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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe
Autoren: Ciara Geraghty
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zwei Jahre später nach Hause trug, nachdem man ihn angefahren hatte. Sie war es auch, die bestimmte, dass er unter dem Birnbaum hinten im Garten beerdigt werden sollte, in dessen Schatten er am Sonntagnachmittag so gern gedöst hatte, und sie war es, die Tränen vergoss, als Dara die erste Schaufel Erde auf seinen kalten Körper warf.
    In diesem Jahr hatte man Dara die Vollzeitstelle im Hundeasyl
angeboten. Sie hatte damals im Sekretariat der Schule gearbeitet, in der Angel unterrichtete, und sie wusste, dass sie im Asyl weniger verdienen würde und es somit länger dauern würde, bis sie genügend Geld zusammengespart hatte, um von zu Hause ausziehen zu können. In eine eigene Wohnung oder sogar ein kleines Häuschen mit Garten. Irgendwo nicht allzu weit weg von der Raheny Road, aber weit genug, um der Distanz, die zwischen ihr und ihrer Mutter herrschte, den nötigen Raum zu verschaffen. Es war ihr nie so recht gelungen, diese Distanz zu überbrücken.
    In diesem Jahr hatte Dara zum ersten Mal so etwas wie Selbstvertrauen verspürt und erfahren, wie anders sich das Leben damit gestaltete.
    In diesem Jahr hatte sie Tintin und Anya kennengelernt.
    Sie hatten zusammenziehen wollen: Dara, Tintin und Anya. Doch mit Angels Krankheit war auf einen Schlag alles anders gewesen. Also hatten sich Tintin und Anya eine Wohnung gesucht und Dara versprochen, dass sie gemeinsam in eine größere Wohnung ziehen würden, sobald sie bereit dafür war. Als nach zwei Jahren der Mietvertrag auslief, fragten sie sie erneut. Ein Jahr später wieder.
    »Ich kann nicht«, sagte Dara immer.
    »Warum nicht?«
    »Ihr wisst genau, warum.«
    »Du kannst deine Mutter und deine Schwester doch trotzdem besuchen. Jeden Tag, wenn du willst. Ist ja nicht so, als würden wir in Timbuktu wohnen. Oder …« Tintin suchte nach einem ähnlich exotisch klingenden Ort. »Oder in Leitrim.«
    »Sie brauchen mich. Angel geht es nicht gut, und Mam macht sich Sorgen, wenn sie nicht weiß, wo ich bin. Ihr wisst doch, dass ich da sein muss, wenn der Anruf kommt.«
    »Wir ziehen doch nur nach Bayside, Himmelherrgott nochmal.«
    Dara schüttelte den Kopf. Angel war auch nicht wie geplant mit Joe zusammengezogen. »Sobald ich meine neue Niere habe«, hatte sie ihm gesagt, als könnte das jeden Tag der Fall sein. So war sie damals noch gewesen.
    Also schob auch Dara ihre Pläne auf. Angel war immer für sie da gewesen. Jetzt konnte sie dasselbe für ihre Schwester tun, auf ihre Weise.
     
    Es hatte mit einer harmlosen Halsentzündung angefangen.
    »Ich habe Halsschmerzen«, verkündete Angel einigermaßen fasziniert. »Und Schluckbeschwerden. Seht mal.« Sie verzog das Gesicht, als sie es Dara und Mrs. Flood demonstrierte. Dara, die oft Halsschmerzen hatte, kramte in ihrer Tasche nach den Hustenbonbons, die sie stets dabeihatte. Mrs. Flood empfahl ein altes Hausmittel: mit Salzwasser gurgeln. Tags darauf hatte Angel Fieber. Hohes Fieber.
    »Seht mal, meine Hände zittern«, bemerkte sie und streckte die Arme und Beine in die Luft. »Und ich schwitze. Ich habe Fieber. Im Ernst. Fühlt mal meine Stirn.«
    Obwohl Angel kein kleines Kind mehr war, bestand Mrs. Flood darauf, sie zum Arzt zu bringen. »Nur, weil es das erste Mal ist«, sagte sie zu ihrer Glückshaubentochter.
    »Streptokokken«, informierte der Arzt sie aufgeräumt und kritzelte etwas auf ein Rezept, das keine von ihnen entziffern konnte.
    Nach einer Woche fand Angel ihre Krankheit nicht mehr faszinierend. Das Fieber wollte nicht sinken, und sie fühlte sich den Medikamenten zum Trotz noch kein bisschen besser. Man verschrieb ihr eine zweite Runde Antibiotika.
    »Mein Rücken tut weh«, sagte Angel, und Dara setzte sich zu ihr aufs Bett und knetete ihr mit beiden Händen den Rücken.
    »Geht nicht zu weit«, rief Dara Joe und Angel nach, als sie zwei Wochen später zu Angels erstem Spaziergang aufbrachen.
    »Mach dir meinetwegen keine Sorgen, Dara«, sagte Angel und warf ihrer Schwester eine Kusshand zu. Sie war wunderschön in diesem Augenblick, mit ihrem blonden Haar, das ihr Gesicht umrahmte, und ihrem warmen Lächeln, und das, obwohl sie nach der langen Krankheit blass und schmal wirkte.
    Eine Stunde später rief Joe aus dem Beaumont Hospital an.
    »Sie ist mitten im St Anne’s Park zusammengebrochen«, krächzte er panisch ins Telefon. »Sie wäre beinahe in den Teich gefallen. Sie wird gerade untersucht. Mehr weiß ich selbst nicht. Es tut mir schrecklich leid.«
    Mrs. Flood war überzeugt, dass es
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