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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Autoren: Astrid Ruppert
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Dank!«
    »Frau Hummel?«
    »Sie hat Lebenserfahrung, und mit ihrer großen persönlichen Zuwendung hat sie gespürt, dass bei unserer Braut Nina etwas nicht stimmt. Ich wollte es nicht sehen, weil ich ein großes Interesse an der Verbindung hatte, das Geschäft, die Sorge um das einzige Kind, nun, da gab es genug, was mir den Blick verstellte. Der Bräutigam hat es natürlich auch nicht bemerkt, und Nina, Sie haben sie jetzt nicht kennengelernt …«
    »Nein, leider …«, warf Liz bedauernd ein und hörte gebannt weiter zu.
    »Nina ist sehr zielstrebig, und sie wollte immer die perfekte Tochter sein, dabei hat sie vergessen, dass sie vor allem eine glückliche, junge Frau sein sollte. Und das haben wir nun, dank Frau Hummel, geradegerückt.«
    »Oh.« Liz war blass geworden. Sehr blass. Da hatte sie wohl einen schlimmen Fehler gemacht. Einen entsetzlichen Fehler. Wie sollte sie das bloß jemals wiedergutmachen?
    »Und sie hat mir persönlich einen sehr großen Gefallen getan. Es ist nicht leicht, altes Narbengewebe so zu behandeln, dass es heilen kann, aber sie hat uns definitiv allen sehr geholfen. Frau Baumgarten, darf ich Sie bitten, mir eine Rechnung zu stellen über alles. Wir haben Ihre Zeit und Ihr Know-how in Anspruch genommen, und ich bitte Sie, das abzurechnen. Ich weiß, an einer Hochzeit hätten Sie mehr verdient …«
    »Darauf kommt es nicht an«, unterbrach ihn Liz. »Das hat sich jetzt vielleicht so angehört, aber das wollen wir nicht. Wir wollen glückliche Hochzeiten, nur das!«
    »Und ich möchte mich Frau Hummel gegenüber gerne persönlich erkenntlich zeigen. Wann treffe ich sie denn hier wieder an?«
    Liz wurde ganz schlecht. Sie hatte Annemie Hummel hinausgeworfen wie einen Straftäter, und dabei hatte sie alles so gut gemacht, wie sie selbst es wahrscheinlich gar nicht hinbekommen hätte. Sie musste unbedingt zu ihr. Ganz schnell, ganz schnell zu ihr, um sie um Verzeihung zu bitten.
    »Wissen Sie was, ich gebe Ihnen mal ihre Adresse, da ist sie jetzt sicherlich.«
    »Die Adresse habe ich«, erwiderte Claus Winter, und Liz zog erstaunt die Augenbrauen hoch.
    »Ich habe sie dort zum Abendessen abgeholt und wieder nach Hause gebracht. Mein Navi wird den Weg finden!«

    Liz vergrub beschämt ihr Gesicht in den Händen, nachdem Claus Winter gegangen war. Unfassbar, was sie alles zu Annemie Hummel gesagt hatte! Nur weil sie frustriert war über ihr eigenes Leben und ihr eigenes Pech, hatte sie alles auf Frau Hummel geschoben, die ihr Bestes gegeben hatte, um den Laden am Laufen zu halten. Dabei war sie gar nicht erpicht auf diese Aufgabe gewesen. Da platzte eine Hochzeit, und alle waren glücklich! Frau Hummel sei Dank, hatte er gesagt. Sie musste jetzt wirklich sofort zu ihr hingehen, sie schämte sich entsetzlich. So gut sie konnte, humpelte sie zum Telefon, um sich ein Taxi zu rufen, humpelte zur Tür, schloss ab und arbeitete sich schon einmal das Treppchen vor dem Laden hinunter, weil sie für alles so entsetzlich lange brauchte. Dabei hatte sie jedenfalls genug Zeit zu überlegen, was sie zu ihrer Entschuldigung vorbringen könnte, und genug Zeit, um zu merken, dass sie sich so mies verhalten hatte wie selten in ihrem Leben.
    Als Annemie die Tür öffnete, erschrak Liz. Aus Annemie Hummels Gesicht war das Leuchten gewichen, das die ganze Zeit über in ihren Augen gewohnt hatte. Ihre blauen Augen waren matt, und sie verzog kaum eine Miene, als sie Liz sah.
    »Frau Hummel …«
    Liz brach in Tränen aus, als sie sah, was sie angerichtet hatte. Sie bat sie um Verzeihung, sie erklärte ihr alles, von Simon, von ihrem Bein, von dem Zaunkönig, sie erzählte, wie begeistert Claus Winter von ihr gesprochen hatte, wie dankbar sie ihr war, wie sie sich schämte, sie goss ihr ganzes beschämtes Herz vor ihr aus. Doch Annemie verzog immer noch keine Miene.
    So etwas wie ein mechanisches Lächeln hob zwar ihre Mundwinkel, doch die Augen erreichte es nicht.
    »Machen Sie sich keine Gedanken, Kindchen«, erwiderte Annemie, nachdem Liz verstummt war. »Es ist schon alles gut so, wie es ist. Ich bin auch froh, dass es vorbei ist. Und das mit dem Backen, ich wollte Ihnen sagen, dass es mir sowieso zu viel geworden ist. Es wäre mir doch lieber, wenn Sie sich nach jemand anderem umschauen. Ich glaube, ich bin zu alt geworden.«
    Wieder lächelte sie auf diese ungewohnt mechanische Weise, und als sie die Tür geschlossen hatte, überlegte Liz fieberhaft, was sie tun könnte, um Annemie zu zeigen, wie leid
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