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Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)

Titel: Wenn Blau im Schwarz ertrinkt (Teil 1)
Autoren: Sandra Andrea Huber
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hinfuhr oder gar sich zu verabschieden. Sie hatte überhaupt keine Möglichkeiten gehabt. Damals war sie gerade Mal sechzehn gewesen und da ihre Eltern die überspitzte Überzeugung geteilt hatten, ihre Tochter in Sicherheit bringen zu müssen, war es ihre Meinung gewesen, die durchgesetzt worden war.
    Als sie endlich volljährig geworden war, hatte sie ihre Sachen gepackt und war gegen die Bitten ihrer Eltern ausgezogen, um sich auf die Suche nach Nick zu machen. Sie war zurück in die Stadt gefahren, die einst ihr Zuhause gewesen war und in der sie so viele gemeinsame Stunden mit ihm verbracht hatte. Doch weit und breit hatte sie kein Lebenszeichen von ihm finden können. Die zwei einsamen Jahre über, war das der Lichtschimmer inmitten der bevormundeten Sicherheit gewesen: volljährig werden, eigene Entscheidungen treffen können und zurück zu Nick gehen. Doch sie hatte ihn nicht gefunden. Niemand hatte ihr eine Adresse oder auch nur irgendeinen Hinweis auf seinen Verbleib geben können. Niemand hatte von einem Jungen namens Nick oder Nikolaj gewusst. Die Tatsache, dass sie keinen Nachnamen hatte nennen können, war nicht sonderlich hilfreich gewesen.
    Nicht, dass sie ihn niemals danach gefragt hatte. Nach seiner Familie, seinem Nachnamen, seinem Zuhause. Allein schon, weil ihre Eltern sie mit diesen Fragen gelöchert hatten, hatte sie es getan. Doch in dieser Hinsicht hatte Nikolaj eine klare Grenze gezogen. Anfangs hatte sie gedacht, sie würden sich noch zu wenig kennen. Er würde es ihr nicht sagen, weil er ihr noch nicht genug vertraute. Doch schon bald war dieser Gedanke immer unwahrscheinlicher geworden. Er hatte schlicht und einfach nicht darüber sprechen wollen. Nur einmal hatte er sich dazu geäußert und gesagt, dass seine Familie speziell sei und dass eine Begegnung für beide Seiten nicht positiv wäre. Irgendwann hatte sie aufgehört ihm Fragen darüber zu stellen, wo er hinging, wenn er fort war oder was er tat, wenn er nicht bei ihr war. Er hätte ohnehin nicht geantwortet und darüber hinaus, war es für sie nicht so wichtig gewesen.
    Als sie jedoch nach ihm gesucht und ihren Gegenübern zu beschreiben versucht hatte, nach wem sie suchte, hatte die Erkenntnis über ihre eigene Unwissenheit sie mit einer Welle von Argwohn, Unverständnis und Enttäuschung überrollt.
    Einen kurzen Augenblick lang blitzte die Frage, ob ihre Eltern, angesichts der jüngsten Ereignisse, mit ihrer vermeintlichen Angst richtig gelegen hatten, in ihrem Geist auf. Im nächsten Augenblick konnte sie nicht fassen, dass sie das auch nur gedacht hatte. Ja, er hatte diese beiden Männer getötet. Aber nicht grundlos und vorsätzlich. Er war ihr zu Hilfe gekommen. Er hatte es getan, um sie zu retten. Er hätte sie nicht töten müssen – aber er war kein kaltblütiger Mörder aus Spaß an der Tat. Die Kerle hätten nicht gezögert ihn mit dem Messer zu bearbeiten. Er hatte sich nur selbst verteidigt. Das hatte er doch …?
    Derart in Gedanken versunken hatte sie nicht mitbekommen, dass Nikolaj nochmals aufgestanden und die Gläser neu aufgefüllt hatte. Erst jetzt, als er ihr ein weiteres volles Glas entgegenhielt, kam sie wieder im Hier und Jetzt an.
    Auf ein aufmunterndes Nicken von Nikolaj hin, kippte sie auch dieses Glas in einem Zug hinunter, was diesmal jedoch vom Bourbon mit einem ätzenden Hustenanfall quittiert wurde.
    Er klopfte ihr auf den Rücken und sagte: „Wie wär’s, wenn du dich etwas hinlegst? Ein wenig Schlaf würde dir sicherlich gut tun, und mein Bett ist wirklich bequem.“
    In Absicht rasch zu antworten folgte ein neuerlicher Hustenanfall. „Nein, ich will jetzt nicht schlafen. Wie sollte ich jetzt schlafen? Jetzt, wo du mir nichts, dir nichts, hier neben mir sitzt?“
    Sie atmete mehrmals beruhigend durch, ehe sie leiser und weniger aufgebracht fortfuhr. „Es tut mir leid Nick, ich hab es nicht gewusst … Ich konnte dir nichts sagen … Ich konnte nicht …“
    Er unterbrach sie. „Ich weiß. Ich hab rausbekommen, dass deine Eltern dich … weggebracht haben. Es war ein offenes Geheimnis, dass sie nicht wollten, dass du dich mit … mir … abgibst.“ Obwohl er beruhigend sprach, lag deutlich Zorn unter seinen Worten verborgen, den er nur mit Mühe zu verstecken versuchte.
    Gwen registrierte es nur am Rande. Sie gab dem Drang sich zu erklären und Antworten zu erhalten nach und verfiel dabei in einen immer energischeren Tonfall. „Nie hätte ich gedacht, dass
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