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Wenn die Dunkelheit kommt

Wenn die Dunkelheit kommt

Titel: Wenn die Dunkelheit kommt
Autoren: Dean R. Koontz
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weil die zwei so rücksichtslos waren, so früh am Morgen zu sterben?«
    »Haben wir denn nicht mal mehr Zeit für den Austausch von Höflichkeiten?« fragte er zurück.
    »Nein.«
    »Paß auf, es sollte eigentlich so sein... du müßtest sagen: >Guten Morgen, Lieutenant Dawson.< Und dann sage ich: >Guten Morgen, Lieutenant Chandler.< Dann sagst du: >Wie geht es Ihnen heute morgen?< Und ich zwinkere und sage...«
    Sie runzelte die Stirn. »Es ist genauso wie bei den beiden anderen, Jack. Blutig und - sonderbar. Genau wie der Fall am Sonntag und der gestern. Aber diesmal sind es zwei Männer. Beide mit Beziehungen zu kriminellen Familienclans, wie es scheint.«
    Jack Dawson stand in dem schmuddeligen Bereitschaftsraum des Polizeidezernats; er hatte seinen schweren grauen Mantel halb ausgezogen und ein schiefes Lächeln aufgesetzt und starrte sie nun ungläubig an. Es überraschte ihn nicht, daß es wieder ein oder zwei Morde gegeben hatte. Er war Beamter beim Morddezernat; es gab immer noch einen Mord. Oder zwei. Es überraschte ihn nicht einmal, daß es sich wieder um einen sonderbaren Mord handelte; schließlich waren sie in New York City. Was er nicht glauben konnte, war ihre Haltung, die Art, wie sie ihn behandelte - ausgerechnet an diesem Morgen.
    »Zieh deinen Mantel lieber wieder an«, sagte sie.
    »Rebecca...«
    »Sie erwarten uns.«
    »Rebecca, gestern nacht...«
    »Noch so ein Verrückter«, sagte sie und schnappte sich ihre Handtasche von einem etwas ramponierten Schreibtisch.
    »Haben wir nicht...«
    »Diesmal haben wir es wirklich mit einem Kranken zu tun«, sagte sie und ging zur Tür. »Wirklich krank.«
    »Rebecca...« Sie blieb in der Tür stehen und schüttelte den Kopf. »Weißt du, was ich mir manchmal wünsche?«
    Er starrte sie an.
    Sie sagte: »Manchmal wünsche ich mir, ich hätte Tiny Taylor geheiratet. Dann säße ich jetzt da oben in Connecticut gemütlich in meiner voll automatisierten Küche, hätte Kaffee und Hörnchen zum Frühstück, die Kinder wären in der Schule, die Zugehfrau würde sich um den Haushalt kümmern, und ich könnte mich auf das Mittagessen im Country Club mit den anderen Mädels freuen...«
    Warum tut sie mir das an? fragte er sich.
    Sie bemerkte, daß er seinen Mantel immer noch halb ausgezogen hatte und sagte: »Hast du nicht gehört, Jack? Wir haben einen Anruf bekommen.«
    »Ja. Ich,..«
    »Wieder zwei Leichen.«
    Sie verließ den Bereitschaftsraum, der danach noch kälter und schäbiger wirkte.
    Er seufzte.
    Er schlüpfte wieder in seinen Mantel.
    Er folgte ihr.

2
    Jack fühlte sich grau und ausgelaugt, teilweise, weil Rebecca sich so seltsam benahm, aber auch, weil der Tag selbst grau war und er immer sehr empfindlich auf das Wetter reagierte.
    Er stieg einen halben Block vor der Park Avenue aus dem Zivilwagen, und ein kalter Windstoß fuhr ihm ins Gesicht. Die Dezemberluft roch schwach nach Friedhof. Er steckte die Hände in die tiefen Taschen seines Mantels.
    Rebecca Chandler stieg auf der Fahrerseite aus und schlug die Tür zu. Ihr langes blondes Haar flatterte im Wind. Sie hatte ihren Mantel nicht zugeknöpft; er schlug ihr um die Beine. Die Kälte und das allgegenwärtige Grau, das sich wie Asche über die ganze Stadt gesenkt hatte, schienen sie nicht zu stören.
    Eine Wikingerfrau, dachte Jack. Stoisch. Resolut. Man sehe sich nur dieses Profil an!
    Widerwillig wandte er den Blick von Rebecca und schaute zu den drei Streifenwagen hinüber, die schräg am Randstein parkten. Auf einem blinkten die roten Warnlichter, der einzige Farbfleck an diesem öden Tag.
    Harry Ulbeck, ein Polizist in Uniform, den Jack kannte, stand auf der Treppe vor dem hübschen Ziegelhaus im georgianischen Stil, in dem die Morde passiert waren. Er trug einen dunkelblauen Dienstmantel, einen Wollschal und Handschuhe, aber trotzdem zitterte er.
    Dem Ausdruck auf seinem Gesicht konnte Jack entnehmen, daß das nicht von der Kälte kam. Harry Ulbeck fröstelte wegen der Dinge, die er im Haus gesehen hatte.
    »Schlimm?« fragte Rebecca.
    Harry nickte. »Ganz schlimm, Lieutenant.«
    Er war erst dreiundzwanzig oder vierundzwanzig, aber im Augenblick schien er Jahre älter; sein Gesicht wirkte abgespannt und verfroren.
    »Wer sind die Verstorbenen?« fragte Jack.
    »Ein Kerl namens Vincent Vastagliano und sein Leibwächter ROSS Morrant.«
    Jack zog die Schultern hoch und neigte den Kopf nach vorne, als ein heftiger Windstoß durch die Straßen fegte. »Wohlhabende Gegend«, meinte
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