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Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt

Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt

Titel: Freche Mädchen... 09: Liebe, Chaos, Klassenfahrt
Autoren: Irene Zimmermann , Hans-Günther Zimmermann
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»Siebenundsechzig,

    achtundsechzig, neunundsechzig …«, zählte ich die Treppenstufen. Jenny (das ist meine Mutter, aber sie kriegt Zustände, wenn ich Mama zu ihr sage, vor allem vor anderen Leuten) und ich wohnten im fünften Stock – ohne Lift – und an manchen Tagen zählte ich auch auf Englisch oder Französisch. Natürlich nur leise. Mir wäre es ziemlich peinlich, dabei erwischt zu werden.
    »Ach, Carlotta, schön, dass man dich auch mal sieht«, unterbrach mich Frau Behringer. Unsere Nachbarin! Die hatte mir gerade noch gefehlt. Im Geiste sagte ich noch schnell »siebzig« und bemühte mich, sie freundlich anzulächeln.
    »Welche Hand möchtest du denn?« Sie streckte ihr Raubvogelgesicht vor und zeigte ihre langen Zähne. Als Kleinkind hätte ich mich bestimmt vor ihr gefürchtet, aber mittlerweile kannte ich das Spiel.
    Ich tat so, als überlegte ich schwer, und sagte dann »links«, aber mit einem fragenden Unterton in der Stimme.
    Sie verzog die Augenbrauen.
    »Rechts, rechts«, verbesserte ich schnell und jetzt strahlte sie.
    »Gut, Carlotta, du bist ein kluges Mädchen«, lobte sie mich und ich nahm die zehnte Tüte Gummibärchen in diesem Monat in Empfang.
    »Aber hinterher Zähne putzen«, ermahnte mich Frau Behringer. Fast hatte sie ihre Wohnungstür schon wieder geschlossen, da wandte sie sich nochmals um. »Ach, übrigens«, sagte sie, »sag doch mal deiner Mutter, dass sie nach zweiundzwanzig Uhr nicht mehr singen darf. Vor allem nicht so falsch.«
    Im Halbdunkel des Treppenhauses wirkte sie wie die böse Hexe aus dem Märchen. Ich nickte und stieg langsam die letzten Treppenstufen hinauf. Natürlich würde ich Jenny nichts davon sagen. Sie hatte ohnehin genug Ärger in letzter Zeit und mir war klar, dass sie sich auch von Frau Behringers ewigen Klagen und Beschwerden bei der Hausverwaltung nicht abhalten lassen würde zu singen, egal zu welcher Tageszeit.
    »Ich bin Künstlerin«, hatte sie letzte Woche dem Hausmeister erklärt, »Opernsängerin, wenn Sie verstehen, was ich meine!« Klar, dass der Mann beeindruckt war, vor allem, als ihm meine Mutter gleich ein Autogramm in die Hand drückte und meinte, vielleicht könne sie ihm und seiner Frau für die nächste Operngala Freikarten besorgen.
    Ich schloss die Wohnungstür auf und horchte. Aus der Küche war nichts zu hören, stellte ich fest. Das bedeutete, dass heute keine Gäste zum Essen kommen würden, die sich drei Stunden lang über die letzte Opernaufführung ausließen. Beruhigend, dachte ich und suchte meine Mutter. Sie schien im Wohnzimmer zu sein. Jedenfalls hörte ich ihre Stimme. Vorsichtig öffnete ich die Tür einen Spaltweit und lauschte.
    »In diesem Fall musst du sie dann eben zu dir nehmen«, hörte ich Jenny gerade sagen. »Schließlich habe ich meine Auftritte im letzten halben Jahr so gelegt, dass ich mindestens drei Abende in der Woche zu Hause war, und das bedeutet in meinem Beruf einen gewaltigen Karriereknick.«
    Aha, es ging um mich, und wenn ich mich nicht sehr täuschte, telefonierte sie gerade mit Papa, um zu klären, bei wem ich das nächste halbe Jahr wohnen sollte. Seit die beiden geschieden sind, wohne ich eine Zeit lang bei Papa und dann wieder bei Jenny. Meine Freundin Anke beneidet mich deswegen. »Wenn du Zoff hast mit deiner Mutter, dann ziehst du einfach zu deinem Vater. So schön wollte ich es auch mal haben. Ich muss mich mit meiner Mutter und diesen blöden Brüdern rumärgern. Und seit einiger Zeit auch noch mit Mutters Freund.«
    Meistens lächelte ich dann nur vielsagend. Anke brauchte ja nicht zu wissen, dass ich diese Umzieherei ganz schön nervig fand. Gerade hatte ich mich an die Eigenarten meiner Mutter gewöhnt, da musste ich mich auch schon wieder auf meinen Vater umstellen.
    »Ach, übrigens, in Physik könntest du ihr gleich ein bisschen Nachhilfe geben«, sagte Jenny. »Und ihr Fahrrad müsste auch mal wieder repariert werden. Und …«
    Leise schloss ich die Tür wieder. Die Liste mit Aufgaben, die mein Vater erledigen sollte, war unendlich lang. Ich hatte sie neulich auf dem Klavier gefunden und war schwer beeindruckt gewesen. Für eine Künstlerin hat Jenny ein ausgeprägtes Organisationstalent, zumindest wenn es um Tätigkeiten für Papa geht.
    Halb drei. Ich holte die Reste des Vesperbrotes, das mir Anke geschenkt hatte, aus meiner Schultasche. »Schon wieder Emmentaler. Ich kann den Käse nicht mehr sehen«, hatte sie gestöhnt und es mir in die Hand gedrückt.
    Ich schob gerade
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