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Weniger arbeiten, mehr leben

Titel: Weniger arbeiten, mehr leben
Autoren: Hajo Neu
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alleine das Ergebnis von Fleiß und Ausdauer war, damit ebenfalls. Den Erhebungen der Industrie- und Handelskammern zufolge wird sich die Phase der Konsolidierung und des schleichenden Arbeitsplatzabbaus auch in den nächsten Jahren unerbittlich fortsetzen. Jedes dritte Unternehmen in Deutschland will weiterhin Arbeitsplätze abbauen. Und im Unterschied zu den achtziger und neunziger Jahren trifft es diesmal auch die hoch qualifizierten und gut ausgebildeten Mitarbeiter im Management und in der Entwicklung – Ingenieure, Produktmanager, Juristen. Menschen, die über eine exzellente Ausbildung verfügen und die bisher glaubten, der Weg nach oben sei ohne Hindernisse.
    Mittlerweile ist in vielen Firmen das Klima frostiger geworden. Die Herzlichkeit, der freundliche Umgangston, die hehren Ideen der neunziger Jahre, die im Zuge der kurzen New-Economy-Revolution aufflackerten – Gemeinschaft, Eigenverantwortung, gute Laune, denn heitere Menschen arbeiten einfach lieber – sind passé. Niemand redet heute mehr von einer Arbeitswelt, in der die Menschen fröhlich an gemeinsamen, großen Zielen arbeiten. Im Gegenteil: Selbst in Unternehmen, denen es gut geht, fragen sich die Mitarbeiter, wie sicher ihr Job noch ist. Und wem der neue Umgangston nicht passt, der kann ja gehen. Nicht nur die Globalisierung, auch das rasende Tempo der Entwicklungen verwandelt Unternehmen und die Art, wie die Menschen in ihnen arbeiten. Zusammenschlüsse und Fusionen, Änderungen der Firmen- und Marktstrategie, die Konkurrenz, die einfach schneller ist – wenn sich Marktbedingungen |24| ändern, sind die Angestellten die ersten Leidtragenden. Dies gilt mehr denn je auch für die Informationstechnologie- und die Dienstleistungsbranche, die dem Wandel am härtesten unterworfen sind. Und es gilt für Spezialisten ebenso wie für Generalisten, auf jeder Ebene der Hierarchie. Bittere Konsequenz: Viele Mitarbeiter wissen heute nicht, wem sie morgen gehören. Ob ihr Arbeitsplatz sicher ist oder ob sie auf der Straße stehen werden.

    Arbeitslosigkeit, Jobverlust, das waren für den gelernten Bankkaufmann und studierten
Betriebswirt Markus Q. lange Zeit Dinge, die außerhalb seiner Welt stattfanden
. Der 31-Jährige legte sein Diplom mit Auszeichnung ab, studierte in London
und Genf. Als ihn schließlich eine Frankfurter Großbank im Investment-Bereich
anstellte, war das für den ehrgeizigen Diplom-Kaufmann nur die logische
Forsetzung seines bisherigen Lebensweges, auf dem es außer der Karriere bisher
nicht viel gegeben hatte. Markus Q.s Misere begann im Sommer 2002 mit den
Stellenstreichungen der Großbanken. Als auch in seiner Abteilung die ersten Kündigungs-Gerüchte
aufkamen, wiegelte sein damaliger Chef noch ab und versicherte,
sich für ihn einzusetzen – ein Versprechen, das genau zwei Wochen hielt. Dann
kam das Kündigungsschreiben. Seine anschließende Phase der Wut und Selbstzerfleischung
dauerte genau zwei Wochen, bis ihm endlich klar wurde, dass sein bisheriges
Leben zu einseitig auf die Karriere fixiert war.

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Dynamisch und flexibel
    Nicht nur die äußeren Bedingungen, auch die Intensität unserer Beschäftigung hat sich dramatisch verändert. Noch vor 30 Jahren gehörten Menschen, die mehr als 50 oder sogar 60 Stunden in der Woche arbeiteten, zu den Ausnahmeerscheinungen – eine Randgruppe, weit abseits des Durchschnitts der arbeitenden Bevölkerung. Heute dagegen ist es selbst für Angestellte des mittleren Managements üblich, abends Überstunden zu schieben und am Wochenende Seminare und Fortbildungen zu besuchen. Dynamisch, flexibel und auch nach einem 12-Stunden-Tag noch bereit für ein forderndes Meeting – das sind die Vorgaben, die viele Unternehmen an ihre Mitarbeiter stellen. Und das ist das Selbstbild, das |25| viele erfolgreiche Berufstätige von sich haben. Dabei merken wir lange Zeit oft nicht, welche Konsequenzen ein solcher Lebensstil hat. Der Druck und die tägliche Belastung sind mit Ende zwanzig und Anfang dreißig noch verkraftbar, oft spüren wir nicht einmal, wie Zeit und Energie unaufhaltsam von unserem Lebenskonto abgezogen werden. Doch spätestens mit 40 oder 50 Jahren schlägt das Pendel unerbittlich zurück. Dann nämlich, wenn es darum geht, so fit sein zu müssen wie ein Mittzwanziger – oder der Umwelt diese Kraft vorzuspielen.
    Dass diese Belastungen nicht ohne Folgen für die körperliche Verfassung bleiben, versteht sich von selbst. Allzu häufig ist es die Gesundheit, die wir
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