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Wenn die Dunkelheit kommt

Wenn die Dunkelheit kommt

Titel: Wenn die Dunkelheit kommt
Autoren: Dean R. Koontz
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und der Krise mußten die Götter des Rada Jack eine Erleuchtung gesandt haben, denn er wußte - ohne zu begreifen, wie -, daß sein Blut die Bestie gezwungen hatte, von ihm abzulassen. Vielleicht war bei einer Konfrontation mit dem Bösen das Blut eines rechtschaffenen Menschen (ähnlich wie Weihwasser) eine Substanz mit starken magischen Eigenschaften. Und vielleicht konnte er mit seinem Blut erreichen, was das Weihwasser alleine nicht vermocht hatte.
    Wieder begann der Rand der Grube abzubröckeln. Das Loch wurde größer. Die Pforten schoben sich erneut auf. Das Licht, das aus der Erde aufstieg, wechselte noch einmal von Orange zu Rot.
    Jack stemmte sich hoch und kniete sich an den Rand. Er konnte spüren, wie die Erde unter seinen Knien langsam und dann nicht mehr so langsam -nachgab. Aus seiner aufgerissenen Hand strömte das Blut, es tropfte von allen fünf Fingerspitzen. Er beugte sich gefährlich weit über die Grube, schüttelte seine Hand, schleuderte scharlachrote Tröpfchen in das Zentrum des brodelnden Lichts.
    Unten schwoll das Kreischen und Heulen zu einer noch ohrenzerreißenderen Lautstärke an als zuvor, als er das Weihwasser in den Spalt geworfen hatte. Das Licht aus dem Ofen des Teufels wurde blasser und flackerte, der Rand der Grube festigte sich.
    Jack schleuderte noch mehr von seinem Blut in den Abgrund, und die gequälten Schreie der Verdammten wurden, wenn auch nur ein wenig, schwächer. Er blinzelte heftig in den pulsierenden, sich verändernden, geheimnisvoll unbestimmten Grund des Lochs, beugte sich noch weiter hinaus, um besser sehen zu können...
    ... und in einem Schwall glühendheißer Luft stieg ein riesiges Gesicht zu ihm herauf, wölbte sich aus dem schimmernden Licht, ein Gesicht, so groß wie ein Lastwagen, das die Grube fast ganz ausfüllte. Es war das höhnisch grinsende Gesicht alles Bösen. Es bestand aus Schleim und Schimmel und verwesenden Kadavern, ein körniges, rissiges, klumpiges, pockennarbiges Gesicht, dunkel und fleckig, von Pusteln übersät, von Maden wimmelnd, gräßlicher brauner Schaum triefte aus seinen zerrissenen, fauligen Nüstern. Würmer ringelten sich in seinen nachtschwarzen Augen, und doch konnte es sehen, denn Jack spürte das schreckliche Gewicht seines haßerfüllten Blicks. Sein Maul klaffte auf - ein grauenhafter, zerklüfteter Schlitz, groß genug, um einen Menschen zu verschlingen - und gallegrüner Geifer rann heraus. Die
    Zunge war lang und schwarz, sie strotzte vor nadelspitzen Dornen, die die Lippen durchstachen und zerrissen, wenn sie darüberleckte.
    Benommen, entmutigt und geschwächt von dem unerträglichen Todesgestank, der aus dem klaffenden Maul aufstieg, schüttelte Jack seine verletzte Hand über der Erscheinung, ein Blutregen fiel von seinen Wundmalen herab. »Geh weg«, befahl er dem Wesen, in der gräßlichen Grabesluft würgend. »Verschwinde. Geh. Sofort.«
    Das Gesicht wich in die Ofenglut zurück, als sein Blut es berührte. Einen Augenblick später verschwand es im Boden der Grube.
    Er vernahm ein mitleiderregendes Winseln und begriff, daß er selbst es war, den er da hörte.
    Und es war noch nicht vorüber. Die vielen Stimmen unter ihm wurden wieder lauter, das Licht wurde heller, erneut löste sich Erde vom Rand des Loches.
    Schwitzend, keuchend, seine Aftermuskeln zusammenpressend, damit sich seine Eingeweide nicht vor Entsetzen entleerten, hatte Jack nur den einen Wunsch, vor der Grube wegzulaufen. Er wollte in die Nacht flüchten, in den Sturm, in die schützende Stadt. Aber er wußte, daß dies keine Lösung war. Wenn er der Grube jetzt nicht Einhalt gebot, würde sie sich immer mehr ausweiten, bis sie so groß wurde, daß sie ihn verschlingen konnte, ganz gleich, wo er sich auch versteckte.
    Mit seiner unverletzten Rechten zog, drückte und kratzte er an den Wunden seiner linken Hand, bis sie sich weiter öffneten, bis das Blut schneller floß. Die Angst hatte ihn betäubt, er spürte keinen Schmerz mehr. Wie ein katholischer Priester, der ein heiliges Gefäß schwingt, um bei einer Segenszeremonie Weihwasser oder Weihrauch zu verteilen, so spritzte er sein Blut in den gähnenden Schlund der Hölle.
    Das Licht wurde etwas schwächer, aber es pulsierte und kämpfte um sein Bestehen. Jack betete, es möge verlö sehen, denn wenn es ihm damit nicht gelang, blieb ihm nur noch ein Weg. Dann mußte er sich ganz und gar opfern; dann mußte er hinunter in die Grube. Und wenn er dort hinunterginge... dann würde er niemals mehr
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