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Wenn die Wahrheit nicht ruht

Wenn die Wahrheit nicht ruht

Titel: Wenn die Wahrheit nicht ruht
Autoren: Anja Berger
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brauchten. „Das klingt wie ein beschissener Abschiedsbrief! Ein verdammt schlechter dazu!“ Brüllend wischte er mit einem Ruck über die Kommode neben ihm. Die kleinen Figuren und die filigran gearbeitete Kristallschale landeten scheppernd auf dem Boden und zersprangen in ein Meer aus tausend schimmernden Stückchen. Und er erkannte sein Herz darin.
    Sie würde nicht wiederkommen. Niemals. Das wusste er mit absoluter Sicherheit und er sollte Recht behalten.
     
     

2010
     
    Während Leonie mit jedem Wort betroffener wurde, tobte in Sebastian eine elende Wut. Um nicht auszurasten konzentrierte er sich auf die Frau, die sich vertrauensvoll an ihn geschmiegt hatte. Es würde niemandem nutzen, wenn er jetzt durchdrehte. Also atmete er tief durch, bevor er weiter um Beherrschung ringend, ungläubig seine Frage hervorstiess. „Meine Mutter soll ihren Vater von der Piste gewischt haben, um dich zu schützen?“
    „Uns. Sie wollte uns beschützen. Es tut mir so leid.“ Die letzten fünf Worte entsprangen aus Heinz’ tiefster Seele, prallten aber an Sebastian ab. Doch bevor er etwas erwidern konnte, kam Bewegung in den Wald hinter ihnen. Alle drei fuhren gleichzeitig herum . Leonie schrie vor Schreck auf – denn u nmittelbar vor ihr stand eine kreideweis s e, völlig aufgelöste Frau und starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. „Ihr lebt! Dem Herrn sei dank, ihr lebt! Ich bin noch nicht zu spät!“ Hysterisch riss die Frau die Hände in die Luft und e he Leonie wusste, wie ihr geschah, schlang ihr die Frau vor Erleichterung die Arme um den Hals.
    Verdutzt sah Heinz dem Treiben zu. Bevor er die Frau langsam und behutsam ansprach. „Alina?“
    Da liess die Frau von Leonie ab und trat auf Heinz zu. „Heinz! Oh, Heinz! Du musst hier verschwinden!“ Und an alle gewandt, wiederholte sie: „Ihr alle müsst hier verschwinden! Sofort! “ Hektisch sah sie um sich. Dann begann sie scheinbar zusammenhangslos zu brabbeln. „ Er kam zu mir, er hat gesagt, er würde beenden , was damals begonnen hatte, er sagte, er tötet alle, die noch leben und alle die es wissen!“
    „Alina. Alina!“ Heinz umfasste Alinas Hände und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. „Alina, wer war bei dir?“
    Aber Alina schweifte schon wieder ab. Verstört stammelte sie weitere sinnlose Sätze. „Er sagt e , er hat im Hintergrund die Fäden gezogen, damit die Rothaarige hier herumzuschnüffeln begann . “ Die nächsten stiess sie in panischer Verzweiflung hervor. „ Das war alles geplant! Er wollte, dass sie die alte Geschichte wieder aufrollt. Er wollte die letzten Träger des Geheimnisses quälend langsam zur Erkenntnis bringen, dass der Tag der Abrechnung unausweichlich näher rückt .“ Alina schluchzte verzweifelt auf . „Er hat Jan ermordet! Er hat ihn vor meinen Augen kaltblütig erstochen!“
    „Jan ist tot?“ Sebastian war fassungslos. „Wann ist das passiert ?“
    Aber Alina hörte Sebastians Frage nicht. Von Verzweiflung angetrieben sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. „Er ist auf dem Weg hierher. Ihr müsst weg, er wird euch kaltblütig abschlachten, wie er es mit Hans und Jan getan hat!“ Alarmiert sah Heinz auf und fand den Blick seines Sohnes.
    „Alina.“ Heinz nahm sie bei den Schul tern und suchte erneut den Blickkontakt . Als sie ihm in die Augen sah, sprach er mit ruhiger Stimme auf sie ein. „Alina, beruhige dich. Es ist vorbei. Sören war bereits hier. Die Polizei hat ihn mitgenommen. E r ist gescheitert. Hörst du? “
    L eonie konzentrierte sich derweil als einzige auf Alinas Hände. Dann liess sie ihre Augen zu deren Handgelenke wandern und blieb an den Ärmeln ihrer weissen Daunenjacke hängen. Überall war Blut. Aber das Muster, wie sich das Blut verteilte, war irgendwie seltsam. Und während Leonie darüber nachdachte, fühlte sie plötzlich einen Blick auf sich ruhen. Mit einem Gefühl, als hätte eine eisige Klaue nach ihr gegriffen, sah sie auf - direkt in Alinas Augen . Leonies Blut gefror ihr in den Adern . Alina hielt den Kopf nach wie vor gesenkt, ihre Körperhaltung zeugte immer noch von beschützenswerter Schwäche, doch aus ihrem Gesicht war jede Verzweiflung gewichen. Aus bedrohlich funkelenden Augen starrte sie Leonie finster an. Dan n verzog sich ihr Mund zu einem irren Lächeln, das keinen Zweifel zuliess . Nicht Er hatte Jan getötet, sondern sie. Die Muskeln ihres Körpers straften sich. Eine Veränderung, die auch den Männern nicht entging.
    „Sören?“ Sie klang nicht
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