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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
Autoren: Boje Verlag
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jetzt eine Woche lang Zeit hätte, darüber nachzudenken. Beim Hausarrest. In die Schule dürfe ich gehen, aber sonst nirgendwohin.
    Als Paps all das gesagt hatte, schäumte auch ich vor Wut. Meine Stimme wurde scharf wie ein Geierschnabel und ich sagte ihm, wie ich seinen Von-oben-herab-Erziehungsstil hasse. Und wieso bitte schön Lügen? Ich hatte gestern nach 19 Uhr kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Wie konnte ich da gelogen haben? Und   – mal ehrlich! Wer war hier nicht offen und ehrlich? Wer hat denn hinter meinem Rücken zu Tom gesagt, ich sei müde und krank?
    »Ich bin ein freier Mensch!«, brüllte ich den rotgesichtigen Wutvater an und vermutlich sah ich dabei ganz ähnlich aus wie er. »Übrigens gehe ich aus dem Haus, wann es mir passt.« Ich sah ihm direkt in die Augen, als ich überdeutlich weitersprach: »Und eins sage ich dir: Wage es ja nicht, mich einzusperren!«
    »Oh, ich sperre dich nicht ein, Lilia«, antwortete Paps mit gefährlich ruhiger Stimme. Er wich meinem Blick nicht aus. »Das würde ich nie tun. Aber ich warne dich. Wage es ja nicht, das Haus ohne meine Erlaubnis zu verlassen!« Er drehte sich um und ging.
    Und ich? Was tat ich? Verließ ich nun umgehend unser Heim, um ihm zu zeigen, dass ich von seinem Auftritt kein bisschen beeindruckt war? Warf ich die Tür mit einem lauten Knallhinter mir ins Schloss? Lächelte ich dabei höhnisch? Pfiff ich ein Lied?
    Nein. Ich rannte die Treppe hoch, warf mich auf mein Bett, bohrte meinen Kopf ins Kissen und brüllte grunzende Geräusche in die schalldämpfenden Federn.
    Weil ich beeindruckt war. Und wie. Mit einem Wutanfall komme ich klar. Aber er hatte so etwas Drohendes, Gefährliches. Und das war neu.
    11.11 Uhr  Tom und ich standen gestern Nacht wirklich lange vor unserem Haus, bevor ich durchs Fenster zurück in mein Zimmer geklettert bin, durch das ich ein paar Stunden vorher heimlich ausgebüxt war.
    Ich hatte Tom um kurz vor acht an der Bushaltestelle getroffen. Wir sind dann zusammen zum Festplatz gegangen, wo gerade Sommerfest war.
    Tom hat für mich an der Schießbude eine Blume geschossen. Weil es keine Lilien gab, hat er eine lila Rose gewählt. Er hat mir außerdem ein Lebkuchenherz gekauft, auf dem mit rosa Zuckerguss »Für dich tu ich alles« stand. Ich habe ihm dafür eins mit der Aufschrift »Mausebär« geschenkt. Dann war es uns aber doch peinlich, mit diesen Herzen um den Hals herumzulaufen, und wir haben sie aufgegessen.

    Örks. Sie sahen besser aus als sie schmeckten. Wir haben das aber beide nicht zugegeben und sie bis auf den letzten Krümel verschlungen.
    Danach sind wir drei Runden Kettenkarussell gefahren und haben uns dabei an den Händen gehalten. Voll kitschig, aber seeehr schön. Die Lichter unter uns haben bunt geglitzert,als wir durch die Nachtluft sausten. Zuletzt haben wir vom Riesenrad aus das Feuerwerk überm Fluss betrachtet. Lichter und Funken überall. Und als Tom mich da oben geküsst hat, habe ich selbst mit geschlossenen Augen Sternchen gesehen. »Na? Ist dein Alltag immer noch grau?«, fragte er irgendwann.

    Wow! Nein! Er glitzert immer noch, wenn ich nur daran denke. Ich nehme alles zurück, was ich je gegen die Zivilisation gesagt habe. Mit Tom hat sie echt ihre Reize.
    11.30 Uhr  Habe versucht, Mama anzurufen. Ich glaube, die würde das lockerer sehen mit Tom und mir. Wollte sie fragen, ob sie mal mit Paps reden kann. Aber sie geht nicht dran.
    11.59 Uhr  Eben kam Florian in mein Zimmer geschlurft. Er war gerade erst aufgewacht und hatte deutlich erkennbar einen Bad-Hair-Day. Seine Laune passte zu seiner Frisur.
    »Was war das denn heute Nacht?«, muffelte er mich an.
    »Guten Morgen, lieber Bruder! Schön, dich zu sehen.« Ich stellte den Fernseher leiser. Gerade hatte ich es mir auf meinem Bett gemütlich gemacht und ihn eingeschaltet. Was soll man denn sonst tun, wenn man HAUSARREST hat? Aber für ein heiteres, fröhliches Gespräch unter Geschwistern bin ich natürlich immer zu haben.
    »Echt, Lil, das geht nicht.« Flocke ließ sich auf meinen Sessel fallen, rieb sich die Augen, riss den Mund auf, gähnte und ermöglichte mir dabei außergewöhnliche Einblicke in sein Innerstes.
    »Flocke, sag mal, was hat das mit dir zu tun? Geht dich das was an?«
    »Du bist meine Schwester!«, knurrte er.
    »Ja. Und ich habe nichts getan, was du nicht auch tust, Bruder. Also halt dich zurück mit Kommentaren.«
    »Bitte?« Er spuckte das Wort förmlich aus. »Was ich nicht auch tue? Nee, Lilia.
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