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Wenn das der Führer wüßte

Wenn das der Führer wüßte

Titel: Wenn das der Führer wüßte
Autoren: Otto Basil
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übrigens ein Hinweis darauf, daß den faschistischen Rassefanatikern offensichtlich selbst das „Material“ des deutschen Volkes nicht gut genug war.
    b) Die Blut-und-Boden-Ideologie wurde durch Einrichtung von Wehrhöfen auf erobertem Ostgebiet verwirklicht.
    c) Die Absicherung der Rassenhygiene nach außen und die angebliche Rettung der Kultur wurde durch die tatsächliche und ganz im Sinne des Wortes zu verstehende Vernichtung von Juden, Zigeunern, Homosexuellen, Marxisten und christlichen Sektierern in Konzentrationslagern betrieben, desgleichen d) der von vornherein wegen des Lebensraumes im Osten als Vernichtungsfeldzug konzipierte Krieg gegen Polen und die Sowjetunion. In diesem und auch im vorigen Fall wurde dabei keinesfalls vergessen, die Arbeitskraft der „Untermenschen“ vor der eigentlichen Vernichtung exzessiv auszubeuten, dies im Dienste des Deutschen Reiches und im Dienste des Kulturschöpfers Arier.
     
    Die Zukunftsvision des Faschismus lautet kurzgefaßt wie folgt: Sind die genannten Maßnahmen vollständig durchgeführt, die Kriegsziele erreicht, kann der Arier seine in der Urzeit verlorengegangene Schöpferkraft wieder entfalten. Adolf Hitler schrieb dazu in Mein Kampf: „Der Arier gab die Reinheit seines Blutes auf und verlor dafür den Aufenthalt im Paradiese, das er sich selbst geschaffen hatte.“
    Das Paradies der Arier kann daher nur zurückgewonnen werden, wenn die Reinheit des Blutes wiederhergestellt ist.
    Hier setzt die Romanhandlung Otto Basils ein. Die Voraussetzungen für die Entfaltung der Schöpferkraft sind gegeben, der Krieg gewonnen, Juden, Marxisten und andere Unerwünschte vernichtet, die Rückeroberung des verlorengegangenen Paradieses im Sinne faschistischer Zukunftsvision ist möglich geworden.
    Aber die Zukunft, die der kleine Parteigenosse Albin Totila Höllriegl erlebt, ist alles andere als paradiesisch. Basil entlarvt bis ins Detail die faschistische Ideologie als das, was sie ist: als Mythologie, die in der Zukunft trotz gewonnenen Krieges notwendig scheitern muß. Die Ideologie des Faschismus ist mythologisch, irrwitzig und ein System des Wahnsinns. So hat es zu keinem Zeitpunkt auch nur den Hauch eines wissenschaftlichen Beweises für den Eckpfeiler der faschistischen Ideologie gegeben, nämlich daß der Arier allein über kulturschöpferische Kraft verfüge und Urtyp des Menschen sei.
    Überhaupt ist das Verhältnis der faschistischen Ideologie zur Wissenschaft prinzipiell und tiefgehend gestört.
    Die Paradewissenschaft des Nationalsozialismus ist die Biologie, hier besonders die sozialdarwinistische Vorstellung der Notwendigkeit des Kampfes aller gegen alle, der Huldigung eines wahrhaft mörderischen Selektionsprinzips. Recht ist immer das Recht des Stärkeren, Züchtung der Herrenrasse tut not. So wird die Wissenschaft entmenschlicht, und die Menschen selbst werden zu Zuchtvieh unter der Knute der Züchterkaste. Gemäß diesem Weltbild geht die faschistische Züchterkaste mit den Menschen um: Menschen sind entweder Zuchtvieh oder Schlachtvieh.
    Man könnte solche Ideen für kurios halten, wenn sie nicht Wirklichkeit geworden wären. Wirklichkeit sind sie deshalb geworden, weil der Faschismus keinen Zugang zur Realität und damit zu nüchterner wissenschaftlicher Untersuchungsarbeit hat. Faschismus denkt nicht, Faschismus ist eine Erscheinungsform niederer Triebe. Faschismus ist ein Bündnis von entwurzelten, deklassierten Elementen und Triebtätern, die ihre Unfähigkeit, mit der Wirklichkeit zurechtzukommen, mit Omnipotenzträumen kompensieren.
    Daß der Faschismus folgerichtig die Ratio an sich ablehnt und Urzeit-Mythologie und „gesundes Volksempfinden“ an ihre Stelle setzt, formulierte O. Dietrich, Pressechef der NSDAP, in seinem „Der Nationalsozialismus als Weltanschauung und Staatsgedanke“ folgendermaßen: „Mit Recht hat man gesagt, daß die nationalsozialistische Weltanschauung ihren Ursprung nicht im Hirn, sondern im Herzen hat.“
    Die Hirnlosigkeit des Faschismus führte zu irrwitzigen Erscheinungen auch in der Wissenschaft, bis hin zum Zentralangriff auf die Wissenschaft selbst. Im Faschismus ist es wieder möglich gewesen – und ernsthaft behauptet worden –, die Erde kreise nicht um die Sonne.
    Gerade die Erkenntnis, daß sich die Erde um die Sonne bewegt, bedeutete im abendländischen Denken den Durchbruch zu einer von kirchlicher Mythologie nicht mehr geknechteten Wissenschaft. Dieser von Kopernikus entdeckte Zusammenhang hat das
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