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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag
Autoren: Annette Moser
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tun!
    Insgeheim danke ich Beck dafür, dass er aufgetaucht ist, nachdem er mich nicht im Wohnheim angetroffen und mein Handy geortet hatte. Denn dadurch, dass er den Schuss abgefeuert hat, werde ich die Wahrheit über Fabios tatsächliche Absichten nie erfahren.
    Beck räuspert sich und reißt mich jäh aus meinen Gedanken. Ich habe ihn nicht zurückkommen hören. Er lässt sich auf den Stuhl neben mir fallen und legt Fabios Pistole vor mir auf den Tisch. Beim Anblick der Knarre zucke ich zusammen.
    »Vielleicht noch eine Kleinigkeit, die dich interessieren dürfte«, murmelt Beck. »Ich habe vorhin die Waffe deines Bruders untersucht.«
    Meine Augen klammern sich an seinen fest und mein Herz hämmert.
    »Sie war nicht geladen.«
    Ich öffne den Mund und will etwas sagen, aber dann platzt plötzlich dieser ekelhafte Kloß, der seit heute früh auf meine Brust drückt. Ich schluchze auf und Tränen der Erleichterung strömen mir übers Gesicht. Ich lasse sie laufen. Ich habe keine Kraft mehr, sie zurückzuhalten und es ist mir egal, was Beck von mir denkt.
    Ein paar Sekunden vergehen, dann spüre ich, wie Beck seinen Arm um meine Schultern legt, wie schon heute Morgen. Mit dem Unterschied, dass er ihn dieses Mal dort liegen lässt.

Jana
    Es klingelt. Ich höre Stimmengemurmel und kurz darauf klopft es an meiner Zimmertür.
    »Jana?«
    »Hm?«
    Die Tür öffnet sich einen Spaltbreit und Carlas Lockenkopf erscheint. »Du hast Besuch, Süße.«
    Ich richte mich in meinem Bett auf und nehme die Stöpsel meines iPods aus den Ohren. Beck tritt in mein Zimmer. Er hat einen bunten Strauß Blumen in der Hand.
    »Hallo, Jana. Darf ich?« Beck deutet mit einem Kopfnicken auf meinen Schreibtischstuhl.
    Ich brumme gleichgültig. Fast eine Woche ist vergangen seit dem Morgen, an dem ich von Fabio verschleppt wurde und kurz darauf erfuhr, wer Lukas Richter in Wirklichkeit ist und was er getan hat. Seither empfinde ich nichts, bis auf eine schwere, bleierne Müdigkeit. Ich bin ihr dankbar, denn sie schirmt mich vor meinen eigenen Gedanken und Gefühlen ab, und ich fürchte mich jetzt schon vor dem Tag, an dem sie plötzlich wegbleibt und mich zwingt, aufzuwachen und das alles zu begreifen.
    »Ich hatte schon ein paarmal versucht, dich anzurufen.«
    »Ich weiß. Ich wollte mit niemandem sprechen.«
    Beck legt die Blumen auf meinem Schreibtisch ab.
    »Das kann ich mir vorstellen. Die Sache ist nur … Wir müssen noch ein paar Dinge klären.«
    »Hm, von wegen Anzeige erstatten und so … Ist mir egal. Tun Sie, was Sie für richtig halten. Für mich ändert sich so oder so nichts.«
    Ich will nicht mit Beck reden. Er stochert doch bloß in mir herum und wühlt damit das Vergangene auf. Dabei will ich am liebsten gar nicht mehr darüber nachdenken müssen. Niemals. Ich will es einfach verdrängen und dann versuchen weiterzumachen. So wie damals nach Flos Tod. Es hat funktioniert. Irgendwie. Und es wird wieder funktionieren.
    »Nein, das ist jetzt nicht das Thema.«
    Beck macht eine Pause, so lange, bis ich zu ihm aufblicke.
    »Du wirst das hier nicht alleine durchstehen, Jana. Was passiert ist, wird dich früher oder später einholen. Dich auf ewig zu verstecken, bringt nichts. Ich weiß, du bist wütend auf mich, weil ich dich neulich am Telefon so abgewürgt habe. Das tut mir leid, es ging zu diesem Zeitpunkt nicht anders. Du weißt inzwischen warum. Aber jetzt bin ich da. Und … Ich glaube, ich bin dir einige Erklärungen schuldig.«
    Ich antworte nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch nur eine einzige Erklärung geben soll, die mir weiterhelfen und irgendetwas an der Lage verändern könnte.
    »Du musst nichts sagen, wenn du nicht willst«, fährt Beck fort. »Aber ich wäre dir dankbar, wenn du mich reden lässt. Danach sehen wir weiter.«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Glaub mir, ich weiß, was in dir vorgeht. Du denkst, dass ausgerechnet derjenige, in den du dich verliebt hast, dich aufs Schlimmste belogen hat und noch dazu schuld am Tod deines Bruders ist. Und das größte Problem daran ist: Er selbst redet es sich auch ein. Aber das ist falsch, kompletter Irrsinn. Er durfte dir nicht sagen, wer er in Wirklichkeit war, zu seiner eigenen Sicherheit. Weil er unter anderem gegen den Typen ausgesagt hat, der tatsächlich die Waffe auf deinen Bruder gerichtet hat. Er wollte seinen Partner davon abhalten zu schießen und wäre dadurch beinahe selbst draufgegangen.«
    Ich beobachte Becks Lippen, verfolge ihre Bewegungen
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