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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt
Autoren: Britta Strauss
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starren Mienen. Sie warteten.
    „Keine Angst.“ Um jedes Wort musste er kämpfen. Er hoffte, dass Elena ihn verstand. „Der Schmerz wird nicht lange dauern. Danach bist du frei. Ich weiß es, ich bin schon zweimal gestorben. Es ist nicht schlimm.“
    „Daniel …“
    Er hörte ihre Stimme kaum. Sie war so undeutlich, dass er sich nicht einmal sicher war, ob er sie wirklich gehört hatte.
    „Ich werde immer bei dir sein.“ Langsam wurde seine Stimme deutlicher. „Ich lasse dich nicht allein. Hab keine Angst, Elena.“
    Tränen liefen über ihre Wangen, während ihr Gesicht nach wie vor die Maske trügerischer Ruhe aufrecht erhielt. Seine Seele war voller Angst. Elenas Angst. Sie fürchtete nicht den Tod, sondern das Sterben. Den Schmerz des Feuers. Und er konnte nichts tun, um ihr diese Furcht zu nehmen.
    Drei Gestalten traten aus der schwarzen Menge auf ihn zu. Eine davon war Nikolai. Eine brennende Fackel tragend humpelte er auf ihn zu, das Gesicht starr und bar jeder Emotion. Er würde das Feuer entfachen. Er würde ihn und Elena brennen lassen.
    Unbezähmbarer Hass loderte auf. Er versuchte, ihn zu kanalisieren, lenkte die Kraft in seine Muskeln, hoffte, genügend sammeln zu können, um seine Fesseln zu sprengen. Energie strömte in die Fasern seines Körpers, doch sie schien zu vergehen wie Wassertropfen auf einem heißen Stein. Er würde es nicht schaffen. Was immer sie ihm verabreicht hatten, es entfaltete seine fatale Wirkung mit Effektivität. Verzweifelt riss er an den Fesseln, nur um erkennen zu müssen, dass sie unmöglich zu zerstören waren.
    „Häng nicht so sehr am Leben“, sagte der alte Mann vor ihm.
    Es war Tony Durat. Marys und Moa’ris Mörder. Der Mörder vieler Leben. Und bald der Zerstörer dieser Welt.
    „Du weißt, dass der Tod nicht das Ende ist. Wir beide erfüllen unser Schicksal. Wir gehen den uns vorbestimmten Weg.“
    „Es sei denn, du quatschst mich vorher tot.“ Seine Wut war nicht länger zurückzuhalten. Elena und er würden sterben, die Welt im Feuer der Kristalle brennen. Was gab es noch zurückzuhalten? Er hatte versagt. Die göttliche Macht, geschaffen, um Harmonie entstehen zu lassen, würde in den falschen Händen enden und unsagbares Leid erschaffen. Für alle, die das Feuer der Erneuerung überlebten. „Du kannst deine Bauchpinseler an der Nase herumführen, aber nicht mich. Willst du ihnen nicht die Wahrheit sagen? Darüber, wer du bist und was du vorhast? Willst du ihnen nicht sagen, dass sie nur schmückendes Beiwerk in den Träumen eines Wahnsinnigen sind?“
    „Sei still!” Zorn blitzte in Durats Augen auf. „Du solltest mir dankbar sein. Ich wählte dich aus als reinstes aller Opfer. Dich und deine Gefährtin. Ihr werdet uns befreien. Uns alle. Die nächste Stufe des Bewusstseins, in die ihr uns führen werdet, ist vollkommen. Ohne Schmerz, Leid oder Angst.“
    Daniel antwortete mit einem maliziösen Grinsen. „Grob übersetzt heißt das: Ich lege die Welt in Schutt und Asche, erschaffe sie nach meinen Vorstellungen neu und mache die Pechvögel, die das überleben, zu meinen Sklaven.“
    Durats Lippen wurden zu weißen Strichen. Dennoch zwang er sich zu einem Lächeln, wandte sich um und hob in einer theatralischen Geste die Arme. Die Gesichter seiner Jünger erhellten sich. Ihr gesunder Verstand war nur noch eine Ahnung hinter Lügen flüsternder Verblendung. Als Nikolai sich niederkniete und mit reglosem Gesichtsausdruck die Bündel auspackte, ging ein leises Raunen durch die Menge. Das Flüstern wurde erregter, als der erste Lichtschimmer die Nacht erhellte, und fand zu ekstatischen Höhen, als die Kristalle enthüllt waren. Schwerelos schwebten sie über dem Sand, makellos in ihrer Schönheit, so rein und erhaben, dass der Gedanke, etwas Böses könne durch sie verursacht werden, absurd erschien.
    Nikolai wich vor den Kristallen zurück, stellte sich neben den Holzstapel, über dem Daniel gefesselt war, und richtete seinen Blick in unergründliche Ferne. „Meine Kinder“, tönte Durat. „Lange habt ihr auf eure Befreiung gewartet. Manche von euch begannen zu zweifeln, und das ist gut so, denn wer aufhört zu fragen, hört auf, sich zu verändern. Aber Leben ist Veränderung. Leben ist Wandel. Lasst uns heute Nacht das alte, unvollkommene Leben in dieser unvollkommenen Welt beenden, um aufzusteigen wie Phönix aus der Asche. Lasst uns heute das Reinste aller Opfer darbringen, um eine neue Welt für jene zu erschaffen, die bereit sind, ihr
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