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Wenn die Dunkelheit kommt

Wenn die Dunkelheit kommt

Titel: Wenn die Dunkelheit kommt
Autoren: Dean R. Koontz
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Sie mochte zwar keine Mäuse und wollte sie ganz bestimmt nicht unter ihrem Bett haben, aber wenigstens war eine einfache kleine Maus nicht allzu beängstigend.
    Sie stand da, die kleinen Hände an den Seiten zu Fäusten geballt, und versuchte zu entscheiden, was sie als  nächstes tun sollte.
    Da wäre noch Daddy.
    Penny wollte ihren Vater erst aufwecken, wenn sie absolut und hundertprozentig sicher war, daß da tatsächlich eine Maus war. Wenn Daddy kam, um nach einer Maus zu suchen, das Zimmer auf den Kopf stellte und dann keine fand, würde er sie behandeln, als wäre sie ein Kind, du meine Güte. Bis zu ihrem zwölften Geburtstag waren es nur noch zwei Monate, und sie haßte nichts mehr, als wie ein Kind behandelt zu werden.
    Sie konnte nicht unter das Bett sehen, weil es darunter sehr dunkel war und die Decken seitlich heruntergerutscht waren; sie hingen fast bis auf den Boden und versperrten die Sicht.
    Das Ding unter dem Bett - die Maus unter dem Bett! zischte und machte ein gurgelnd-kratzendes Geräusch. Es klang fast wie eine Stimme. Eine kratzige, kalte, böse kleine Stimme, die in einer fremden Sprache etwas zu ihr sagte.
    Konnte eine Maus so ein Geräusch machen?
    Sie warf einen Blick auf Davey. Er schlief immer noch.
    An der Wand, neben dem Bett ihres Bruders, lehnte ein Baseballschläger aus Plastik. Sie packte ihn am Griff.
    Sie machte ein paar Schritte auf ihr Bett zu und ließ sich auf Händen und Knien auf den Fußboden nieder. Sie nahm den Plastikschläger in die rechte Hand, streckte sie aus, schob das andere Ende unter die herabhängenden Decken, hob sie hoch und stieß sie auf das Bett zurück, wo sie hingehörten.
    Sie konnte da unten immer noch nichts sehen. Der niedrige Raum war schwarz wie eine Höhle.
    Die Geräusche hatten aufgehört.
    Penny hatte das unheimliche Gefühl, daß aus diesen ölig-schwarzen Schatten etwas zu ihr herausspähte... etwas, das mehr war als nur eine Maus... schlimmer als nur eine Maus... etwas, das wußte, daß sie nur ein schwaches, kleines Mädchen war... etwas mit Köpfchen, nicht nur ein dummes Tier, etwas, das mindestens so schlau war wie sie, etwas, das wußte, daß es herausstürmen und sie bei lebendigem Leibe verschlingen konnte, wenn es das wirklich wollte.
    Himmel. Nein. Kinderkram. Blödsinn.
    Sie biß sich auf die Unterlippe, nahm sich vor, sich nicht wie ein hilfloses Kind zu benehmen, und stieß mit dem dicken Ende des Baseballschlägers unter das Bett. Sie fuhr damit hin und her, um die Maus entweder zum Quieken zu bringen oder herauszutreiben.
    Plötzlich wurde das andere Ende des Plastikschlägers gepackt und festgehalten. Penny wollte ihn wegziehen. Es ging nicht. Sie ruckte und drehte daran - vergeblich.
    Dann wurde er ihr aus der Hand gerissen. Er verschwand mit einem dumpfen Rasseln unter dem Bett.
    Penny fuhr wie der Blitz zurück und rutschte über den Fußboden -bis sie gegen Daveys Bett prallte. Sie wußte nicht einmal mehr, daß sie sich bewegt hatte. Vor einer Sekunde hatte sie noch auf Händen und Knien neben ihrem eigenen Bett gelegen; in der nächsten stieß sie mit dem Kopf gegen Daveys Matratze.
    Ihr kleiner Bruder ächzte, schnaubte, prustete und schlief dann einfach weiter.
    Unter Pennys Bett bewegte sich nichts.
    Jetzt hätte sie gerne nach ihrem Vater geschrien, wäre mit Freuden das Risiko eingegangen, für ein Kind gehalten zu werden, wirklich mit Freuden, und sie schrie tatsächlich, aber die Worte hallten nur in ihrem Kopf: >Daddy, Daddy, Daddy!< Von ihren Lippen kam kein Laut. Sie hatte plötzlich die Sprache verloren.
    Das Licht flackerte. Das Kabel führte nach unten zu einer Steckdose in der Wand hinter dem Bett. Das Ding unter dem Bett versuchte, den Stecker herauszuziehen.
    »Daddy!«
    Diesmal brachte sie zwar einen Laut zustande, aber viel war nicht zu hören; die Worte kamen nur als heiseres Flüstern heraus.
    Und die Lampe erlosch.
    Sie hörte eine Bewegung in dem lichtlosen Raum. Etwas kam unter dem Bett hervor und wollte über den Fußboden.
    »Daddy!«
    Es war immer noch nicht mehr als ein Flüstern. Sie schluckte, merkte, daß es ihr schwerfiel, schluckte noch einmal und versuchte, ihre halb gelähmte Kehle wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Etwas knarrte.
Penny spähte schaudernd ins Dunkel.
Dann merkte sie, daß das Knarren ihr vertraut war. Die
    Tür zum Schlafzimmer. Sie mußte unbedingt mal geölt werden.
    In der Dunkelheit bemerkte sie, daß die Tür aufschwang; sie spürte es mehr, als daß sie es sah.
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