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Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter

Titel: Wenn du mich siehst - Hudson, T: Wenn du mich siehst - Hereafter
Autoren: Tara Hudson
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Hand im Wasser gespürt hatte. Mein Lächeln wurde breiter.
    » Bedeutet das Lächeln, dass ich weiter auf dich zugehen kann?«
    » Nein«, sagte ich leise.
    Er blieb stehen, überrascht von meinen Worten oder vielleicht auch nur vom Klang meiner Stimme. » Wirklich nicht?«, fragte er einen Augenblick später.
    » Geh zur Wiese rüber«, befahl ich.
    Er runzelte die Stirn, zog die dunklen Augenbrauen zusammen. » Warum?«
    » Ich mag diese Straße nicht. Ich will wieder dort hinübergehen.« Ich machte eine ruckartige Kopfbewegung in Richtung der Böschung, die ich erst kürzlich verlassen hatte.
    Seine Stirn blieb gerunzelt, doch jenes Grinsen umzuckte wieder seine Mundwinkel.
    » O-kay.« Er bedachte mich mit einem nachdenklichen Blick, sah mir in die Augen. Die Botschaft war eindeutig: Ich war das frustrierende Rätsel, mit dem er gelassen umging.
    Dann lächelte er, verschlossen und mit Grübchen wie ein kleiner Junge, und nickte mir rasch zu. Er steckte die Hände in die Taschen seiner Jeans, machte auf dem Absatz kehrt und schlenderte zur Böschung zurück.
    Langsam. Zu langsam. Ließ die Beine absichtlich übertrieben schlenkern. Ich seufzte laut.
    » Könntest du dich bitte beeilen?«
    Er lachte, während er sich weiter von mir wegbewegte.
    » Du bist gut im Befehleerteilen, weißt du das? Keine Meisterin des beiläufigen Plaudertons, wie?«
    In Anbetracht der Tatsache, dass du der erste Mensch bist, mit dem ich mich seit meinem weiß Gott wie lang zurückliegenden Tod unterhalte …
    » Du hast ja keine Ahnung«, murmelte ich.
    Ihm war anzumerken, dass er mich gehört hatte, denn er zögerte, nur ein ganz kleines bisschen. Dann ging er weiter vorwärts, allerdings ohne spöttisch mit den Beinen zu schlenkern. Nachdem er etwa drei Meter zurückgelegt hatte, folgte ich ihm. Ich ging noch langsamer als er und versuchte zu überlegen, überlegen, überlegen, was ich tun oder sagen würde, wenn er stehen blieb.
    Glücklicherweise ging er immer weiter, an dem schwarzen Wagen vorbei und von der Brücke hinunter. Dann auf die Wiese an der Böschung. Ich machte mir solche Sorgen über unseren bevorstehenden Wortwechsel, dass mir gar nicht auffiel, wie er anhielt und sich zu mir umdrehte. Ich blickte gerade noch rechtzeitig auf, um nur dreißig Zentimeter vor ihm ruckartig stehen zu bleiben, zum Greifen nahe.
    Entsetzen durchzuckte mich. Ich hätte in ihn hineinlaufen können. Wenn das passiert wäre, hätte ich ihn entweder gespürt, Haut an herrlicher Haut, oder ich hätte wie betäubt nichts als ein nicht greifbares Hindernis gespürt. So oder so hätte er gewiss gemerkt, dass etwas nicht stimmte, und genau das getan, was er tun sollte – er wäre vor mir weggelaufen.
    » Also«, setzte er recht beiläufig an.
    » Also«, erwiderte ich, den Blick auf meine nackten Füße gerichtet. Ich war verschämt, verängstigt, aufgeregt.
    » Ich heiße Joshua.«
    » Ich weiß.«
    » Das hab ich mir gedacht.«
    Der Humor in seiner Stimme ließ mich aufblicken, und ich sah ihm endlich in die Augen. Wie schon vermutet, waren seine Augen sehr dunkel, aber nicht braun. Sie waren seltsam, tiefblau – beinahe von der Farbe eines Mitternachthimmels. Solche Augen hatte ich ganz bestimmt noch nie zuvor gesehen, und sie hatten eine befremdliche Wirkung auf mich. Während ich einfach nur in sie hineinstarrte, wurde ich noch nervöser.
    Unvermittelt und unangenehmerweise wurde mir mein eigenes Erscheinungsbild bewusst: meine zerzausten Haare, die leichenblasse Haut, mein hoffnungslos unangebrachtes trägerloses Kleid mit dem engen Oberteil und dem hauchdünnen Rock. Wahrscheinlich sah ich aus, als sei ich auf dem Weg zu einem Schönheitswettbewerb für tote Mädchen. Zum ersten Mal seit langer Zeit wünschte ich mir, einen Spiegel zur Hand zu haben, auch wenn das nicht viel Sinn gehabt hätte, da ich kein Spiegelbild hatte und mich nicht umziehen konnte.
    Doch ihm schien mein Unbehagen nicht aufzufallen. Stattdessen sah er mir direkt in die Augen und grinste mich an, auch wenn seine Miene nicht mehr ganz so belustigt war. Jetzt sah er forschender aus, als wisse er, dass es Geheimnisse zwischen uns gab. Fragen.
    » Also«, begann er wieder.
    » Das hast du bereits gesagt.«
    » Ja, hab ich.« Er lachte gelassen und blickte auf seine Schuhe hinab. Geistesabwesend fuhr er sich mit einer Hand durchs Haar und ließ sie dann in seinem Nacken ruhen.
    Da war wieder dieser leichte Schmerz, wie ein Pulsschlag aus meinem Innern. Diese
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