ersten Scheiten leckten. „Moa’ri! Hilf uns. Lass deine Schwester nicht sterben!“
    „Es ist so weit.“ Erneut hob Durat seine Arme.
    Nikolai trat zu Elena, um auch ihren Scheiterhaufen zu entfachen. Es durfte nicht sein! Wenn er starb, mochte es so sein. Aber nicht sie! Nicht Elena! Daniel spürte die Hitze der aufschlagenden Flammen. Schmerzen jagten von seinen Füßen durch den gesamten Körper, bündelten sich im Gehirn und fluteten es mit sengender Qual. Alles, woran er denken konnte, war die Gewissheit, dass Elena dasselbe erdulden musste. Wie lang würde es dauern, bis der Tod sie erlöste? Sekunden konnten zur Ewigkeit werden. Schmerz so groß, dass er selbst eine starke Seele zerbrach.
    „Trinkt das Fläschchen, das ich euch gegeben habe.“
    Durat trat zwischen die beiden Kristalle. Ihr Summen wurde lauter. Übertrug sich auf den Wind, das Meer und das Feuer. Unter den fauchend aufschlagenden Flammen warfen Daniels Unterschenkel Blasen, doch der Schmerz war ihm gleichgültig. Er sah nur das Feuer, das an Elenas Scheiterhaufen leckte. Höher und höher. In ihren Augen stand nackte Panik.
    „Trinkt, und ihr werdet erlöst werden.“
    Die Männer und Frauen taten, was ihnen gesagt wurde. Synchron hoben sie ein kleines Fläschchen aus blauem Glas an ihre Lippen, tranken dessen Inhalt und ließen es anschließend in den Sand fallen. Singend begannen sie, sich in eine gespenstische Trance zu wiegen.
    „Phönix.
Rein und erhaben.
Neu geboren aus Salz und Asche.
Nimm unsere Seelen
und befreie uns,
so wie wir dich befreien.
Mit Salz und Asche.“
    Ein Schrei wollte aus Daniels Kehle dringen, doch er ließ ihn nicht frei. Die Flammen erreichten seine Hüfte, ließen seine Haut brodeln. Und doch blieb er stumm, lenkte den Schmerz nach innen, versuchte, standhaft zu bleiben. Für Elena. Sein Blick verlor sich in den wenigen Sternen, die das Licht der Kristalle nicht überstrahlte.
    „Trink, Nikolai”, hörte er Durat von fern befehlen. „Tu es.“
    Verschwommen sah er, wie sein ehemaliger Schüler gehorchte. Als er das leere Fläschchen beiseitewarf, stürzten bereits die ersten Sterbenden zu Boden. Die, die noch aufrecht blieben, sangen monoton das Lied. Immer mühsamer, immer leiser. Daniel sah das Bild vor sich, das von all dem übrig
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