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Wenn auch nur fuer einen Tag

Wenn auch nur fuer einen Tag

Titel: Wenn auch nur fuer einen Tag
Autoren: Annette Moser
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und nehme alles um mich herum nur noch dumpf wahr, als wäre mein Gehirn in Watte gepackt. Ich fühle mich wie in einem Horrorfilm, die Situation erscheint mir irreal. Die kahle Lagerhalle, Fabios Finger, die sich in meinen Arm bohren, die Pistole, die er auf Lukas richtet. Vielleicht ist das sogar gut so, denke ich, denn wäre ich bei vollem Bewusstsein, meine Angst würde mich ganz einfach umbringen.
    »Dein Freund lebte in Rom und hatte bis vor Kurzem noch dunkelbraunes Haar und einen anderen Namen. Er hieß Matteo. Kannst du dir das vorstellen?« Fabio lacht auf. »Er lebte wie ein Prinz, hatte alles, was sich ein verwöhntes Bürschchen wünschen konnte. Aber sein Leben und seine Familie ödeten ihn trotzdem an, also suchte er nach immer neuen actionreichen Abenteuern und schloss sich irgendwann einer Clique an, die sich für besonders cool hielt und ihm die Langeweile nahm. Der … huhuuuu … Rosa Nera .«
    Fabio beugt sich zu mir. Seine Augen sind weit aufgerissen. Alle Sanftheit von vorhin ist aus seinem Gesicht gewichen. Er scheint mich noch nicht einmal mehr zu registrieren, sondern durch mich hindurchzusehen.
    »Die Jungs und ihr Anführer taten alles, was verboten war, und unser kleiner Draufgänger hier genoss seine Rolle als wichtiges Mitglied in diesem Geheimbund. Auf die Idee, dass die Mafia höchstpersönlich dahintersteckte, kam er nicht. Vielleicht, weil er zugedröhnt war von seinen eigenen Drogen. Denn darauf hatte er sich spezialisiert: Drogen herzustellen. Hört sich das nicht nach einer Menge Spaß an, Jana?«
    Geheimbund, Drogen, Mafia … Die Begriffe, die Fabio mir entgegenschleudert, prallen sinnlos gegen die Watteschicht in meinem Kopf. Ich schiele Hilfe suchend zu Lukas, aber in dem Moment, als ich den erschütterten Ausdruck in seinem Gesicht erkenne, wird mir schlagartig bewusst: Das hier ist kein Horrorfilm. Das hier ist echt. Und noch etwas verraten seine Augen: So irre sich Fabios Vorwürfe auch anhören, er sagt die Wahrheit.
    »Eines Tages«, fährt Fabio fort und seine Stimme bohrt sich durch die Watteschicht, »ging dummerweise etwas schief.«
    Sein Griff an meinem Arm wird noch fester.
    »Es passierte am 14.   Dezember letzten Jahres. In einer abgelegenen Gasse in Rom.«
    Der 14.   Dezember … Rom … Mein Körper verkrampft sich, ich kriege kaum mehr Luft. Das kann nicht, es darf nicht sein. Ich höre Fabio weiterreden und automatisch formen sich Bilder in meinem Kopf. Bilder, die ich nicht sehen will. Nicht noch einmal. Nicht hier.
    »Dein Freund und sein Partner wollten einem Typen Drogen andrehen. Der Mann war noch jung, keine dreißig.«
    »Bitte nicht«, flüstere ich. »Nicht weitersprechen.«
    Lukas’ Augen haften an Fabio, seine Lippen sind bleich wie die eines Toten.
    »Er war komplett clean, hatte in keiner Weise Dreck am Stecken. Aber … Er war zur falschen Zeit am falschen Ort.«
    »Nein, nicht!« Ich will mir beide Ohren zuhalten, aber ich kann nicht. Fabio hält noch immer meinen Arm fest.
    »Jetzt rate doch mal, was dein Held hier und sein Mafia-Kumpel bei sich trugen …«
    Ich schreie. Ich schreie aus Leibeskräften, um ihn zu übertönen und das Ende nicht mitzukriegen, das ich längst kenne. Trotzdem bahnt sich Fabios Stimme dumpf ihren Weg durch meine Ohren bis tief in meinen Kopf hinein.
    »Eine Knarre, genau wie diese hier. Sie –«
    »Fabio … NEIN!!!« Lukas’ Schrei geht unter in dem ohrenbetäubenden Schuss. Ich merke noch, wie ich unter Fabios Gewicht falle. Dann ist da nichts mehr.

Lukas
    Mein Schrei bleibt mir im Hals stecken. Meine Kehle brennt, mein Herz hämmert. Um ihre Körper färbt sich der Boden rot. Ich erkenne nicht, woher das viele Blut kommt, und ob die Kugel auch Jana erwischt hat. Nach dem Schuss gingen beide gleichzeitig zu Boden. Kraftlos greife ich nach Janas kleiner Hand. Sie ist kalt und schlaff.
    »Scheiße, warum … hast du das getan?«, presse ich hervor. Ich habe das Gefühl, auch mir hätte jemand eine Kugel durch den Körper gejagt. Mitten durch meinen Brustkorb. Ich kriege kaum noch Luft.
    »Er hätte jeden Augenblick schießen können. Ich musste ihm zuvorkommen.«
    Ich ringe nach Atem und blicke auf in die leblosen Gesichter vor mir. »Er … er ist mein Bruder.«
    Beck lässt sich ächzend neben mir auf dem Boden nieder. In der rechten Hand hält er noch immer seine Waffe.
    »Lukas …« Für den Bruchteil einer Sekunde legt er einen Arm um meine Schulter. Doch bereits im nächsten Augenblick ertönen
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