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Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Titel: Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen
Autoren: Brigitte Sinhuber (Hrsg)
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Silvesternacht seinen Gästen hinstellt.«
    »So ist es, meine Liebe; doch wie du konstatiert hast, sind wir Silvester zu den Linczers eingeladen, und wie ich bemerkt habe, wird es meine erste Aufgabe sein, die Kiste Zigarren, wenn ich sie sehe, in meiner Manteltasche verschwinden zu lassen. Denn dann kommen die Neujahrsgeschenke an die Reihe.«
    »Die Neujahrsgeschenke?«
    »Ja, Mamusch. Das kam in Pest vor einigen Jahren in Mode. Zu Neujahr bringt man die Geschenke an den Mann, die man zu Weihnachten bekommen hat, mit denen man aber nichts anzufangen weiß. Nachdem ich nun das Weihnachten völlig ausgebeutet habe, das heißt von jedem etwas bekomme und jedem etwas gebe, ohne selbst in die Tasche greifen zu müssen, ist nichts zu Hause geblieben, und ich bin gezwungen, die Geschenke dort zu erwischen, wo ich während ihres Umlaufs auf sie stoße. Mit den Zigarren habe ich am Abend bei Linczer ein Rendezvous, dort stehle ich sie zurück.«
    »Und was machst du mit ihnen?«
    »Du denkst doch nicht, daß ich sie rauche? Die Zigarren schenke ich zu Neujahr Onkel Galgócer, dem Wucherer.«
    »Wir schulden ihm doch gar nichts.«
    »Nein. Es geht um etwas anderes. Im Büro habe ich meinen Chef gefragt, was er zu Weihnachten möchte, damit ich nichts kaufe, was er bereits hat. Er sagte, er werde seine Frau fragen. Ich kenne das bereits. Im letzten Jahr hat er das ebenfalls gesagt, aber nicht seine Frau, sondern Herrn Galgócer gefragt, weil er ihm etwas schuldete und gezwungen war, ihm zu Weihnachten eine Aufmerksamkeit zu erweisen. Erinnerst du dich, was für ein Pech wir da hatten. Herr Galgócer wünschte sich von ihm ein silbernes Eßbesteck für zwölf Personen, und mein Chef sagte mir, daß es seine Frau möchte, und so mußte ich das silberne Eßbesteck für zwölf Personen kaufen. Nun, in diesem Jahr bin ich rechtzeitig zu Herrn Galgócer gegangen und habe ihm gesagt, er möchte sich in Anbetracht der schlechten Finanzverhältnisse nichts Teures von meinem Chef wünschen, da nämlich ich es kaufen müßte. Für seine Bescheidenheit habe ich ihm zum neuen Jahr eine Kiste feiner Zigarren versprochen. Wir haben uns geeinigt, und Galgócer wird in diesem Jahr sehr bescheiden sein; er will meinen Chef für sich um eine Flasche Kaffeelikör, für seine Frau jedoch um ein Fläschchen Eau de Cologne bitten. Mein Chef ist gestern zu mir ins Zimmer gekommen und hat mich mit gewichtiger Miene um Kaffeelikör und Eau de Cologne gebeten. Ich habe es ihm versprochen und sofort Onkel Doktor angerufen, der auch Galgócers Hausarzt ist, er soll uns zum zweiten Mal Likör und Eau de Cologne schenken – denn einmal, wie du es bereits notiert hast, haben wir es schon von ihm zusammen mit Seife, Mundwasser und Salmiakpastillen bekommen; doch wir haben es an das französische Fräulein weitergegeben, von ihr ist es zu Hermin, von Hermin zu uns zurück, von uns zu Steiners und von dort zurück zu Onkel Doktor gegangen – ich sagte ihm, er solle uns diese zwei Flaschen noch einmal schenken, denn er bekäme sie zu Neujahr sowieso von den Galgócers zurück. Onkel Doktor hat mitgespielt, wenn auch sehr ungern; ihm war das von Herrn Galgócer zuwenig. Da habe ich ihm verraten, ich hätte Galgócer seine Upman-Zigarren versprochen, und so ist er darauf eingegangen und ließ Galgócer sagen, er wünsche sich zum neuen Jahr Likör, Eau de Cologne und Zigarren. Damit ist alles in Ordnung, jeder bekommt etwas, jeder gibt etwas, und Onkel Doktor erhält am Ende alles das zurück, was ihm der Apotheker zu Weihnachten schicken wird. Weil der Apotheker von allen unseren Bekannten der einzige ist, der tatsächlich etwas gibt. Er ist aber auch der einzige, zu dem wir alle kaufen gehen und der an uns allen verdient. So daß er nicht zusetzt. Verstehst du, Mamusch?«
    »Ich verstehe.«
    Mamusch blickt zu den Aufzeichnungen hinüber und sieht auf die Uhr.
    »Schon vier«, sagt sie. »Gehen wir schlafen.«
    »Ja«, sagt Soma, »gehen wir. Du mußt aber zugeben, ich habe in diesem Jahr ein nützliches und billiges Weihnachten zusammengestellt.«
    Mamusch gibt Soma einen zarten, flüchtigen Kuß und sagt leise: »Du bist ein kleiner Wekerle, ein kleiner Finanzminister, Soma.«
    Und jetzt werden auch die beiden Fenster im vierten Stock des Hauses 38/b dunkel. Die ganze Straße schläft.

BARBARA NOACK: Weihnachten
    BARBARA NOACK

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