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Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen

Titel: Wenn der Christbaum brennt - und andere heitere Weihnachtskatastrophen
Autoren: Brigitte Sinhuber (Hrsg)
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Entlassung aus dem Dienst als Pfleger in einem Tierasyl unter. Immerhin verdiente er so viel, daß er abends in einer billigen Wirtschaft ein paar Bier trinken konnte. Auch den Heiligen Abend verbrachte er regelmäßig in dieser Wirtschaft. Sie hieß »Sporteck«. In vorgerückter Stunde pflegte er den anderen Elendsexistenzen die Geschichte vom Dackel Adolar und von der Tollwut zu erzählen. Sie war stets ein Lacherfolg.

FRANZ MOLNAR: Vor Weihnachten
    FRANZ MOLNAR

    Vor Weihnachten

    Es ist drei Uhr früh. Alle Häuser in dieser Gegend sind längst dunkel, nur in der Nummer 38/b sind im vierten Stock noch zwei Fenster erleuchtet, in der Wohnung von F. Soma Durchschnitt. Im Zimmer steht ein großer Tisch, voller Papiere. Dichter Rauch. Auf dem Tisch eine Teetasse, mit gelben Zuckerresten und einem Zigarrenstummel. Soma steht vom Tisch auf, streckt sich und bringt dann die Papiere in Ordnung. Als habe ein Dramatiker in diesem Augenblick ein Werk in fünf Akten beendet, an dem er seit fünf Jahren gearbeitet hat. Soma steckt sich eine Zigarette an und ruft leise ins andere Zimmer hinüber: »Mamusch, schläfst du?«
    Eine Stimme aus dem anderen Zimmer: »Was ist das wieder für eine Frage. Brüllend fragst du, ob ich schlafe. Sag aufrichtig, ich soll aufwachen und rüberkommen.«
    Soma: »Wach auf und komm rüber!«
    Jetzt folgt eine kleine Pause, in der Soma auf und ab geht, ruhig, ein kleines Lächeln auf dem Gesicht, im Bewußtsein einer erfolgreich vollbrachten, großen Arbeit. Mamusch erscheint in der Tür, im Hausmantel. Das Licht blendet ihre Augen. Soma tritt zu ihr und küßt sie mit sanftem Gleichmut. Mamusch sagt: »Bist du fertig?«
    »Ja.«
    »Alles geschafft?«
    »Alles. Es muß nur geschrieben werden. Setz dich an den Tisch, Mamusch, und schreib, was ich diktiere. Solltest du anderer Meinung sein, sag es.«
    »Pfui«, sagt Mamusch verschlafen, »was für ein Schmutz ist hier auf dem Tisch. Überall Asche, Streichhölzer, Kippen.«
    Damit setzt sie sich. Soma nimmt die geordneten Papiere und Aufzeichnungen und sagt: »Red nicht so viel, Mamusch. Der Umlauf ist mir noch nie so gut gelungen wie in diesem Jahr. Ich glaube, es wird ein nützliches und billiges Weihnachten. Nimm ein Stück Papier und eine Feder. Nicht die, die ist entzwei. Die andere dort. Schreib: ›Onkel Doktors Weihnachtsgeschenk: eine Kiste Upman-Zigarren.‹«
    Mamusch: »Was heißt das?«
    »Steiners wollen uns zu Weihnachten etwas geben, sie haben Angst, mein Bruder jagt Magda Steiner von der Schreibmaschine fort, weil sie unpünktlich ist. Steiner hat mich gefragt, was ich mir zu Weihnachten wünsche, er will nichts kaufen, was ich schon habe. Ich hatte mir Bedenkzeit ausgebeten, bin zu Onkel Doktor gelaufen, der Ilonka zwei Wochen lang die Ohren gespritzt hat und dem wir etwas geben müssen. Ich dachte, ich bitte Steiner um etwas, was ich gleich an Onkel Doktor weitergeben kann …«
    »Aber ich dachte, Onkel Doktor darf der Verkalkung wegen nicht rauchen.«
    »Warte das Ende ab. Also, ich lief zu Onkel Doktor, und er sagte, er werde abends telefonieren. In der Zwischenzeit fragte er Doktor Spónicer, der ihn zu den Konzilien einzuladen pflegt, was er zu Weihnachten haben möchte.
    Spónicer antwortete: ›Schicken Sie mir eine Kiste Upman-Zigarren, ich will sie meinem Hauswirt zu Weihnachten geben; er hat meinen Kachelofen verschmieren lassen. Es gehört sich, ihm etwas zu geben, und so soll er Zigarren bekommen; er selbst raucht zwar nicht, doch die sollen für seinen Schwiegersohn sein; der hätte zu Silvester Gäste und brauche für sie eine gute Zigarre.«‹
    »Ist das der Mádai?«
    »Ja.«
    »Und sein Schwiegersohn ist der Dudi Linczer?«
    »Ja.«
    »Hat er nicht auch uns zu Silvester eingeladen!«
    »Ich weiß. Dort werde ich mir die Zigarren zurückstehlen, wenn ich sie sehe. Ich habe doch gesagt, dieses Jahr wird es ein nützliches Weihnachten. Doch komplizieren wir die Sache nicht; für uns ist nur wichtig, und nur das schreib auf: ›Für Onkel Doktor eine Kiste Upman-Zigarren, die wir von den Steiners bekommen.«
    Pause. Mamusch schreibt. Dann ergreift Soma erneut das Wort: »Schreib weiter: ›Tante Hermin bekommt über das französische Fräulein Eau de Cologne, Mundwasser, Seife, Kaffeelikör und Salmiakpastillen.«
    »Das alles?«
    »Alles, alles. Doch stör nicht, sonst finde ich mich nicht zurecht. Das bekommen wir alles von Onkel Doktor, der es vom Apotheker bekommt, zu dem er seine Patienten schickt. Der
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