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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
Autoren: Boje Verlag
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nämlich mitten zwischen Feldern und man muss auf einem Parkplatz an der Straße halten und zu Fuß hinlaufen. Tja. Wenn man laufen kann. Wenn man nicht dauernd stehen bleiben muss.
    Wir stiegen aus dem Auto. Primel hopste raus. Paps, Rosalie und ich machten den ersten Schritt in die richtige Richtung. Und Primel sauste nach vorn und hing im Geschirr wie ein Ackergaul vorm Pflug. Wir blieben natürlich sofort vorschriftsmäßig stehen und warteten, bis Primel aufhörte zu ziehen. Das tat sie aber nicht. Sie zog noch mehr und fing sogar an zu röcheln. Sie hatte ja die ganze Woche lang beim Gassigehen nurrumgestanden und verspürte nun einen enormen Bewegungsdrang. Vom Hundeplatz her hörten wir außerdem die anderen Welpen glücklich kläffen, da wollte sie hin.
    Wir standen also und sahen dabei zu, wie unser Hund sich fast erdrosselte.
    »Können wir nicht mal was zu ihr sagen?«, flüsterte ich Paps zu.
    »Nein«, zischte der zurück. »Sie soll das für ein Naturgesetz halten, so wie die Schwerkraft: Wer zieht, kommt nicht weiter. Wenn sie glaubt, dass wir dahinterstecken, wird sie anfangen, uns auszutricksen. Dann hört das nie auf.«
    Wir schwiegen also und es hörte trotzdem nicht auf. Primel dachte wohl, auch Naturgesetze könne man bezwingen, wenn man es nur so richtig will.
    Wolken zogen auf, ein frischer Wind pustete durch unsere T-Shirts, wir fröstelten und Primel röchelte. Irgendwann sackten ihr aus Sauerstoffmangel die Beinchen weg, sie machte einen winzigen Schritt rückwärts und sofort liefen wir weiter. Glücklich sprang Primel auf, raste los und die Leine war wieder gespannt.
    Als wir endlich am Hundeplatz ankamen, erhielt Paps vom Hundelehrer ein Lob für seine Konsequenz und den Rat, genauso weiterzumachen. Primel bekam ein Leckerchen. Das war’s. Die Welpenstunde war vorbei.
    Aber für uns war gar nichts vorbei. Die anderen Hunde liefen jetzt mit ihren Besitzern zurück zu den Autos und Primel wollte natürlich mit. Und wieder hing sie röchelnd an der Leine. Und wieder standen wir.
    Bald waren wir ganz allein auf weiter Flur, und wir würden da immer noch stehen, wenn ich nicht Fakten geschaffen hätte.Inzwischen hörte ich in der Ferne Donner grollen. Ein Blitz zuckte über den Himmel und elektrisierte mich innerlich. Meine Inselgelassenheit bekam so langsam einen Knacks und wenn ich versuchte, mir wiederkäuende Kühe vorzustellen, sah ich stattdessen einen schnaubenden Stier. Und da ging ich in die Knie, packte das gefleckte Hundetier am Kragen, sah ihm in die Augen, nannte es ein mieses Frettchen und knurrte es an wie ein großer böser Wolf. Grrrrrroar.

    Huch! Primel vergaß prompt das Ziehen und sah mich mit großen Augen an. »Was willst du von mir?«, schien ihr Blick zu sagen. Na bitte, sie beachtete mich! Ich lief los, klopfte dabei immer seitlich an mein Bein und sagte Wörter wie »komm, schön, hier, ja, feiiin«. Und prompt lief die kleine Hunderatte neben mir, sah mich von unten begeistert an, lächelte und wedelte mit dem Schwanz. Man merkte: Endlich hatte sie kapiert, was sie tun sollte, nämlich das, was wir ihr vormachten. Sie wirkte richtig erleichtert.
    »Bist du sicher, dass das eine gute Idee war?«, fragte Paps. »Jetzt müssen wir wahrscheinlich wieder ganz von vorn anfangen.« Er öffnete die Autoklappe und Primel hopste auf ihre Decke.
    »Bist du sicher, dass das eine gute Hundeschule ist?«, antwortete ich mit einer Gegenfrage, als ich vorne neben ihm einstieg. »Mal ehrlich: Ich glaube, weiter vorn als wir eben kann man gar nicht anfangen.«
    »Die Schule ist mir sehr empfohlen worden.« Er sah starr geradeaus. Erste Tropfen fielen jetzt auf die Scheibe. Zum Glück waren wir im Trockenen.
    »Pffff. Das heißt nichts. Manche empfehlen auch Duftöle und Entspannungsmusik für Hunde. Hab ich neulich erst im Fernsehen gesehen. Oder du versuchst es mal mit einer Pfotenreflexzonenmassage bei Primel. Vielleicht mag sie das und weicht dir dann von selbst nicht mehr von der Seite.« Aber das fand Paps mal wieder nicht witzig. Als er losfuhr, ließ er den Motor aufheulen, und er schwieg, bis wir zu Hause waren.
    15.00 Uhr  Es regnet. Und regnet. Und regnet. Alles ist grau. Das Wetter. Die Stimmung. Meine Zukunft.
    Ich denke gerade an die grauen Straßen der Stadt. An graue Schulwände. Graue Theorie im Unterricht, grauenhaftes Mensaessen, grausamen Stress. Und ich fühle mich hier in der Zivilisation wie ein Wildtier in einem Betonkäfig.
    Grau ist übrigens ein sehr
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