Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wen das Grab ruft

Wen das Grab ruft

Titel: Wen das Grab ruft
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
erleben!« So hatte er gesprochen.
    Diesen Satz vergaß Ellen nie. Hatte er sie zuerst erschreckt, dachte sie wieder an ihre Ausbildung und sprach mit ihrem Mann darüber. Sie wollte Hintergründe erfahren, doch Kevin zeigte sich verschlossen. Er sprach von einer Stelle, die ihm helfen konnte.
    Ellen wollte daran nicht so recht glauben und diskutierte auch nicht mehr über das Thema. Es lag aber nach wie vor zwischen ihnen. An einem Sonntag hatten sie wieder darüber gesprochen. Kevin war sehr erregt gewesen, hatte einige Gläser zuviel getrunken, und da rutschte ihm etwas heraus. Ellen konnte es auch nicht vergessen.
    »Das Grab lockt…« Mehr hatte er nicht gesagt, aber Ellen konnte sich vorstellen, was damit gemeint war.
    Nicht weit entfernt gab es einen Hügel, den man das Hügelgrab nannte. Angeblich sollten in grauer Vorzeit dort irgendwelche magischen Rituale durchgeführt worden sein. Genaueres wusste niemand, denn nichts war darüber je geschrieben worden. Was es an Berichten gab, konnte man in das verschwommene Reich der Sage und Legende einstufen. Und jetzt hatte Kevin beim Weggehen von diesem Grab gesprochen. Für Ellen Long war es unbegreiflich. Wollte ihr Mann tatsächlich mitten in der Nacht diesem Hügelgrab einen Besuch abstatten? Wenn ja, war er nicht mehr bei Trost.
    Ellen hätte ihm bei seinen Problemen gern geholfen, nur konnte sie diese Hilfe nicht in die Praxis umsetzen, da sie sich nicht traute, das Haus zu verlassen. Die Kinder schliefen oben, und sie wollte sie nicht allein lassen. Kevin würde irgendwann schon wiederkommen. Sie seufzte schwer und erhob sich. Automatisch begann sie damit, den Tisch abzuräumen. Eine völlig normale Arbeit, die sie jeden Abend verrichtete. Nur kam sie ihr diesmal anders vor. Jeden Gegenstand, den sie auf die kleine Spüle stellte, sah sie als nutzlos an. Teller, Tassen, Messer, Gabeln - Dinge des normalen Lebens wollte sie nicht mehr akzeptieren.
    Selbst ihre eigenen Schritte kamen ihr fremd vor. Sie ertappte sich dabei, dass sie dem Klang der Schritte lauschte und konnte es auch nicht vermeiden, dass sich auf ihrem Rücken eine Gänsehaut bildete. Als sie den Tisch abgeräumt und die Decke zusammengefaltet hatte, öffnete sie eine Schranktür und holte die Brandyflasche hervor. Einen kleinen Schluck nahm sie und fühlte die Wärme des Alkohols in ihrer Kehle und später im Magen.
    So etwas tat sie auch selten, überhaupt reagierte sie nicht wie normal. Ellen stand unter Strom. Sie war innerlich aufgewühlt, schaute auf die Handrücken und auch auf ihre Arme, wobei sie sah, dass sich die feinen Härchen dort aufstellten und ein Schauer über die Haut lief. So nervös war sie…
    Die Reaktion ihres Mannes hatte sie völlig aus der Bahn geworfen, und er war noch immer nicht zurück. Zwar hatte sie bei seinem Weggang nicht auf die Uhr geschaut, ihrer Schätzung nach schien bereits eine Stunde vergangen zu sein.
    Sie wartete…
    Plötzlich kam ihr die Küche zu klein, eng und bedrückend vor. Sie hatte das Gefühl, als würden sich die Wände bewegen und gegen sie fallen wollen. Aus diesem Grunde verließ sie den Raum, betrat den kleinen Flur und machte dort Licht.
    Ellen Long sah sich im Spiegel. Das dunkle Haar war an einigen Stellen bereits grau geworden. Auch die Haut war nicht mehr glatt wie bei einem jungen Mädchen. Daran hatte sie sich gewöhnt. Jeder Mensch wurde älter.
    Sie erschrak allerdings über den Ausdruck ihrer Augen. Ellen war Psychologin genug, um ihn deuten zu können. Es hatte keinen Sinn, nach irgendwelchen Ausreden zu suchen, es war einfach die Angst, die aus ihrem Blick sprach.
    Angst wovor? Vielleicht vor ihrem Mann? Nein. Vielleicht war es die Situation. Ellen hatte das Gefühl, als wäre mit diesem Abend eine Wende in ihrem Leben eingetreten, und sie glaubte nicht, dass es eine Wende zum Positiven hin war. Mit dem Weggang ihres Mannes hatte auch ihr Leben einen anderen Sinn bekommen.
    Sie sah die gewundene Treppe in die erste Etage führen. Kevin hatte die Treppe selbst gebaut. Er war ein geschickter Handwerker, hatte sehr viel gearbeitet, vielleicht sogar zuviel. Deshalb war es ja zu dieser Überreaktion gekommen, und Ellen sagte sich, dass sie Kevin nicht allein lassen durfte.
    Nicht in dieser für ihn schweren Stunde!
    Zwei Stufen schritt sie die Treppe hoch und lauschte in die Höhe. Die Türen zu den Zimmern der Zwillinge standen offen. Wenn irgend etwas war und die beiden Jungen unruhig wurden, konnte sie immer schnell hören,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher