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Wenn der Wind dich ruft

Wenn der Wind dich ruft

Titel: Wenn der Wind dich ruft
Autoren: Teresa Medeiros
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verwirrt. »Vielleicht war es ein Fehlschuss, Mylord, oder vielleicht ist er genau in dem Moment ausgerutscht, als Sie gefeuert haben.«
    Wallingford trat zu ihnen und starrte sie finster an, seine schmale Oberlippe gehässig gekräuselt. Sein Sekundant spähte nervös über seine Schulter, fürchtete offenbar, ihm würde irgendwie die Schuld für dieses Debakel zugeschoben werden.
    Julians Lippen verzogen sich zu einem verlegenen Lächeln. »Tut mir leid, Jungs. Ich habe Frauen schon immer besser vertragen als Wein.«
    Cuthbert gefror erneut das Blut in den Adern, als Wallingford seinem Sekundanten die Ersatzpistole aus der Hand riss und damit geradewegs auf Julians Herz zielte. Julian musterte ihn mit müßiger Belustigung, weigerte sich, die Drohung seines Gegners mit auch nur einem Wimpernzucken zu würdigen. Cuthbert wusste instinktiv, wenn Julian sich nur das geringste bisschen Furcht anmerken ließe oder gar um Gnade flehte, würde Wallingford sie beide einfach erschießen und die Anwesenden bestechen, dass sie behaupteten, Cuthbert hätte die Waffe auf ihn gerichtet, nachdem der Marquis seinen Freund umgebracht hatte.
    Langsam senkte Wallingford die Pistole; Cuthbert seufzte erleichtert.
    Die samtige Stimme des Marquis war voller Verachtung. »Sie werden sich wünschen, tot zu sein, wenn ich mit Ihnen fertig bin, Sie pöbelhafter Bastard. Von der Annahme ausgehend, dass Sie sich nicht die Mühe machen würden, heute Morgen hier überhaupt zu erscheinen, habe ich mir erlaubt, all Ihre Schuldscheine aufzukaufen.« Er zog ein etwa drei Zoll dickes Bündel Zettel aus seiner Westentasche, beugte sich vor und hielt sie Julian unter die Nase. »Sie gehören mir, Kane. Mit Leib und Seele.«
    Julians leises Lachen schwoll zu schallendem Gelächter an. »Da fürchte ich, kommen Sie zu spät. Der Teufel ist Ihnen bei diesem besonderen Schuldschein schon vor langer Zeit zuvorgekommen. «
    Seine Belustigung erboste den Marquis weiter. »Dann kann ich nur hoffen, dass er bald kommt, um seine Schuld einzutreiben, weil mir nichts lieber wäre, als zuzusehen, wie Sie eine Ewigkeit lang in der Hölle schmoren!«
    Damit drehte sich Wallingford um und ging zu seiner Kutsche. Seine Gefährten folgten ihm, der Arzt wirkte fast gekränkt, seiner Arbeit beraubt zu sein.
    »Ein ziemlich mürrischer Zeitgenosse, nicht wahr?«, murmelte Cuthbert. »Denkst du, er leidet an Gicht oder Verdauungsstörungen ?«
    Als das verärgerte Läuten der Glöckchen am Zaumzeug der Pferde verklang, waren Cuthbert und Julian allein auf der wieder in gedämpfter Stille liegenden Wiese. Julian saß auf der Erde, einen Arm auf das Knie gestützt, und schaute in den Himmel. Sein ungewohntes Schweigen beunruhigte Cuthbert weit mehr als die Vorfälle des Morgens zusammen. Er hatte angefangen, sich auf die Schlagfertigkeit seines Freundes zu verlassen, seine scharfe Zunge. Ihm selbst war es immer zu anstrengend gewesen, sich eine geistreiche Erwiderung zu überlegen.
    Er wollte sich gerade räuspern und sich trotzdem daran versuchen, als der fahle Schatten eines Lächelns über Julians Züge flog. »Trotz größter Bemühungen meinerseits scheint es, als sei es mir nicht vergönnt, auf dem Duellfeld zu sterben, den Geschmack der Frau eines anderen noch auf den Lippen.«
    Cuthbert stand auf, legte die Pistole sorgfältig wieder in die Schatulle zurück und steckte sie sich unter den Arm, ehe er Julian auf die Füße zog. »Gib die Hoffnung nicht auf. Vielleicht kannst du ja immer noch im Schuldgefängnis Schwindsucht bekommen und daran dahinsiechen.«
    Cuthbert drehte sich mit ihm in die richtige Richtung, als er plötzlich einen Riss vorne in Julians schwarzem Überrock bemerkte.
    »Was ist das?«, fragte er, denn er wusste, dass sein Freund es mit seiner Kleidung und seiner Erscheinung wesentlich genauer nahm als mit seinen zahllosen Liebschaften.
    Er fuhr mit dem Finger über die fein gewebte Wolle, wunderte sich über das gezackte Loch. Es war einen Zoll lang, und die Fäden am Rand standen hoch und waren schwarz, beinahe wie versengt.
    Gerade wollte er den Finger hineinstecken, um es weiter zu erkunden, als Julian ihn am Handgelenk packte, sein Griff zwar sanft, aber unnachgiebig. »Die Pistolenkugel des Marquis muss mich gestreift haben, als ich fiel. Verfluchter Mann! Hätte ich das früher gewusst, hätte ich ihn dazu gezwungen, einen der Schuldscheine zu zerreißen. Dieser Rock ist von dem alten Weston selbst geschneidert worden«, erklärte er unter
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