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Wen das Grab ruft

Wen das Grab ruft

Titel: Wen das Grab ruft
Autoren: Jason Dark
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wenn etwas passierte.
    Da tat sich nichts. Ruhige Atemzüge vernahm sie. Diese Tatsache bekräftigte sie in ihrem Entschluss, es doch zu wagen. Sie wollte nicht länger im Haus bleiben und sich aufmachen, um ihren Mann zu suchen. Da er von einem Grab gesprochen hatte, konnte er eigentlich nur den Hügel gemeint haben. Den Weg dorthin kannte die Frau. Sie war ihn schon des öfteren mit ihrer Familie gegangen. Er war bei sonntäglichen Ausflügen immer ein beliebtes Ziel gewesen.
    Furcht hatte sie vor diesem Hügelgrab nicht gespürt, obwohl ihr von anderen Leuten manchmal gesagt worden war, dass das Grab ein unheimliches Flair oder eine bedrohliche Ausstrahlung besitzen würde. Daran wollte sie nicht glauben. Bis zum heutigen Zeitpunkt. Jetzt allerdings hatte sie ihre Meinung geändert, denn die Reaktion ihres Mannes war auf keinen Fall als normal anzusehen.
    Erst vor zwei Tagen hatte sie sich die rote Jacke gekauft, die innen ein Schaumstofffutter besaß. Sie nahm die Jacke vom Haken, streifte sie über, fühlte nach, ob der Schlüssel steckte, und verließ das Haus. Leise drückte sie die Tür hinter sich zu.
    Die Familie Long wohnte in einer schmalen Straße. Es standen nur wenige Häuser dort. Zwischen den einzelnen Bauten existierten noch große Lücken, zumeist mit Rasenflächen ausgefüllt oder auch mal einem kleinen Acker. Hinter den Häusern begann eine waldreiche Umgebung. Gleichzeitig stieg das Gelände ein wenig an, und dort begann auch der Pfad, der zu dem Hügelgrab führte.
    Dunkel lag die Straße vor ihr. Da so wenige Häuser sie flankierten, gab es auch keine Laternen. Schräg gegenüber befand sich die Scheune eines Bauern. Sein Wohnhaus lag dahinter. Dort brannte Licht. Sein Schein traf auch die linke Seitenwand der Scheune und ließ sie aussehen wie mit einem goldenen Schimmer überzogen. Ellen warf dem Himmel einen kurzen Blick entgegen. Er war mond-und sternenlos, wie geschaffen für eine Nacht wie diese hier. Sie hob die Schultern und zitterte ein wenig, als sie die ersten Schritte setzte. Um das Haus ging sie herum, nahm den schmalen Weg, den Kevin erst im vergangenen Jahr plattiert hatte, und erreichte schließlich den Pfad, der außerhalb ihres Grundstücks auf den Wald und später zum Hügel führte.
    Den Wald konnte sie bereits erkennen. Er lag dunkel und irgendwie gefährlich vor ihr. Die einzelnen Bäume konnte sie nicht unterscheiden. Die meisten hatten ihre Blätter verloren und schienen in der Finsternis mit den Stämmen zusammenzuwachsen, so dass der Wald wie eine gefährliche Mauer wirkte, die einerseits lockte und andererseits abstieß. Ellen wusste selbst nicht, aus welchem Grund sie noch einmal einen Blick auf das Haus warf, als sie ungefähr das Gartenende erreicht hatte. Sie war mehr vom Gefühl als vom Verstand geleitet, vielleicht wollte sie auch zu den Fenstern der beiden Kinderzimmer hochschauen, die an der Rückseite des Gebäudes lagen. Jedenfalls tat sie es - und erschrak. Im Garten stand jemand. Es war zwar dunkel, aber sie kannte die Stelle zwischen den Obstbäumen sehr genau. Sie war immer frei gewesen und würde auch frei bleiben, nur nicht in diesem Augenblick, denn zwischen den beiden dünnen Stämmen der Apfelbäume hielt sich eine Gestalt aut. Ellen Long war über den Anblick so erschrocken, dass sie ihr Herz spürte. Es schlug wesentlich schneller als normal, und sie musste auch einige Male schlucken, bevor sie wieder tief Atem holen konnte. Wer war der Fremde? Oder war er überhaupt fremd? Konnte es nicht auch ihr Mann sein? In der Dunkelheit war es für sie schlecht zu erkennen, wobei Ellen sich gleichzeitig fragte, ob der andere sie nicht auch schon gesehen hatte, denn auch sie hob sich von der freien Fläche wie ein Schattenriss ab.
    Der andere sprach nicht.
    Auch Ellen traute sich nicht, einen Laut hervorzubringen, aber sie wollte zu ihm. Wenn es tatsächlich Kevin war, musste sie ihn sprechen. Und sollte ein anderer den Garten betreten haben, dann… Ellen stoppte ihre Folgerungen, denn sie wagte nicht, weiter darüber nachzudenken.
    Der Boden war weich. Die Schritte kaum zu hören, und nur das leise Quietschen des kleinen Tores an der Rückseite drang an ihre Ohren, als sie es öffnete.
    Vom Tor aus führte ein schmaler Weg in den Garten. Ein unbefestigter Feldweg. Ellen war ihn schon unzählige Male gegangen, aber nicht mit dieser brennenden Angst im Herzen. Je näher sie ihrem unbeweglich dastehenden Ziel kam, um so mehr reduzierte sie die Schrittfolge.
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